Tichys Einblick
Sprachaktivismus

„Eigenverantwortung“ zur „Floskel des Jahres 2021“ gekürt

Das Netzprojekt „Floskelwolke“ spricht von einem legitimen Begriff, der von „Impfgegner:innen als Rechtfertigung für Egoismus“ gekapert werde.

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Sprachaktivisten haben den Begriff „Eigenverantwortung“ mit dem Negativpreis „Floskel des Jahres 2021“ ausgezeichnet. Zur Begründung heißt es: „Ein legitimer Begriff von hoher gesellschaftlicher Bedeutung wird ausgehöhlt und endet als Schlagwort von politisch Verantwortlichen, die der Pandemie inkonsequent entgegenwirken. Fehlgedeutet als Synonym für soziale Verantwortung und gekapert von Impfgegner:innen als Rechtfertigung für Egoismus.“

Weitere Negativ-Auszeichnungen erhielten klimaneutral („wohlklingendes Etikett, das bei näherer Betrachtung nicht immer hält, was es verspricht“), links-gelb („die Kombination ist ein gezielter Misskredit gegen politische Konkurrenz“), unvorhersehbar („gefühlten Wahrheiten überwiegen gegenüber den rationalen Fakten, wenn es vorhersehbar um die Wählergunst geht“) und Instrumentenkasten („Zentrallager der föderalen Uneinigkeit, suggeriert einheitliches Vorgehen, das in länderspezifische Eigenwilligkeiten zerfällt).

Initiator fiel selbst wegen sprachlicher Ausfälle auf

Nur 72 Vorschläge gingen bis Anfang 2022 bei den Projektbetreibern ein. 10 davon bezogen sich auf das Thema Impfen. Die Zahl der Vorschläge sei im Vergleich zum Vorjahr erheblich gesunken. Damals hatte es 178 Vorschläge gegeben. Die Floskelwolke besteht seit 2014, die Floskel des Jahres erst seit einem Jahr: damals hatte der Begriff „Einzelfälle“ gewonnen. Dem Twitteraccount folgen rund 20.000 User.

Hinter dem Netzprojekt „Floskelwolke“ stehen die Journalisten Udo Stiehl und Sebastian Pertsch. Sie bezeichnen sich selbst als „sprach- und medienkritisch“. Beide wurden mit dem „Günter-Wallraff-Preis für Journalismuskritik“ ausgezeichnet. Gemäß eigener Darstellung kritisieren sie „Floskeln, Phrasen und weitere fragwürdige Formulierungen in deutschsprachigen Nachrichtentexten“. Pertsch fiel auf dem Kurznachrichtendienst Twitter in der Vergangenheit immer wieder wegen vulgärer Bemerkungen und Beschimpfungen auf.

 

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