Eine Geschichte aus dem Jahr 2016 kratzt derzeit an dem, was die in Augen anderer Medien noch bestehende Reputation der Deutschen Umwelthilfe (DUH) ist. Sie geht bereits seit zwei Tagen durch den Blätterwald. Inhalt: eine „Projektskizze“ der NGO. Die DUH weist in einer Stellungnahme darauf hin, dass es sich nicht um ein „Angebot“ handelt, wie viele Medien berichten. Und fügt in bekannter Manier zu: „Wir bitten Sie, diesen auch juristisch wichtigen Unterschied zu beachten.“
Die „Projektskizze“ ging an Erdgas Mobil (heute: Zukunft Gas), einem Verband von Erdgasunternehmen. Der Inhalt, grob umrissen: eine Kampagne für erdgasbetriebene Autos. Titel: „Saubere Luft durch saubere Antriebe“. Für eine Skizze sind die Details bereits klar umrissen in dem neun Seiten langen Papier. Gegen eine Zahlung von 2,1 Millionen Euro wollte die DUH Lobbyarbeit für drei Jahre betreiben: sie setzt dafür 750.000 Euro (2017), 700.000 Euro (2018) und 650.000 Euro (2019) jährlich an. Die DUH berechnet sogar die Kosten für anstehende Klageverfahren.
Während sich die DUH gegen den Begriff „Angebot“ wehrt, fällt das Wort „Kampagne“ dagegen im Papier selbst. Etwa so: „Flankiert wird die Kampagne durch diverse Fahrzeugmessungen, Fachgespräche, Öffentlichkeitsarbeit sowie politische Arbeit zu Natural Gas als saubere Antriebsalternative im Verkehrsbereich.“ Man verweist auf das eigene Netzwerk „im Bereich Luftreinhaltung, Klimaschutz und Verkehr“ und darauf, dass die „relevanten deutschen Umwelt- und Verkehrsverbände“ das Anliegen unterstützen würden.
Noch deutlicher kann man das „Modell DUH“ kaum beschreiben. Wie solche „Projektskizzen“ allerdings vereinbar sind mit dem eigenen Anspruch der Gemeinnützigkeit, wirft auch der Bericht selber auf. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass es ja nicht nur den Verein DUH gibt, sondern auch die DUH Umweltschutz-Service mbH (früher: GmbH), eine 100-prozentige Tochter der DUH. Diese hatte auch schon mit der Bundesregierung einen Dienstleistungsvertrag unterzeichnet, wie aus einer Anfrage des damaligen Bundestagsabgeordneten Mario Mieruch vom 16. März 2018 hervorgeht. Die Entlohnung der DUH durch die Bundesregierung ist bis heute nicht bekannt. Sie ist als „VS – VERTRAULICH“ eingestuft.
Nur haben solche Deals bisher wenig interessiert. Was der DUH nun auf die Füße zu fallen droht, ist der eigene moralische Anspruch. Auch hier muss man den Vorgang in die damalige Zeit einordnen. Nicht nur, weil die „Diesel-Affäre“ damals akut war und Alternativen gefragt. Zu Beginn der 2010er Jahre gab es einen „Run“ auf Gas in zahlreichen Ländern – häufig unter Beteiligung linker und grüner Organisationen oder Politiker. Gas galt nicht nur damals in Deutschland als „Brückentechnologie“. Erdgasbetriebene Busse eroberten etwa Südeuropa. Die DUH folgte hier also lediglich einem Trend. Vor allem galt Gas als „sauberer“ als Öl, den damaligen Hauptkonkurrenten.
Spätestens mit der Energiekrise hat Gas jedoch seinen Nimbus eingebüßt. Auch die DUH selbst hat Erdgas nur dreieinhalb Jahre später, im Jahr 2020, verteufelt. Im Video „Sauberes Gas ist eine dreckige Lüge“ geißelt die DUH das importierte Frackinggas aus den USA. Es handele sich um eine „Katastrophe für Umwelt und Klima“. Deshalb wehre man sich auch gegen LNG-Terminals. Die „Projektskizze“, welche die DHU Erdgas Mobil unterbreitete, stammt vom 2. Dezember 2016. Das Video, das Gas de facto als „no go“ einstuft, vom 4. September 2020.
Womit sich wiederum die Frage stellt – wie ehrlich hat die DUH ihre „Projektskizze“ gemeint, wenn sie nur wenig später solche Spots ins Netz stellt? Geht es hier um Umwelt oder Aufträge?
Der Bericht, der zuerst bei Table.Media erschienen ist, stammt von Markus Grabitz – einem der profiliertesten Journalisten auf diesem Feld. Bereits in der heißen Phase der „Diesel-Affäre“ hat er für die Stuttgarter Zeitung recherchiert. Er hat über Jahre immer wieder Verstrickungen und Hintergründe zu jener NGO aufgeklärt, die zu Zeiten eines Ministers Jürgen Trittin oder eines Staatssekretärs Jochen Flasbarth gute Kontakte ins Bundesumweltministerium unterhielt. Rainer Baake war bekanntlich unter Trittin Staatssekretär und anschließend zusammen mit Resch Geschäftsführer der DUH, bevor er die Agora Energiewende aus der Taufe hob. Ein gewisser Patrick Graichen war damals persönlicher Referent des Staatssekretärs Baake.
Die Namen sind an dieser Stelle nicht unwichtig. Denn wie sich laut Grabitz herausgestellt hat, stammt die Idee zur „Projektskizze“ eigentlich aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Am Runden Tisch „Erdgasmobilität“ sei sie entstanden. Man sei der Einladung gefolgt, „da damals wie heute der Erdgas-Verbrennerantrieb eine weniger CO₂- und vor allem weniger Abgase erzeugende Antriebstechnik im Vergleich zum Diesel ist“. Die DUH sei angesprochen worden, ob man weitere „Projektarbeit“ für „Erdgasantriebe“ machen würde. An dem Punkt hätte ein Verein für Umwelt- und Klimaschutz abwiegeln können. Die DUH tat das nicht. Sie zeigte sich „offen“.
Einziges Problem: im Ministerium gab es bedauerlicherweise keinen Etat dafür. So ging die Idee aus dem Bundeswirtschaftsministerium in den freien Markt. Der damalige Bundeswirtschaftsminister hieß damals Sigmar Gabriel. Und ein Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium: Rainer Baake, ehemaliger DUH-Geschäftsführer. Inwiefern diese Verbindungen eine Rolle spielten, bleibt Spekulation. Klar ist jedoch: während der Plan zur nicht durchgeführten Gas-Kampagne mittlerweile offenliegt, bleibt der Vertrag zwischen DUH und Bundesregierung, der den Bürgern den Netzausbau (Initiative Bürgerdialog Stromnetz) schmackhaft machen sollte, weiter geheim.