Tichys Einblick
KPD-SPD-SED-PDS-Linke: Fortsetzungspartei

Die schmutzige Vergangenheit der Linken

Mit Geschick hat es die Partei Die Linke vermocht, sich als linke Kraft in Deutschland zu etablieren. Doch ihre Wurzeln liegen in der DDR – das merkt man bis heute.

imago Images/IPON

Die Erklärung war eindeutig. Am 28. April 2009 versicherte Dr. Karl Holluba vor dem Berliner Landgericht an Eides statt: „Ich bin Bundesschatzmeister der Partei ,DIE LINKE‘. Daher weiß ich: ,DIE LINKE‘ ist rechtsidentisch mit der ,Die Linkspartei.PDS‘, die es seit 2005 gab, und der PDS, die es vorher gab, und der SED, die es vorher gab.“

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Auf der Website der Linken sucht man diese Erklärung vergeblich. Denn sie räumt mit dem weit verbreiteten Irrtum auf, die Partei sei eine Neugründung oder zumindest ein Zusammenschluss zweier Parteien aus Ost und West. In Wirklichkeit ist die Linke noch nicht einmal eine Nachfolgepartei, wie sie von Journalisten zuweilen genannt wird. Der Erklärung ihres Schatzmeisters zufolge wäre vielmehr die Bezeichnung „Fortsetzungspartei“ am zutreffendsten.

Eigentlich hätte die Erklärung des Schatzmeisters noch um einen weiteren Halbsatz ergänzt werden müssen. Die Linke ist nämlich auch noch „rechtsidentisch“ mit der KPD, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Ostdeutschland die Macht übernahm. Aus diesem Grund erhielt die Partei 1995 auch deren einstige Zentrale in Berlin als „materiell-rechtsstaatlich erworben“ zugesprochen.

Mit den Wurzeln der Partei beschäftigen

Um die Linke zu verstehen, kommt man nicht umhin, sich näher mit ihren Wurzeln zu beschäftigen. Sie selbst widmet sich in ihrem Programm dieser Herkunft in epischer Breite. Das Licht der Welt erblickte die Partei zur Jahreswende 1918/19, als radikale linke Gruppen die KPD gründeten, um in Deutschland eine Sowjetrepublik wie in Russland zu errichten. Unter ihrem späteren Vorsitzenden Ernst Thälmann wurde sie bald zu einer stalinistischen Kaderpartei. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten emigrierte die Parteiführung nach Moskau, wo nur die skrupellosesten Funktionäre die Säuberungen überlebten.

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Eben diese ließ der sowjetische Diktator Josef Stalin 1945 nach Ostdeutschland einfliegen, um die von den Nazis zerschlagene KPD wieder aufzubauen. Walter Ulbricht und Wilhelm Pieck standen an ihrer Spitze. Mit Hilfe der sowjetischen Besatzungsmacht zwangen sie die SPD ein Jahr später, sich mit der KPD zur SED zu vereinigen. Dann machten sie aus dieser eine marxistisch-leninistische Kaderpartei, die die DDR 40 Jahre lang diktatorisch regierte.

Erst die Proteste im Herbst 1989 führten zur Entmachtung der SED. Die Partei war damals derart diskreditiert, dass viele Mitglieder deren Auflösung forderten. Doch ihr neuer Vorsitzender Gregor Gysi sorgte dafür, dass sie sich lediglich umbenannte – ab Dezember in SED-PDS, ab Februar 1990 nur noch in PDS. Auf diese Weise wollte Gysi das riesige Vermögen der Partei retten, denn dies war für ihn, wie er auf dem Parteitag im Dezember 1989 erklärte, eine „Überlebensfrage“.

Organisatorische, personelle und ideologische Kontinuität

Nach der Wiedervereinigung drohte die Partei erneut unterzugehen – weil die Wählerstimmen im Osten nur knapp ausreichten, um in den Bundestag zu kommen. Bei der Bundestagswahl 2002 verfehlte sie dann die Fünf-Prozent-Hürde. Gysi suchte deshalb Kontakt zum ehemaligen SPD-Chef Oskar Lafontaine, der der neu gegründeten Protestpartei WASG beitrat, um diese mit der PDS zusammenzuführen. Zu diesem Zweck nannte sich Gysis Partei 2005 ein weiteres Mal um – diesmal in Linkspartei.PDS, wobei die westdeutschen Landesverbände das Anhängsel „PDS“ gern unterschlugen.

