Das Schweizer Magazin „Die Weltwoche“ gab dem Hamburger AfD-Gründungsmitglied und Beobachterin der Kölner Hooligan-Demo, Tatjana Festerling, letzte Woche die Möglichkeit, ihre Wahrnehmung der Demonstration zu schildern. Jetzt erklärte der Chefredakteur Roger Köppel warum er dies tat.
Die Schweizer „Weltwoche“ sieht Aufklärungsbedarf. Sie gab der in den deutschen Medien unter Druck gesetzten Tatjana Festerling, Gründungsmitglied der Hamburger AfD, die am 26.Oktober 2014 die Hooligandemo in Köln besuchte und ihre Wahrnehmung der Geschehnisse schilderte, „journalistisches Asyl“, wie Chefredakteur Roger Köppel, einst Chefredakteur von Springers „Welt“, es in einem Interview mit dem Schweizer „Kleinreport“ formulierte. Wörtlich sagte er: Die „Weltwoche“ ist eine autonome Republik des freien Denkens»(…) «Frau Festerling kam mit ihrer Meinung in Deutschland unter Druck, also gewährten wir ihr journalistisches Asyl – in bester humanitärer Tradition der Schweiz.»
Die Festerlingsche Wahrnehmung des Geschehens vor Ort weicht diametral von den sehr abstrakt gehaltenen Schilderungen, die flächendeckend in den deutschen Medien nachzulesen, nachzuhören, nachzusehen sind, ab. Der angezeigte Faktencheck, was denn nun tatsächlich genau auf der Demonstration geschah, wie es zu 44 verletzten Polizisten kam, welche Sachschäden es außer einem umgestürzten Polizeifahrzeug gab, wie es zu den jetzt bekannt gewordenen 20 000 Euro Schaden kam, ob die Demonstranten tatsächlich von der Polizei eingeschlossen wurden, und vieles mehr, wurde bisher nicht gerichtsbelastbar, geliefert.
Das ist beunruhigend. Die Kölner Innenstadt ist mit öffentlichen Überwachungskameras gepflastert. Es wäre also ein leichtes, Licht ins Dunkel zu bringen. Oder will man das gar nicht? In Berlin, Hamburg und Hannover sollen angemeldete Hooligandemos, mit der Begründung nicht zu genehmigen sein, dass das Grundrecht der Demonstrationsfreiheit nicht griffe, so jedenfalls Überlegungen der dortigen Politik: Weil es sich mangels politischer Botschaft nicht um eine Demonstration, sondern um reine Gewaltorgien handele. Hooligans, die nur Gewalt wollen, wollen in Wahrheit gar nicht demonstrieren – das wäre eine fragwürdige Begründung, zumindest solange die Fakten nicht feststehen.
Und andere Gewalttäter dürfen demonstrieren? Da kommen Erinnerungen hoch an Joschka Fischers und Daniel Cohn-Bendits „Putzgruppe“ – das war kein Studenten-Ulk, sondern ganz praktisch die „Proletarische Union für Terror und Zerstörung“, und zwar wortwörtlich. In fast allen einschlägigen linksradikalen Demonstrationen geht es seither routiniert ausschließlich um Gewalt. Egal, ob es sich um den 1. Mai in Berlin und Hamburg handelt oder um den „Schwarzen Block“, der bevorzugt bei Attac-Veranstaltungen Menschen niederprügelt – das alles wird sehr durchschaubar bemäntelt mit nur notdürftig formulierten politischen Zielen. An die linksradikalen Ausschreitungen, die in der Bundesrepublik teils auch bürgerkriegsähnliche Ausmaße annahmen, wurde die Gesellschaft gewöhnt. Und es gibt auch jenen Typus Hochglanzanwälte, die das Demonstrationsrecht für ihre Klientel spätestens vor Gericht immer wieder durchsetzten. Wenn dagegen ein Anwalt, dessen Mandantschaft Hooligans heißt vor irgendeinem Gericht aufkreuzt, dann hat er einen völlig anderen Stallgeruch und kann sich nur noch auf das Gleichheitsprinzip vor Gott, aber nicht mehr auf das Gleichheitsprinzip vor Gericht berufen.
