Tichys Einblick
Google entfernt Karte mit Asylbewerberheimen

Die Tagesschau und der Streisand-Effekt

Irgendjemand hat irgendwo eine Liste ins Netz gestellt. Nicht irgendeine Liste. Nein, eine Karte Deutschlands ist darauf zu sehen. Auf dieser Karte rot markiert befinden sich sämtliche Standorte von Flüchtlingsheimen oder Asylunterkünften. Nicht irgendwo ins Netz gestellt. Auf der Google-Plattform MyMaps.

„Google ermöglicht es, seinen Nutzern auf seiner Plattform eigene interaktive Karten zu erstellen“, so der Sprecher des Tagesschau-Beitrags.

Google hat sich nach zahlreichen Meldungen von Nutzern dazu entschlossen, die Seite mit dem Hinweis zu entfernen, dass diese gegen die Geschäftsbedingungen verstoße. So weit, so gut. Warum berichtet die Tagesschau vom 17.07.2015 darüber? Warum sprechen Politikerinnen wie Aydan Özoguz vor laufender Kamera darüber? Die Brisanz, die sie selbst hinter dieser Liste befürchten und mit einer Gesinnungstäterschaft belegen, wird sich erst in diesem Moment der Berichterstattung und der dazu mitgelieferten Bilder genau dahin verkehren, wohin sie es nicht beabsichtigt haben.

Der Streisand-Effekt

Wikipedia definiert den Streisand-Effekt wie folgt:

„Als Streisand-Effekt wird ein Phänomen bezeichnet, wonach der Versuch, eine unliebsame Information zu unterdrücken oder entfernen zu lassen, öffentliche Aufmerksamkeit nach sich zieht und dadurch das Gegenteil erreicht wird, nämlich dass die Information einem noch größeren Personenkreis bekannt wird.

Seinen Namen verdankt das Phänomen Barbra Streisand, die den Fotografen Kenneth Adelman und die Website Pictopia.com 2003 erfolglos auf 50 Millionen US-Dollar verklagte, weil eine Luftaufnahme ihres Hauses zwischen 12.000 anderen Fotos von der Küste Kaliforniens auf besagter Website zu finden war. Damit stellte sie aber erst die Verbindung zwischen sich und dem abgebildeten Gebäude her, woraufhin sich das Foto nach dem Schneeballprinzip im Internet verbreitete. Adelman argumentierte, er habe den Strand fotografiert, um die Küstenerosion für das California Coastal Records Project zu dokumentieren.“

So wurde in der Tagesschau gezeigt, wie die Karte Deutschlands unter lauter roten Markierungspunkten beinahe komplett verschwindet. Hinter den Markierungspunkten jeweils Flüchtlingsunterkünfte oder Asylbewerberheime. Bei der Brisanz dieses Themas für mich unbegreiflich, wie tief die Tagesschau dann allerdings in die Materie einsteigt. Einzelne Bereiche werden immer wieder herangezoomt und liefern etliche Ortsnamen, in denen Asylbewerberheime gelegen sind. „Per Mausklick wird der Standort angezeigt.“, erklärt der Sprecher. Was auch prompt demonstriert wird. „…zeigt manchmal auch Adresse, Telefonnummer oder Zahl der Bewohner.“ Im Anschluss daran der Name der Liste für jeden klar und deutlich angezeigt. „Unbekannte Internet-Nutzer haben frei verfügbare Informationen dort zusammengetragen und mit Hilfe der Google-Plattform MyMaps online gestellt. Für viele ein indirekter Aufruf zu Protesten oder gar Gewalt.“ Während der Sprecher die Karte erklärt, wird diese in verschiedenen Auflösungen gezeigt, mal hier reingezoomt und mal dort. Und immer wieder sind Ortsnamen zu erkennen.

Aydan Özoguz erklärt die Liste zur geistigen Brandtstiftung

„Jeder, der draufgeschaut hat, hat gesehen „Oh Gott, überall sind sie“, nicht, so dieses Gefühl. Und das ist eben schon deutlich über jede Informationsgeschichte hinweg der Anfang einer Hetze und das ist in meinen Augen schon geistige Brandstiftung.“, so Aydan Özoguz, Integrationsbeauftragte der Bundesregierung.

Gestern dann hat Google den Zugang zur Karte auf MyMaps gesperrt. „Eine Entscheidung, die sich das Unternehmen nach eigenen Angaben nicht leicht gemacht hat, schließlich erachte Google den Zugang zu Informationen als außerordentlich wichtig.“

So erklärt dann auch Lena Heuermann, Pressesprecherin von Google dazu: „Wann immer Inhalte illegal sind, entfernen wir sie von unseren Produkten. So verfahren wir auch mit Inhalten, die gegen unsere Richtlinien und Nutzungsbedingungen verstoßen, wozu auch das Zufügen von Schaden sowie die Förderung von Hass gehören.“

Wenn nun Google, Facebook oder Apple aus ihren Netzwerken Nippel-Fotos entfernen, die nicht den strengeren US-Maßstäben entsprechen, wird schnell der Vorwurf der Zensur laut. Ist das Zensur, wenn man der Bevölkerung vorenthält, wie sie verändert wird? Man kann auch eine andere Position beziehen. Dass es ein Aufruf zu Protesten sei, die politisch nicht erwünscht sind.

Dass diese Sorgen berechtigt sind, wird im nächsten Schnitt gezeigt, wo ein Maler ein auf die Wand geschmiertes Hakenkreuz an einer geplanten Flüchtlingsunterkunft überstreicht. Der ausgebrannte Dachstuhl eines neuen, glücklicherweise noch nicht bezogenen Flüchtlingsheims in Tröglitz (Sachsen-Anhalt) im nächsten Schwenk. Auch Reinhard Kardinal Marx wird interviewt. Die Tagesschau kann sich nicht so richtig entscheiden. Einerseits misstraut sie ihren Gebührenzahlern, und unterstellt rassistische Gesinnung. Andererseits breitet sie genau das, was sie nicht zeigen will, in aller Schönheit aus.

Das ist doch ziemlich viel Wind, ziemlich viel Detailklickerei und sehr viel Erklärung zu einer Liste und einer Karte, auf deren Inhalt man eigentlich wenig, und wenn schon aber nicht in dieser Tiefe in der Sendung mit der höchsten Einschaltquote hinweisen sollte. Warum sind dann aber zehn Einstellungen nötig, in denen die umstrittene Karte gezeigt wird? Ist es die heimliche Erregung über das Unsagbare?

Nach Kardinal Marx wird abermals auf die Karte geschwenkt, die, obwohl durch Google von MyMaps entfernt, nun auf einer anderen Internetseite aufgetaucht sei. Es war klar, dass bis zu dem Zeitpunkt der Abschaltung durch Google bereits mehrere Kopien davon gemacht worden sein mussten und diese Karte dann anderswo wieder auftaucht. So funktioniert das Internet.

Der Tagesschau und der Integrationsbeauftragten Aydan Özoguz hingegen sind der Streisand-Effekt anscheinend bis heute kein Begriff. Sie können sich nicht entscheiden. Oder doch? immer wenn Journalisten titeln „Wirbel um…“ sind sie es eigentlich selber, die den Wirbel zum wirbeln bringen.

 

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