Tichys Einblick
Die Agora: Woher sie kommt, wer sie bezahlt 7

DUH & Agora: Alte Kampfgefährten

Getrennt marschieren, vereint schlagen – das gilt auch für grüne NGOs. Personell sind Agora, DUH und VCD eng verdrahtet. Hinter ihnen stehen sogar dieselben Geldgeber. Man kennt sich, man hilft sich.

IMAGO - Collage: TE

Wer Agora sagt, muss auch DUH sagen. Bevor die Agora in das Licht der Öffentlichkeit rückte, war es insbesondere die Deutsche Umwelthilfe, die für manchen als Ausgeburt der grünen NGO galt, die von dubiosen Geldern von außerhalb gefüttert wurde. Dass die Finanziers der DUH in manchen Bereichen mit denen der Agora übereinstimmen, ist dabei mehr als bloßer Zufall. Die Verstrickungen beider NGOs reichen bis hin zu personellem Austausch.

Wie so häufig tritt Rainer Baake als Bindeglied auf. Nach dem Ende der rot-grünen Koalition wechselte Baake vom Posten des Staatssekretärs im Bundesumweltministerium zur DUH. Dort wurde er Co-Geschäftsführer zusammen mit Jürgen Resch. Im Bundesumweltministerium zurück blieben Patrick Graichen und Jochen Flasbarth. Im Umweltbundesamt besaß die „Trittin-Connection“ mit Axel Friedrich einen weiteren Sympathisanten. Die Grünen waren nicht mehr an der Regierung; aber das Netzwerk war intakt – und weitete sich aus.

2009 etwa übermittelte die DUH überschwängliche Liebesgrüße an das Umweltbundesamt (UBA). Hintergrund: der Aufstieg Flasbarths zum Präsidenten der Behörde. Zitat von Jürgen Resch:

„Jochen Flasbarth kennt die gesamte Palette der Umwelt- und Naturschutzpolitik, sowohl im Inland als auch im Ausland, bereits aus seiner Zeit als Nabu-Präsident. Er hat die Fachkompetenz und die Persönlichkeit die Ziele des Umweltbundesamtes auch in wirtschaftlich und politisch vielleicht nicht immer einfachen Zeiten zu verfolgen und umzusetzen. Seine heutige Berufung ist ein Signal für ein weiterhin starkes und kompetent geleitetes UBA. Die Deutsche Umwelthilfe wünscht Jochen Flasbarth nachhaltig alles Gute.“

Böse formuliert: Ein ehemaliger NGO-Chef ist nun Behördenchef und hat vermutlich ein offenes Ohr für die Anliegen der DUH. Einen Posten spart Resch dabei aus. Denn Flasbarth war Mitbegründer des Verkehrsclub Deutschland (VCD), ein enger Verbündeter der DUH, der bis heute bei verkehrspolitischen Themen an der Flanke des Vereins mitkämpft; etwa bei der „Dieselaffäre“. Anfang der 90er Jahre hieß der Bundesvorsitzende des VCD Rainer Graichen, der Vater von Patrick Graichen. Flasbarth war von 2000 bis 2003 Vorstandsmitglied bei Allianz pro Schiene, der seit 2007 auch die DUH als Mitglied angehört.

Die Verquickungen und Bekanntschaften reichen demnach lange zurück. Und sie werden noch evidenter, sieht man sich die Entwicklung ab 2012 an. In diesem Jahr ruft Rainer Baake mit der Agora Energiewende seinen eigenen Think-Tank ins Leben. Dort sind nicht nur Patrick Graichen als Vize-Direktor und Flasbarth als Ratsmitglied von Anfang an dabei. Unter den Mitarbeitern stechen Personen mit DUH-Hintergrund heraus.