Als der Plan der Westausdehnung umgesetzt wurde, gab sich die Partei 2007 wieder einen neuen Namen: Die Linke. Doch anders als ihre Funktionäre behaupten, handelte es sich dabei nicht um eine Fusion, sondern um einen Beitritt der WASG zur Linkspartei.PDS. Die beiden Parteien wurden auch nicht, wie man bei Wikipedia lesen kann, miteinander „verschmolzen“. Vielmehr wurde die WASG „auf die Linkspartei.PDS verschmolzen, wobei das Vermögen der WASG auf die PDS übertragen und den Mitgliedern der WASG die Mitgliedschaft in der PDS gewährt wurde“. Auch dies steht so in der Erklärung des Linken-Schatzmeisters.

Man muss diese Geschichte vor allem deshalb in Erinnerung rufen, weil sie Folgen bis in die Gegenwart hat. Denn die Entwicklung von der KPD zur SED und später zur Linken schlägt sich bis heute in einem hohen Maß an organisatorischer, personeller und ideologischer Kontinuität nieder. Augenfällig wird dies bereits im Sitz des Parteivorstandes. Denn da, wo die Linken-Chefs Katja Kipping und Bernd Riexinger ihr Büro haben, residierte auch schon Ernst Thälmann. Auf der Hauswand prangt der Name des KPD-Begründers Karl Liebknecht und die mit der Partei verbundene Stiftung ist nach dessen Mitstreiterin Rosa Luxemburg benannt. Alle drei wurden in der DDR wie Säulenheilige verehrt.

Mehr als 17 Prozent der Abgeordnetnen waren SED-Genossen

Die Luxemburg-Stiftung hat ihren Sitz in einem ähnlich vorbelasteten Gebäude – das Berliner Hochhaus, in dem seit DDR-Zeiten das SED-Zentralorgan „Neues Deutschland“ residiert. Das Gebäude und die Zeitung gehören zur Hälfte der Linken, die andere Hälfte übereignete sie einem ehemaligen Stasi-Offizier.

Auch personell herrscht in der Partei ein hohes Maß an Kontinuität – obwohl seit dem Ende der DDR bereits 30 Jahre vergangen sind. Mehr als 17 Prozent der Linken-Abgeordneten im Bundestag sind alte SED-Genossen. Viele von ihnen verschweigen dies allerdings oder tun so, als hätten sie 1990 die Partei gewechselt.

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Gregor Gysi zum Beispiel unterschlägt seine langjährige SED-Mitgliedschaft in seiner Bundestagsbiografie. Dabei trat er der Partei schon unter Ulbricht bei, war in der SED ein hoher Nomenklaturkader und 1989 ihr letzter Vorsitzender. Auch Fraktionschef Dietmar Bartsch lässt seinen politischen Werdegang auf der Website des Bundestages erst 1991 beginnen, obwohl er bereits 1977 SED-Mitglied wurde und später bei einem Institut des ZK der KPdSU in Moskau promovierte.

Sieben Linken-Abgeordnete waren dabei nicht nur Mitglied der SED, sondern arbeiteten als hauptamtliche Funktionäre für sie oder ihre Jugendorganisation. Prominentestes Beispiel ist Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau, die zu DDR-Zeiten Mitarbeiterin des Zentralrates der FDJ war. Mit Diether Dehm und Thomas Nord gehören der Bundestagsfraktion der Linken auch zwei ehemalige Stasi-Mitarbeiter an – wenn man den Fall Gysi nicht mitzählen möchte. In den ostdeutschen Landtagen ist die personelle Kontinuität noch größer. In Thüringen etwa, wo die Linke den Ministerpräsidenten stellt, sind 28 Prozent ihrer Abgeordneten alte SED-Genossen. Auch von ihnen arbeiteten viele hauptamtlich für die Partei. Die thüringische Landtagspräsidentin Birgit Keller war zum Beispiel früher Mitarbeiterin der SED-Kreisleitung Nordhausen. Der ehemalige Landesvorsitzende Knut Korschewsky war Sekretär der FDJ-Kreisleitung Suhl. Seine Fraktionskollegin Karola-Elke Stange war Mitarbeiterin der SED-Kreisleitung Erfurt – um nur einige Beispiele zu nennen.

