Auf einen Nenner gebracht: Schulz kopiert bei der inneren Sicherheit AfD und CDU. Das ist in der Segelsprache keine Wende, sondern eine Halse. Über den Entwurf des Regierungsprogramms von Martin Schulz berichtet gestern DIE WELT, der die 67 Seiten vorliegen, die am 25. Juni in Dortmund auf einem SPD-Bundesparteitag verabschiedet werden sollen. Unter anderem zitiert das Blatt:
- „Wir wollen 15.000 neue Stellen bei der Polizei in Bund und Ländern schaffen“
- „Wo Videotechnik hilft, Gefahren vorzubeugen und Beweise zu sichern, soll sie eingesetzt werden“
- „Ausländer, die schwere Straftaten begehen, sollen nach Verbüßung ihrer Strafe unverzüglich abgeschoben werden“
- „Wir werden extremistische islamistische Moscheen schließen und ihre Finanzierung unterbinden“
Natürlich handelt das Programm über weite Strecken von sozialer Gerechtigkeit, Schulen, Familien, Wirtschaft, Steuern und so weiter. Aber auf all diesen Feldern wandelt Schulz auf den bekannten Pfaden seiner Partei. Die eigentliche Änderung findet sich bei der inneren Sicherheit und der Sicherung der Außengrenzen der EU.
„SPD rüstet bei Innerer Sicherheit auf“ schreibt der Tagesspiegel und berichtet von gleichen Erscheinungen bei den Grünen. Als Boris Palmers Meinung referiert der Deutschlandfunk, der Wahlkampf der CDU in Nordrhein-Westfalen habe massiv gewirkt, während die Grünen das Thema vernachlässigt hätten. Sie hätten in NRW bei der Inneren Sicherheit zu „spät auf Angriff“ geschaltet meint die Neue Westfälische.
Was die CDU ausgerechnet unter Armin Laschet im Wahlkampf plakatierte, war angesichts der real existierenden Politik der Merkel-Regierung schon Chuzpe. Einfach so tun, als hätte man mit dem massiven Staatsversagen, das mit der Massenmigrationswelle 2015 einsetzte und bis in diese Tage immer offenkundiger wurde, nichts zu tun:
© Maja Hitij/Getty Images
„Ich fühl mich hier nicht mehr sicher. Warum tun die nichts?“ Wer ist hier „die“, die nichts tun? Das nimmt die Merkel-Regierung aus der Schusslinie, sie verschwindet völlig hinter dem Landesfeindbild Innenminister Jäger. Und da Frau Kraft – geblendet von ihrem makellosen Selbstbild – nicht auf die Idee kam, ihren „harten Hund“ zu entlassen und die grünen Partner nicht auf den Gedanken, das zu fordern, sitzt der CDU-Schuss und entfaltet Wirkung. Von der AfD hat die CDU damit niemanden zurückgeholt, aber aus dem Reservoir der Nichtwähler und Unentschlossenen hat die CDU mobilisiert und damit die SPD überholt.
Wenn die SPD in ihrer bemerkenswert haltungslosen Torschlusspanik nun auf die gleiche Masche setzt wie die CDU, wird sie doppelt scheitern. Den verbliebenen SPD-Treuen raubt sie den Rest ihres Glaubens an die Sozialdemokratie. Unter den noch nicht zur Wahl Entschlossenen und zwischen den Parteien noch Suchenden hat die SPD mit ihrer Härte-Demonstration in Innerer Sicherheit auch dann nichts zu bieten, wenn sie ihre Forderung nach 15.000 Polizisten mehr auf 150.000 aufstockt.
Mit ihren Forderungen legitimiert sie die wesentlich schärferen der AfD und die so ähnlich scharf tuenden der CDU, lockt aber keine neuen Wähler zur SPD. Sozialdemokraten und Grünen nimmt ein Schwenk dieser Art niemand ab. Und so wird der panische Versuch der SPD, sich am eigenen Sicherheitszopf aus dem Niederlagensumpf zu ziehen, die einst große Partei nur noch weiter hineintunken.