Dass Massenmigration aus dem nahöstlichen Raum bei der Bekämpfung von Juden- und Israelhass nicht gerade hilfreich ist, hat sich mittlerweile auch – besser: sogar – in Deutschland herumgesprochen. Konsequenzen zieht die Politik daraus selbstverständlich keine, jedenfalls nicht solche, die das Problem an der Wurzel packen würden, sprich: die massenhafte Migration eindämmen. Das gilt für alle Lager von Linkspartei bis Union.
Gleichzeitig klammern sich deutsche Politiker an die viel beschworene Formel von der Staatsräson, und zwar umso stärker, je mehr Antisemitismus und Israelfeindlichkeit um sich greifen. Was also tut man, wenn man das eigene historische Gewissen beruhigen will, gleichzeitig aber die logischen Konsequenzen daraus scheut? Man doktert an Symptomen herum und beschafft sich so ein politisches Alibi.
Aktuellstes Beispiel dafür: Das Bundesinnenministerium ergänzt den Fragenpool, aus dem die Fragen für den Test bei Neueinbürgerungen entnommen werden, um mehrere Fragen zum Thema Israel und Judentum, wie verschiedene Medien übereinstimmend berichten. Im November hatten die Koalitionsfraktionen in einem Entschließungsantrag gefordert, genau das zu prüfen. Die Welt dokumentiert unter anderem folgende Fragen, die künftig in den Tests auftauchen können:
- Vor wie vielen Jahren gab es erstmals eine jüdische Gemeinde auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands?
- Welche Städte haben die größten jüdischen Gemeinden in Deutschland?
- Wie heißt das jüdische Gebetshaus?
- Auf welcher rechtlichen Grundlage wurde der Staat Israel gegründet?
- Woraus begründet sich Deutschlands besondere Verantwortung für Israel?
Besonders kurios folgende Frage:
- Wer darf bei den rund 40 jüdischen Makkabi-Sportvereinen Mitglied werden? (Antwort: jeder)
Was genau das in einem Einbürgerungstest zu suchen hat, bleibt das Geheimnis des Bundesinnenministeriums. Hausherrin Nancy Faeser verkündete jedenfalls gegenüber dem Spiegel großspurig: „Wer unsere Werte nicht teilt, kann keinen deutschen Pass bekommen. Hier haben wir eine glasklare rote Linie gezogen.“ Und weiter: „Antisemitismus, Rassismus und andere Formen der Menschenverachtung schließen eine Einbürgerung aus.“
Nun ist Frau Faeser vieles zuzutrauen. Aber glaubt sie wirklich, dass die neuen Fragen dabei helfen, Antisemiten im Einbürgerungsverfahren auszusieben? Dass ein jüdisches Gebetshaus Synagoge genannt wird und sich die größten jüdischen Gemeinschaften in Berlin und München befinden, werden einige Judenhasser ja schon aus eigenem Interesse wissen wollen.
Wenn sie bei den entsprechenden Fragen dann das Kreuz an der richtigen Stelle machen, sagt das also nichts über die richtige Gesinnung aus. Man möchte zu Frau Faesers Gunsten annehmen, dass auch sie das nicht wirklich glaubt und ihre Aussage vom Spiegel aus dem Kontext gerissen wurde. Möglicherweise bezog sie sich auf die von der Koalition ebenfalls angestrengte und gerade im Bundesgesetzblatt verkündete Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes.
Für den lautet die Begründung des Ministeriums laut Welt offiziell wie folgt: „Der Zweck der Änderungen besteht darin, dass sich die Prüfungskandidaten in der Vorbereitung auf die Tests mit den Themen der überarbeiteten und neuen Fragen in ihren Kursen beschäftigen und auseinandersetzen.“ Die potenziellen Neubürger sollen also mit bestimmten Themen konfrontiert werden, in der Hoffnung dann würden sie schon von gewissen Einstellungen ablassen.
Auch diese Vorstellung ist im Endeffekt allenfalls um ein Minimum weniger naiv als jene, wonach ein Einbürgerungstest Antisemiten aussieben könnte: Glauben die Ministerialbürokraten denn wirklich, mit ein paar Fragen ließen sich kulturell und familiär geprägte judenfeindliche Denkweisen positiv beeinflussen oder gar aus der Welt schaffen? Dass Bildung ein Allheilmittel gegen Antisemitismus ist, gehört zu den vielen Lebenslügen, die hierzulande kursieren.
Wenn Sie mich fragen: Ich denke nicht, dass die Ministerialbürokraten wirklich daran glauben, diese Änderungen könnten etwas bringen. Es geht hier vor allem darum, das eigene Gewissen zu beruhigen und dem immer wieder beschworenen Bekenntnis zur Staatsräson wenigstens formal gerecht zu werden. Am Ende ist das vor allem eines: ein Selbstbetrug, mit dem noch dazu die Bevölkerung für dumm verkauft wird.