Daraus, dass die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zu den eifrigsten Unterstützern der „Letzten Generation“ zählt, machte die Führung des Vereins nie einen Hehl. Jetzt allerdings könnte Sascha Müller-Kraenner, einer der drei DUH-Geschäftsführungsmitglieder, dabei den entscheidenden Schritt zu weit gegangen sein. In einem Tweet kommentierte er ein Video, auf dem französische Aktivisten eine Straße mit aufeinander gemauerten Betonblöcken sperren, und schrieb dazu: „SO blockiert man Straßen. Da kann die letzte Generation noch was lernen.“
Bei dem, was Müller-Kraenner empfiehlt, handelt es sich nach deutscher Rechtslage höchstwahrscheinlich nicht nur um Nötigung, sondern auch um einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr. Mit seiner öffentlichen Äußerung bewegt sich der DUH-Chef also haarscharf an der Aufforderung zu einer Straftat. Die mögliche strafrechtliche Seite wäre in diesem Fall das eine. Viel näher liegt etwas anderes: Durch den Tweet könnte auch der Gemeinnützigkeitsstatus der DUH wieder auf den Tisch kommen. Wenn ein führender Vertreter der Organisation öffentlich zu rechtswidrigem Verhalten aufruft, dann zwingt er das Bundesfinanzministerium regelrecht dazu, ihr Privileg zu überprüfen.
Der Gemeinnützigkeitsstatus erlaubt es der DUH, steuerreduzierende Spendenbescheinigungen auszustellen. Und davon hängt ihr Geschäftsmodell ganz wesentlich ab. Denn der Verein mit Sitz in Hannover lebt überwiegend nicht von seinem Abmahngeschäft – sondern von Spenden. Nach den Zahlen der Organisation, die für 2020 vollständig vorliegen, nahm die DUH in dem Jahr 2 253 849 Euro an Überweisungen von Privatpersonen entgegen – gut 20 Prozent ihres Etats. Weitere 1 420 193 Euro flossen als Spenden von Unternehmen und Institutionen. Sie machten 12,07 Prozent der Einnahmen von 2020 aus. Die Spenden füllten also die Kasse zu fast einem Drittel. Auf dem Gebiet „ökologische Marktüberwachung“ – so die vornehme Bezeichnung für das Abmahngeschäft – generierte der Verein mit 2 800 855 Euro deutlich weniger, nämlich 23,81 Prozent seiner Einkünfte. Die DUH verfügt neben ihren laufenden Einnahmen offenbar auch über ein beträchtliches Anlagevermögen. Selbst im Niedrigzinsjahr 2020 wies der Verein 21 075 Euro an Zinseinnahmen aus.
Zu den Spender auf Unternehmensseite zählte übrigens in der Vergangenheit auch Toyota: der japanische Autohersteller hatte ein massives Interesse an der Kampagne gegen deutsche Hersteller von Diesel-PKW.
Die Gemeinnützigkeit der Umwelthilfe stand 2019 schon einmal auf der Kippe. Damals klagte ein abgemahnter Autohändler gegen die DUH – verlor aber vor dem Bundesgerichtshof. Vor dem Hintergrund dieses Prozesses und der aggressiven Kampagne gegen Dieselfahrzeuge riefen Unionspolitiker, dazu auf, das Steuerprivileg des Vereins zu kippen. Der damalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und CDU-Vize Armin Laschet donnerte:
„Wenn dort ein Abmahnverein mit 278 Mitgliedern und 100 Festangestellten das einzige Ziel verfolgt, unsere Städte lahmzulegen beim Diesel, dann müssen wir Klartext sprechen und das nicht weiter dulden.“ Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag Stefan Müller formulierte es noch etwas schärfer. „Es kann nicht sein, dass kleine militante Splittergruppen die Gesellschaft drangsalieren und dann auch noch ‚Gemeinnützigkeit‘ für sich reklamiert“. Ein CDU-Bundesparteitag beschloss, der DUH müsse dieser Status entzogen werden. Doch dann passierte – nichts. Unter Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) flossen sogar noch erhebliche Bundesmittel an Projekte des Vereins – die allerdings auch nicht eine konkrete Hilfe für die Umwelt zum Ziel hatten, sondern vor allem in Öffentlichkeitsarbeit für grüne Themen bestanden.
Kommt dann noch ein Aufruf zu strafbaren Handlungen dazu – so wie aktuell von DUH-Geschäftsführer Müller-Kraenner – dann dürfte das die Entscheidung noch einmal deutlich erleichtern.
Eigentlich jedenfalls.