Ach ja, und wer zahlt nochmal die exorbitanten Honorare der Rechtsanwälte der exzessiv gewaltversessenen Linksradikalen, die regelmäßig einen auf Hartz 4 machen? So ein Anwalt, der seinem bürgerlichen Publikum ohne Honorarvereinbarung mit Stundensätzen ab 1000 Euro aufwärts nicht einmal Guten Tag sagt? Wer sind die Sponsoren der linksradikalen Gewalttäter? Und überhaupt, bist Du Linksradikalen- oder Linksterroristenanwalt wirst Du später Bundesinnenminister oder hessischer Justizminister oder wie im Fall des doch wohl einigermaßen in RAF-Sachen verstrickten Christian Ströbele vielleicht auch Dauerabgeordneter und grünes Obergewissen der Nation. Oder Bundeskanzler, wenn du zufällig aus dem Hannoveranischen kommst. Bist Du NSU-Anwältin, kriegst Du Ärger mit der Kammer, den Kollegen und der Öffentlichkeit, denn das eherne Gesetz, dass kein Beklagter ohne Anwalt sein darf, gilt in diesem Fall nicht. Achja, wer zahlt noch mal gleich die vielen Dutzend Millionen Euroschäden, die linksradikale Gewalt im Laufe der Zeit zusammengetragen hat, inklusive der Behandlungskosten der krankenhausreif verletzten Polizisten? Wer zahlt den Einsatz von Zigtausenden Polizisten, wenn ein Castor-Transport durch das Land rollt und die Grünen und die Protestbauern aus Gorleben dagegen protestieren? Schon klar, der Steuerzahler und die Versicherungen. Ja, wenn die zahlen, dann gibt’s ja eigentlich gar keinen Schaden.
Und wie wird der Schaden einer gewalttätigen Demonstration definiert? Das hängt davon ab, ob man den Schaden hochjubeln oder auf Null herunter minimieren will. Reist ein Polizist zum Dienstantritt auf einer Demonstration mit seinem Auto an und verursacht beim Einparken einen kleinen Schaden, ist das dann ein Schaden, der durch die Gewaltdemonstration erzeugt wurde? Ist es ein Umweltdelikt, wenn die aggressiv gewaltbereiten Autonomen einen alten, ergo, FCKW enthaltenden Kühlschrank aus einem mehrgeschossigen Gebäude auf Polizisten werfen, wie jüngst in Hamburg geschehen? Oder ist die Entsorgung von Umweltgiften in solchen Fällen eine Selbstverständlichkeit und also gar kein Delikt?
Die Beweislast kann nicht in der Mitte durchgeschnitten werden
Der Teufel steckt bekanntlich im Detail, und deswegen bahnt sich mit den unkonkreten Einlassungen vieler Behörden zu den Hooligandemonstrationen und den daraus abgeleiteten vagen Begründungen für deren Untersagung eine unheilvolle neue Praxis an. Es ist ausgeschlossen, dass alle Welt schreit, dass die Demonstrationsfreiheit ein hohes Rechtsgut sei, um dann gleichzeitig nach einem Verbot zu rufen, wenn es beispielsweise um Hooligans geht. Ein Grundrecht darf nicht nach Belieben weg administriert werden. Grundrechte schützen ja gerade vor solcherart hoheitliche Willkür. Deshalb geht es nicht um die Verharmlosung rechter Gewalt und auch nicht um die gegenseitige Aufrechnung von Gewalttaten. Es geht um den Schutz des Grundrechts auf Demonstration, das die Linke jetzt für sich monopolisieren will.
Die gesellschaftliche Schizophrenie in Sachen politischer Justiz wird durch den aktuellen Hooliganfall in besonders krasser Form deutlich. Noch auf jeder linksradikalen Gewaltveranstaltung war das Ergebnis am Ende immer: Die Polizei war der eigentliche Täter, der eigentliche Provokateur, die Polizisten hatten selber Schuld usw. usf. Die Leier ist bekannt. Bei einer Hooligandemo führen diejenigen, die die Polizisten notorisch Bullenschweine nennen und ihre Hasskappen gegen die Polizei immer dabei haben, jeden verletzten Polizisten in Köln als Beweis für die Gewalttätigkeit der Hooligans. Hier werden Opfer instrumentalisiert. Besonders bedenklich ist es, wenn die Polizei selber diese Schizophrenie auch noch beflügelt.