Bis 2017 fungiert Gerd Rosenkranz als „Leiter Grundsatzfragen“ der Agora. Dem Lebenslauf ist zu entnehmen: „Von 2004 bis Ende 2013 war Gerd Rosenkranz Leiter Politik & Presse bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH) in Berlin, davor seit 1999 Redakteur für Umwelt- und Energiepolitik beim Nachrichtenmagazin Der Spiegel ebenfalls in Berlin.“ Seine journalistische Laufbahn begann 1988 bei der taz. Auch im Ruhestand steht er der Agora als „Senior Advisor“ zur Seite.

Urs Maier, Projektleiter Energie und Infrastruktur bei der Agora Verkehrswende, stammt ebenfalls aus dem Hause DUH. Bevor er im Juni 2016 zur Agora stieß, war er von 2011 bis 2016 bei der Deutschen Umwelthilfe als Projektmanager im Bereich Verkehr und Luftreinhaltung. Zusätzlich arbeitet seit 2016 Axel Friedrich, früher Abteilungsleiter im Umweltbundesamt, als Sachverständiger direkt für die DUH.

Beide NGOs spielen sich gegenseitig den Ball zu. Etwa, wenn sich die DUH auf Agora-Studien beruft; wenn DUH-Mitarbeiter ein „Webinar“ der Agora leiten; wenn die DUH Agora-Vertreter interviewt werden; oder man bei Themen wie Tempolimit, höheren Parkgebühren für Anwohner oder zuletzt der „Wärmewende“ sich gegenseitig Schützenhilfe leistet. Für den VCD gilt als dritter Verein im Bunde Ähnliches. Die grünen NGOs kämpfen nach der Devise Moltkes: getrennt marschieren – vereint schlagen.

Während in der „Dieselaffäre“ noch Jürgen Resch das Gesicht der DUH war, tritt seit einigen Monaten verstärkt Sascha Müller-Kraenner als Co-Geschäftsführer in Erscheinung. Er fiel kürzlich insbesondere als Verteidiger der Klimaextremisten der „Letzten Generation“ auf, instrumentalisierte die Überschwemmungen in der Emilia-Romagna für Wärmepumpenpropaganda und schürte Ängste vor einem anstehenden Hitzesommer. AfD-Wähler nennt er „Nazis“. Die Agora-Krise redete er klein, verwies auf CDU-Skandale und projizierte die Verschwörung einer „Fossilen Lobby“, die versuche, die Energiewende auszubremsen. Nach Graichens Demission schrieb er: „Patrick Graichen gebührt Dank und hoher Respekt für alles, was er für die Energiewende und unser Land geleistet hat.“

Auch in seinem Fall gibt es bemerkenswerte Verbindungen. 1995 war er Mitbegründer des „Ecologic Institute“. Als Gesellschafter sitzt Müller-Kraenner heute im Vorstand des Instituts. Der Direktor emeritus des Ecologic Institute, Andreas Kraemer, sitzt zugleich als „Chairman“ im Aufsichtsrat der Agora. Von 2017 bis 2018 war er „Fellow“ der Mercator Stiftung. Als Co-Vorsitzender des Anlageausschusses der Ökoworld AG – einer Kapitalverwaltungsgesellschaft, die überwiegend im Umweltbereich investiert – hat er handfeste finanzielle Interessen.

Auch die aktuelle Direktorin des Ecologic Institute besitzt die bekannten Verbindungen. Camilla Bausch ist nämlich auch Mitglied im Beirat der Stiftung Klimaneutralität. Ihr steht Agora-Gründer und ehemaliger DUH-Geschäftsführer Rainer Baake vor. Neben Baake leitet Regine Günther die Stiftung, ihr Mann ist Felix Matthes vom Öko-Institut. Im Beirat der Stiftung Klimaneutralität sitzen auch Bernhard Lorenz (früher Mercator, heute Deloitte) und Hal Harvey. Es sind immer dieselben Namen, dieselben Organisationen.

Zurück zu Müller-Kraenner. Denn die Vebrindungen hören hier nicht auf. 1998 gründete er die erste Dependance der Heinrich-Böll-Stiftung in den USA. Ab 2007 arbeitete Müller-Kraenner für The Nature Conservancy (TNC). Ab 2008 baute er das Europaprogramm der Nature Conservancy auf mit Niederlassungen in London und Berlin, die er bis Ende 2014 als geschäftsführender Direktor leitete.

