Tichys Einblick
Der Weg in den Brüsseler Staat:

Die Vergemeinschaftung der deutschen Arbeitslosenversicherung an der Öffentlichkeit vorbei

Die EU arbeitet am größten Umverteilungsprogramm in der Geschichte der Menschheit. Und sie behält sich vor, die Regeln dafür allein zu bestimmen.

imago Images /Manngold

Von den Medien bisher weitgehend unkommentiert soll am Mittwoch und am Donnerstag der Weg in die EU-isierung der deutschen Arbeitslosenversicherung geebnet werden. Die Corona-Krise dient als Vorwand, um den deutschen Steuer- und Sozialversicherungspflichtigen zu entrechten, dem Deutschen Bundestag Kompetenzen zu nehmen und die letzten Hürden auf dem Weg zur Staatsfinanzierung, auf dem Weg in die Schuldenunion wegzuräumen.

Vom Bundesrat bereits durchgewunken soll am Mittwoch die erste Lesung des SURE-Gewährleistungsgesetz im Bundestag stattfinden, um im Anschluss den Entwurf in die Ausschüsse zu überweisen. Allerdings scheint man von den Bundestagsabgeordneten, die den Ausschüssen angehören, keine tiefere oder verantwortungsbewusste Diskussion zu erwarten, denn bereits für Donnerstag ist die zweite und dritte Lesung und die Verabschiedung des Gesetzes geplant. Im Rahmen der von Angela Merkel auf dem Weltwirtschaftsforum von Davos verkündeten großen Transformation bedeutet dieses Gesetz einen fundamentalen Einschnitt in die Rechte der Arbeitnehmer, in ihre soziale Sicherheit und die soziale Sicherheit ihrer Familien.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Das SURE-Gewährleistungsgesetz erlaubt der EU, Kredite zur Finanzierung von Kurzarbeit in den Mitgliedsländern von bis zu 100 Milliarden Euro auf dem Finanzmarkt aufzunehmen. Diese Mittel werden als Darlehen an die durch die EU ausgewählten Mitgliedsländer verteilt. Zu welchen Konditionen diese „Darlehen“ „ausgereicht“ werden, steht nicht im Gesetz, aber dafür, dass für die Kreditaufnahme ein Garantieleistung der EU von 25 Milliarden Euro nötig ist. Ein Viertel der Garantien entfallen auf Deutschland, 6.383.882.000 Euro.

„Das vorliegende Gesetz ermächtigt die Bundesregierung, die entsprechende Gewährleistung vorzunehmen.“ Ganz im Merkelschen Stil heißt es unter Punkt „C. Alternativen: Keine“. Außerdem enthält das Gesetz keinerlei Regelungen für den wahrscheinlichen Fall, dass es bei der Rückzahlung der Darlehen, deren Konditionen ebenfalls keine Erwähnung finden, zu Zahlungsausfällen kommt, schließlich schätzt die Bundesregierung die „Inanspruchnahme der Bundesrepublik Deutschland aus den ausgegebenen Garantien“ als wenig wahrscheinlich ein. Käme die Bundesregierung ihrer Verpflichtung nach, Schaden für die Bürger der Bundesrepublik abzuwehren, hätte sie zumindest einen Blick auf die Staatsverschuldungen der Länder geworfen, die in den Genuss der „Darlehen“ kommen, die von den Bundesbürgern zu einem erheblichen Teil zu finanzieren sind. Man stelle sich einen Banker vor, der einem hochverschuldeten Kunden einen Kredit einräumt und damit ein Konto belastet, das einen besseren Score hat, weil der Kunde sparsamer war.

Die Bundesregierung behauptet im Gesetz, dass keine neuen Pflichten für die Bürger- und Bürgerinnen eingeführt werden, für die Wirtschaft keinen neuen Verpflichtungen entstünden, dass keine weiteren Kosten der Wirtschaft einschließlich der mittelständischen Unternehmen erwüchsen und auch keinerlei Auswirkungen auf das Preisniveau zu erwarten seien. Mit schlechten Nachrichten rechnet die Schönwetterregierung ohnehin nicht.

Es ist für den Zustand der Demokratie kein gutes Zeichen, wenn den Politikern der Euphemismus „die Europäische Union finanziert“ nicht einmal mehr auffällt. Die Schuldenaufnahme wird doch vor allem von den Steuerzahlern in den Ländern der Europäischen Union, die tatsächlich Steuern zahlen, finanziert. Aber was erwartet man, wenn selbst eine SPD-Vorsitzende meint, dass sie mit ihren Diäten den Mittelstand unterstützt, als ob nicht der Mittelstand ein Gros der Steuern bezahlt, von den Saskia Esken komfortabel lebt.