Hooligangewalt ist zu verurteilen, ohne wenn und aber. Rechtsradikalen oder Neonazis, die sich unter eine Hooligandemonstration mischen, muß mit den gebotenen staatlichen Mitteln entgegengetreten werden. Aber hoheitliche und öffentliche, höchst willkürliche Unterscheidung von Gewaltkriminalität in linke, rechte, islamistische oder sonstige Gewalt, ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Die unterschiedliche Ausschöpfung des hoheitlichen Reaktions-oder Sanktionsrahmens je nach Gusto oder gerade herrschendem Zeitgeist ist mit dem Grundgesetz nicht zu machen.
Der Rechtsstaat beweist sich gerade dort, wo die Meute versagt. Und der Rechtsstaat ist eben systematisch hoheitlich beschädigt, wenn eine Küstenbarbie das linksradikale Milieu ganz offensichtlich zu einer hochdotierten Privatsheriffveranstaltung umfunktioniert um auf eine sehr diffuse Weise Rechtsradikalismus mit autonomen Guerilleros bekämpfen zu lassen. Dann stinkt der Rechtsstaat.
Man muss, wenn man die Rechtswirklichkeit, die entscheidende Bedeutung bei der Rechtsfindung hat, beurteilen will, sehr viel tiefer und präziser in die Demonstrationsgeschichte der Bundesrepublik einsteigen, als es bei den jetzt angedachten Schnellverfahren gegen Hooligans geschieht. Bei der exzessiven, radikal linken Gewalt ist die Demonstrationsfreiheit des Grundgesetzes seit Jahrzehnten überdehnt worden. In der Tat ist angesichts dieser überdehnten Rechtspraxis das jetzt angedachte Kappen der grundgesetzlich geschützten Demonstrationsfreiheit auf Verwaltungsebene zwar verständlich – aber trotzdem eine verfassungsrechtlich bedenkliche Aushebelung des Grundrechtes der Versammlungs-und Demonstrationsfreiheit. Im Gesetzgebungsbereich würde man das ein Maßnahmegesetz nennen. Maßnahmegesetze sind verfassungswidrig.
Die Beweislast für solche Vorkommnisse wie Gewalt, Naziverherrlichung, Exzesse, was immer genau „Exzesse“ verfassungsrechtlich sein mögen, hat der Staat. Aufgeblasenen Worthülsen reichen nicht. Auch die Beweislast, die sich letzten Endes auch aus der Verfassung ergibt, ist in jedem Strafverfahren eine der wichtigsten Rechtskategorien – und die ist unteilbar. Die kann nicht auch nach materialrechtlichen Überlegungen in der Mitte durchgeschnitten werden, nach dem Motto: linksradikale Gewalt ist gute Gewalt und Hooligangewalt ist böse Gewalt. Man muss klar sehen: Die neue im Raum stehende Rechtspraxis, grundgesetzlich geschützte Demonstrationen mit dem Trick zu verbieten, dass es sich nicht um Demonstrationen, sondern um nackte Gewaltanwendung handelte und dass ohnehin alle politisch ideellen Ziele nur vorgeschoben seien, lässt keine einzige linksradikale Demonstration in Zukunft in der Bundesrepublik mehr zu. Es kann sein, dass die Hooligandemos rechtmäßig zu verbieten sind. Wer kann das schon genau beurteilen, wenn jeder werthaltige Faktencheck, inzwischen wird man es so formulieren müssen, unterdrückt wird. Der Faktencheck ist jetzt zur Bringschuld der Polizei, der Verfassungsschützer, der Politik und der Medien geworden.
So gesehen ist die journalistische Asylgewährung der Schweizer Weltwoche nur ein letzter Rest abendländischer Rechtskultur. Ein letzter Rest, weil offenkundig sonst alle öffentlichen Stimmen dasselbe Einheitslied singen. Lediglich in der kleinen „Leipziger Internetzeitung“ äußert sich ein Demonstrationsteilnehmer, SPD-Stammwähler und Ex-Hooligan, wie er sich selbst bezeichnet und liefert eine ziemlich kongruente Darstellung von dem Demonstrationsgeschehen, wie zuvor Festerling.
Und Barack Obama?
Der hat es immer noch nicht verstanden: er bleibt immer noch dabei, dass Ebola, Russland und Isis die großen Gefahren der Gegenwart wären. Eine Aktualisierung ist von ihm offenbar nicht zu erwarten. Er nimmt die deutschen Hooligans, die hierzulande die drei großen Themen der Gegenwart verdrängt haben, beharrlich nicht einmal wahr.