Das Bundesverfassungsgericht hat am Dienstagmorgen bekanntgegeben, dass es den Eilantrag gegen die Wahlwiederholung in Berlin ablehnt. Damit kann die Wahl zum Abgeordnetenhaus und der Bezirksverordnetenversammlung wie geplant am 12. Februar stattfinden.
Die Beschwerdeführer wendeten sich gegen das Urteil des Berliner Verfassungsgerichtshofes, wonach die schweren Mängel bei der Berliner Wahl am 26. September nur die Möglichkeit einer kompletten Wiederholung zuließen. Die Richter hatten dabei auch vor einem Vertrauensverlust in die Demokratie gewarnt.
43 Kläger, darunter auch betroffene Berliner Abgeordnete, hatten gefordert, die Wirkung des Urteils auszusetzen, bis das Bundesverfassungsgericht über die Wahl selbst entschieden hätte. Die Beschwerdeführer hatten ihren Eilantrag mit einer Verfassungsbeschwerde verbunden. Zu dieser steht eine Entscheidung noch aus.
Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits am 25. Januar eine Entscheidung zum Eilantrag gefällt, diese jedoch nicht bekanntgegeben. Das hatte zu Spekulationen in den Medien geführt. Ein befürchteter Stopp der Wahlwiederholung ist damit ausgeblieben. Das Gericht gab in seiner Pressemitteilung keine Gründe für die Ablehnung an, diese würden den Beschwerdeführern noch mitgeteilt.
Die Kläger argumentierten, dass es auch Stimmbezirke gegeben habe, in denen so gut wie keine Fehler passiert seien. Deshalb sei eine komplette Wiederholung nicht nötig. Zudem habe der Berliner Verfassungsgerichtshof das Bundesverfassungsgericht einschalten müssen, bevor er die Wahl für ungültig erklären konnte.
Das ZDF machte aber auch Befürchtungen der betroffenen Abgeordneten geltend. „Dutzende Abgeordnete, die im September 2021 in das Berliner Abgeordnetenhaus und die Kommunalparlamente gewählt wurden, fürchten infolge der gerichtlich angeordneten Wahlwiederholung den Verlust ihrer Mandate“, erklärte ZDFheute.
Unter den Beschwerdeführern waren insgesamt 8 Berliner Abgeordnete: 3 von der SPD, 3 von der Linkspartei und zwei von der FDP. Bekanntester Beschwerdeführer ist der ehemalige Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD). Über die Alleingänge in den Fraktionen gab es offenbar Unmut. Die SPD-Spitze betonte, Partei und Fraktion hätten nicht geklagt.
Aus der Linkspartei hieß es, dass die drei Abgeordneten der eigenen Fraktion den „fatalen Eindruck“ entstehen ließen, die Leute wollten an ihren Sesseln kleben, so die Berliner Zeitung. Stefan Evers (CDU) sprach von einer „spannenden Verhinderungskoalition“, weil Mitglieder der beiden Regierungsparteien SPD und Linke mit Mitgliedern der Oppositionspartei FDP zusammenarbeiten.
Der Berliner Landeswahlleiter Stephan Bröchler gab sich angesichts der Entscheidung erleichtert. „Wir atmen jetzt durch, weil die Entscheidung uns Planungssicherheit gibt“, sagte Bröchler am Dienstag der dpa laut Presseberichten. „Wir können nun auf Hochtouren mit der Planung und Durchführung der Wahl fortfahren.“ Auch die CDU begrüßte die Entscheidung.
Mit Verwunderung reagierten dagegen die 43 Beschwerdeführer. Der Tagesspiegel gab eine Stellungnahme wider, demnach diese die Entscheidung bedauerten. „Wegen der bislang fehlenden Begründung könnte über die tragenden Erwägungen des Gerichts derzeit nur spekuliert werden“, hieß es. Die fehlende Begründung sei ein Beleg dafür, dass die Richter sich die Entscheidung nicht leichtgemacht hätten.
TE hatte mit seinen Recherchen zur Berliner Chaos-Wahl eine öffentliche Debatte und mehrere Klagen ausgelöst, die am Ende die komplette Wahlwiederholung auf Landesebene auslösten. Der Bundestag kam dagegen zur Ansicht, dass die gleichzeitig stattgefundene Bundestagswahl nur in Teilen wiederholt werden müsse.
TE hat daher selbst eine Wahlprüfungsbeschwerde in Karlsruhe eingelegt, deren Ziel eine komplette Wiederholung ist, wie sie auf Landesebene bereits stattfindet. Sie ist letzte Woche fristgerecht eingegangen. Eine Entscheidung zur kompletten Wiederholung und zum Wahltermin der Bundestagswahl in Berlin steht damit noch aus.
In eigener Sache:Roland Tichy, Herausgeber von TE, hat eine Initiative gegründet, um die Wiederholung der Bundestagswahl in allen Berliner Bezirken einzuklagen. Die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht wird von Verfassungsrechtler Ulrich Vosgerau im Namen von zwei Tichys-Einblick-Lesern geführt. Die Finanzierung hat „Atlas – Initiative für Recht und Freiheit“ übernommen.
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