Black Lives ernst genommen
Die Auswanderung nach Europa ist für Afrikaner unschlagbar attraktiv
Es stellt sich die Frage, weshalb die EU-Kurzarbeitergeld finanzieren muss, denn das Kurzarbeitergeld steht an sich nicht im Zusammenhang mit der Wirtschaftsleistung des Staates und hat auch nichts mit der Corona-Krise zu tun. Kurzarbeitergeld ist eine Versicherungsleistung, die geschaffen wurde, um in Krisen Arbeitslosigkeit zu vermeiden und den Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu helfen, durch die Krise zu kommen.

In Deutschland wurde das Kurzarbeitergeld am 1. Januar 1957 durch Artikel II des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 23. Dezember 1956 eingeführt. Dort heißt es klar und deutlich im § 130: „Kurzarbeitergeld wird aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung in den Betrieben den Arbeitnehmern gewährt, die in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung stehen.“ Das deutsche Kurzarbeitergeld wird weder aus dem EU-Haushalt, noch aus EU-Krediten, noch aus dem deutschen Steueraufkommen bestritten, sondern ist Teil der Arbeitslosenversicherung, in die deutsche Arbeitnehmer und deutsche Arbeitgeber einzahlen und gehört zu den umfangreichen Sozialabgaben. Wenn sich die im Durchschnitt reicheren Italiener einen armen Staat leisten, so ist das völlig legitim und ihr gutes Recht, nur haben sie dann auch keinen Anspruch auf Leistungen, die sie nicht finanziert haben. Und die ärmeren Deutschen, die sich einen reichen Staat leisten, sind nicht verpflichtet, doppelt zu zahlen. Dabei besitzt Italien sogar so etwas wie das Instrument des Kurzarbeitergeldes.

Durch das SURE-Gewährleistungsgesetz wird ein europäisches Kurzarbeitergeld nicht versicherungs-, sondern kreditbasiert eingeführt, Kredite, die in der Hauptsache von denen abgesichert werden, die ohnehin schon unter zu hohen Steuern und Sozialabgaben leiden und denen durch die Nullzinspolitik zur Staatsfinanzierung durch die Hintertür die Sparguthaben entwertet und die Versicherungsquoten nach oben getrieben werden.

Die Einführung des europäischen Kurzarbeitergeldes hat das Zeug dazu, eine Brückenfunktion zur Einführung der Europäischen Arbeitslosenversicherung zu erfüllen, in der die deutsche Arbeitslosenversicherung europäisiert werden wird. Das Niveau der Leistungen der deutschen Arbeitslosenversicherung wird trotz hoher Beiträge sinken. Da ohnehin das Ziel verfolgt wird, eine europäische Arbeitslosenversicherung einzuführen, will man es, weil die Situation günstig ist, unter dem Deckmantel der Solidarität und der Coronakrise klammheimlich durch rasche Gesetzgebungen, die man nicht einmal mehr Verfahren nennen möchte, den deutschen Bürgern unterjubeln. Auf einen Großteil der Medien, die den Mantel des Schweigens über diese und andere Vorhaben legen, kann sich die Regierung inzwischen verlassen.

Die Mär vom polnischen Isolationismus
Im Übrigen müssen die Staaten, die großzügig mit Darlehen versorgt werden, das Geld nicht einmal für Kurzarbeit ausgeben, sie können es auch benutzen für „vergleichbare Maßnahmen sowie unterstützende Maßnahmen im Gesundheitsbereich insbesondere zum Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz.“ Und da bekanntlich alles mit allem zusammenhängt, sind der Phantasie, wofür die 100 Milliarden Euro ausgegeben werden, keine Grenzen mehr gesetzt. Bedenkt man, dass Ursula von der Leyen inzwischen von Billionen spricht, die sie ausgeben möchte, drängt sich der Eindruck auf, dass Brüssel den Bezug zur Realität und wohl auch die Übersicht verloren hat. Dort 750 Milliarden für irgendwelche Bonds, da eine Erhöhung des EU-Haushaltes, die den deutschen Beitrag um schlappe 43 % erhöhen wird, an anderer Stelle eine Kreditaufnahme für die Finanzierung eines europäischen, vielleicht Kurzarbeitergeldes.

Klar ist nur, dass eine neue große Party bereits begonnen hat und die Finanzindustrie in Feierlaune ist – das Geld der deutschen Steuerzahler ist ihr gewiss. Die EU arbeitet am größten Umverteilungsprogramm in der Geschichte der Menschheit. Und sie behält sich vor, die Regeln dafür zu bestimmen.

Dem Vernehmen nach ist der Entwurf in der einbringenden Fraktion von CDU/CSU umstritten. Vielleicht geschieht ja noch ein Wunder und genügend Abgeordnete haben die Interessen derjenigen im Blick, die sie gewählt haben, die sie vertreten sollen.

Anzeige
Die mobile Version verlassen