Durchschnittsalter der Mitglieder bei 55 Jahren

An der Basis der Partei zeigt sich ein ähnliches Bild. Auch wenn die Linke in der Öffentlichkeit gerne jüngere Leute präsentiert, liegt das Durchschnittsalter ihrer Mitglieder bei 55 Jahren. Mehr als die Hälfte von ihnen lebt im Osten, obgleich dort nicht einmal 17 Prozent der Gesamtbevölkerung wohnen. Die über 50-Jährigen sind dort fast immer alte SED-Genossen.

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Aus diesem Grund hat bis heute kein Parteitag der Linken die DDR klipp und klar verurteilt. Stattdessen werden – etwa im Parteiprogramm – vor allem deren vermeintliche „Errungenschaften“ gelobt. Selbst als moderat geltende Politiker wie Bodo Ramelow lehnen den Begriff „Unrechtsstaat“ für die DDR entschieden ab. Kritik gibt es allenfalls am Stalinismus oder punktuellen „Erfahrungen staatlicher Willkür und eingeschränkter Freiheiten“, wie es im Parteiprogramm heißt – um dann mit umso größerer Verve für den wahren Sozialismus einzutreten. Erklärtes Ziel der Linken ist es bis heute, in Deutschland einen „Systemwechsel“ herbeizuführen und den Kapitalismus zu „überwinden“.

Während man sich früher damit trösten konnte, dass die sozialistische Propaganda letztlich folgenlos bleibt, hat sich dies inzwischen geändert. Vor allem in Berlin, wo die Linke seit Ende 2016 an der Regierung beteiligt ist, lässt sich beobachten, wie die Partei – mit Rückendeckung von SPD und Grünen – die Stadt zielgerichtet umbaut. Beispiel Kultur: Gleich im ersten Amtsjahr veranlasste der zuständige Senator der Linken, dass die atheistische Vereinigung „Humanistischer Verband“ den Kirchen gleichgestellt wurde. Der Verein, der unter maßgeblicher Beteiligung des Linken-Politikers Klaus Sühl gegründet wurde, organisiert Namens- und Jugendfeiern wie in der DDR und protestierte unlängst gegen die Wiederanbringung eines Kreuzes auf dem Berliner Stadtschloss. Ein Jahr später sorgte derselbe Senator dafür, dass die Gedenkstätte im ehemaligen Stasi-Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen personell und politisch neu ausgerichtet wurde.

Keine zufälligen Erinnerungen an die DDR

Ähnliches gilt für die Wohnungspolitik. Als die Linken-Politikerin Katrin Lompscher Bausenatorin wurde, machte sie als Erstes einen früheren hauptamtlichen Stasi-Mitarbeiter zum Staatssekretär. Später setzte sie durch, dass Berlin die Mieten staatlich festlegte, wodurch sich das Angebot an Mietwohnungen um die Hälfte reduzierte. Die Senatorin, die der SED seit 1981 angehört und kürzlich wegen Steuerhinterziehung zurücktrat, unterstützte auch ein linkes Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co enteignen“. Neuerdings will die Partei, dass der Staat den Wohnungsbau selbst in die Hand nimmt und sogar landeseigene Kaufhäuser betreibt.

Das alles erinnert nicht zufällig an die DDR. Rechtsfreie Räume für Linksextremisten, eine Ideologisierung vieler Institutionen und Lebensbereiche sowie eine unverhüllt unternehmerfeindliche Wirtschaftspolitik sind in Berlin inzwischen zur Normalität geworden. Mit dem Frauentag (8. März) und dem Tag der Befreiung (8. Mai) hat die Stadt in diesem Jahr sogar gleich zwei traditionelle Propagandatage der SED zum Feiertag erklärt. Auch in dieser Beziehung erweist sich die Linke als Fortsetzungspartei.


Dieser Beitrag erschien zuerst in Die Tagespost. Katholische Wochenzeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung zur Übernahme.

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