Der Dresdner Brücken-Experte Steffen Marx warnt die Politik davor, weitere Brücken in Deutschland könnten einstürzen, wird die Wartung der Bauwerke nicht verbessert. „Wenn wir unseren Unterhalt der Brücken nicht ändern, werden wir noch mehr Einstürze im laufenden Betrieb haben“, sagte der Bauingenieur-Professor der TU Dresden dem Tagesspiegel (Montagsausgabe).
„Wir gehen mit unseren Brücken ähnlich wie die Amerikaner um: Wir bauen sie, und dann vergessen wir sie“, sagte Marx weiter. Zwar würden Brücken in Deutschland regelmäßig inspiziert, aber kaum repariert. Wenn nun immer mehr Brücken in einen schlechten Zustand kämen, sei es eine Frage der Zeit, bis eine Brücke, die die Prüfer noch für gerade so ausreichend standfähig hielten, trotzdem im laufenden Betrieb kollabiere, warnte Marx.
In Deutschland bedeute Sanierung bisher meistens abreißen und neu bauen. „Wir haben eine Kombination aus der unsichersten und der teuersten Strategie“, so Marx. Er forderte ein grundsätzliches Umdenken der Politik. Es sei klüger, viel früher einzugreifen und Brücken mit relativ wenig Aufwand zu sanieren, um sie wieder in die beste Zustandskategorie zu bringen. „Dann kriege ich wieder einige Jahrzehnte sichere Betriebszeit, bis sich der Zustand wieder verschlechtert. Es würde weniger kosten und es wäre sicherer“, so Marx.
Ohne diesen Strategiewechsel fürchtet Marx, dass das 500 Milliarden Euro schwere Sondervermögen für Infrastrukturinvestitionen ausgegeben wird, die Infrastruktur danach aber nicht in einem besseren Zustand sein wird.
Marx gilt als einer der führenden Brücken-Experten Deutschlands. Er hat auch das Gutachten zum Einsturz der Carolabrücke in Dresden geschrieben.
Dass die Carolabrücke baufällig war, war den Verantwortlichen, so dem grünen Baubürgermeister Stephan Kühn, im Dresdner Rathaus lange vor ihrem Einsturz bekannt, dies belegten bis dahin geheim gehaltene Gutachten im Rathaus. Sie Stadt hätte sofort handeln müssen. Hat sie aber nicht: Die Folge war, dass die Brücke im September 2024 einstürzte.
Marx und sein Team suchten damals in den Trümmern der Brücke nach Ursachen. Deren Ergebnisse deckten das, was die internen Unterlagen enthüllten: Die Stahldrähte, die durch die Brücke führten, waren an etlichen Stellen gerissen. Lochfraß stellten sie fest durch Tausalz, das in den Stahl eingedrungen war und dazu beitrug, dass die Brücke von innen langsam aber sicher verrottete.
Der spektakuläre Einsturz der Brücke am 11. September 2024 nachts um drei Uhr war nur der letzte Schritt. Man konnte von Glück reden, dass niemand ums Leben gekommen ist. Die letzte Straßenbahn war gerade mal eine Viertelstunde zuvor über die Brücke gerumpelt.