Wie die DUH sammelt auch die TNC Spenden aus der Wirtschaft. Ähnlich wie bei deutschen NGOs erfolgen auch hier Wechselspiel und Kooperation. Personen, die bei TNC Funktionen ausgefüllt haben, finden sich später bei ClimateWorks – und andersherum. Mark Burget war von 2008 bis 2012 President & Chief Operating Officer der ClimateWorks Foundation; davor und danach hatte er jedoch jeweils wichtige Funktionen bei der Nature Conservancy inne. Im Jahr 2022 erhielt TNC rund 550.000 Dollar von ClimateWorks.

Nicht nur die Agora hat von der ClimateWorks Foundation bzw. über Umwege der European Climate Foundation Geld erhalten. Jährlich erhält die DUH Spenden aus den USA, meistens in sechsstelliger Höhe. Der europäische Dachverband Transport & Environment, dem DUH und VCD angehören, wird ebenfalls mit hunderttausenden Dollar jährlich versorgt. Im Jahr 2011 waren es 800.000 Dollar, Unabhängig davon sind die Zahlungen der European Climate Foundation zu beachten.

Auch Hal Harveys neue Stiftung, die Climate Imperative Foundation, sieht in Transport & Environment einen wichtigen Förderpartner. Die Mercator Stiftung zahlte 2021 ebenfalls rund 100.000 Euro als zweckgebundene Spende. Vor der Gründung der ClimateWorks Foundation zahlt die Hewlett Foundation, die diese ins Leben ruft, 90.000 Euro an die DUH (2008). 715.000 Euro erhält sie im Jahr 2010 von der ClimateWorks Foundation über Umwege der Euopean Climate Foundation (Projektname: „Soot free for the Climate“). 2011 folgen 775.000 Euro über die European Climate Foundation sowie weitere 61.000 Euro direkt über ClimateWorks. 2015, im Jahr der Dieselaffäre, sind es 450.000 Euro auf „diskretem Weg“, wie aus geleakten E-Mails des Clinton Wahlkampfberaters John Podesta hervorgeht, der damals dem „Board of Directors“ der Stiftung angehört. Festzuhalten bleibt: Gegen diese Spenden erscheinen die Jahreszuwendungen von Toyota im damaligen Zeitraum (60.000 Euro) wie Peanuts.

Auch bei den staatlichen Einnahmen zeigt sich ein ähnliches Bild. Die DUH sahnte Aufträge aus dem Umweltbundesamt und dem Bundesumweltministerium ab, in denen sich das grüne Netz festgesetzt hatte. Von 2003 bis 2017 flossen über zehn Millionen Euro von Berlin nach Radolfzell, seit 2013 erhält die DUH rund eine Million jährlich aus Bundesmitteln – ein Achtel der Gesamteinnahmen stammen also direkt aus dem Beutel der Bundesbürger. Kommunen, Länder und EU nicht einberechnet. Warum die Zahl der vom Bundesumweltministerium geförderten DUH-Projekte und die damit einhergehenden Zuschüsse seit 2013 anstiegen, und damit mit dem Amtsantritt von Jochen Flasbarth als Staatssekretär in eben diesem Ministerium korrelieren, bedarf bis heute der Aufklärung und Aufarbeitung.

Aber nicht nur im Bundesumweltministerium saß ein DUH- und Agora-Vertrauter. Seit 2014 war Rainer Baake wieder im Geschäft – als Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Im selben Zeitraum war sein Kollege Matthias Machnig im Rat der Agora. Und ausgerechnet in diesem Jahr 2014 geht ein höchst lukrativer Auftrag an ein Dreierkonsortium. Es geht um Millionen. Der „Bürgerdialog Stromnetz“ soll den unmündigen Bürgern die Energiewende schmackhaft machen. Mit dabei: die DUH.

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