Eine „Revolution“ der Krankenhäuser hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wie gewohnt vollmundig angekündigt. Doch der Gesetzesentwurf zu seiner Reform soll erst im August vorliegen. Die Revolution ist verschoben. Zwischenzeitlich sind die Kliniken aber in Not, weil die Probleme ungelöst bleiben – vor allem der Arbeitskräftemangel.
Viele Kliniken sind einer Umfrage zufolge nicht mehr in der Lage, die Notfallversorgung vollumfänglich anzubieten. Demnach waren im Dezember 77 Prozent der Krankenhäuser gezwungen, ihre Notaufnahme von der Versorgung abzumelden, wie aus einer Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts für die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hervorgeht, und über die das Handelsblatt berichtet. „Die Blitzumfrage zeigt ganz eindeutig, dass die Notaufnahmen der Krankenhäuser stark überlastet sind“, sagte DKG-Chef Gerald Gaß der Zeitung.
Als entscheidenden Teil seiner „Revolution“ will Lauterbach zwar die Vergütungen neu regeln. Aber der Gesundheitsminister hat angekündigt, kein zusätzliches Geld ins System fließen zu lassen. Sodass die Kliniken an anderer Stelle sparen müssten – oder weiterhin die Notaufnahmen einschränken. Zudem fehlt es an Konzepten, wie gegen die Personalnot vorgegangen werden soll.
„Die Umfrage zeigt auch die Grenzen des klassischen ambulanten Sektors auf“, sagte Gaß. „Denn es ist ganz offenbar so, dass für viele Patienten die Krankenhäuser der erste Anlaufpunkt ist.“ 74 Prozent der befragten Kliniken gaben an, dass Patienten vor allem fußläufig, ohne Verordnung von Krankenhausbehandlung und ohne Kontakt über die Telefonnummer 116 117 des ärztlichen Bereitschaftsdienstes der Vertragsärzte die Notaufnahmen in Anspruch nehmen. Die Ergebnisse der Umfrage beruhen auf der Online-Befragung einer Stichprobe von 112 Allgemeinkrankenhäusern mit jeweils mehr als 100 Betten.
Die Überlastung der Notaufnahmen in Krankenhäusern hängt auch damit zusammen, wie stark oder schwach das Angebot an niedergelassenen Ärzten in einer Region ist: „Besondere Spitzen verzeichnen die Notaufnahmen während der üblichen Schließzeiten der Praxen“, teilt die Krankenhausgesellschaft mit. Dazu komme, dass drei Viertel der Krankenhäuser berichtet, mit den Kassenärztlichen Vereinigungen nur mittelmäßig oder gar schlecht zusammenzuarbeiten: „Die Notaufnahmen sind vielerorts zum Ersatz der wegbrechenden Versorgung im niedergelassenen Bereich geworden. Wer abends und am Wochenende keine ärztliche Hilfe findet oder bei akuten Beschwerden auf Termine in weiter Zukunft vertröstet wird, wählt den Weg in die Notfallambulanzen und erhält in den Krankenhäusern nach wie vor umgehend und verlässlich kompetente Versorgung“, sagt Gaß. Diese Realität muss die Politik anerkennen. „Es gelingt dem niedergelassenen Bereich nicht, seine Pflicht zur ambulanten Notfallversorgung umfassend zu erfüllen.“
Die Krankenhausgesellschaft schlägt „integrierte Notfallzentren in den Kliniken“ vor, in denen Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte in Portalpraxen und Notfallambulanzen in gemeinsamer Absprache die Notfallversorgung übernehmen. Die Krankenhäuser sollen die Chance erhalten, ihre ambulanten Angebote für die Patienten nutzbar zu machen. „Nur so können wir medizinische Versorgung angesichts des vor allem in der Fläche wegbrechenden niedergelassenen Sektors flächendeckend und rund um die Uhr sichern“, sagt Gaß.