Es ist der jüdische Historiker Michael Wolffsohn, der es wieder einmal auf den Punkt bringen muss. Kaum einer traut sich ja, dem antifaschistischen Bildersturm der „Gutmenschen” aus Staat und Kirchen etwas entgegen zu halten. Die Mehrheit kuscht, und ein „unverdächtiger“ Kollege fragte mich erstaunt: „Warum gibts dagegen denn keinen Aufstand gegen diesen Unsinn?!“ Also: der U-Bahnhof Mohrenstraße soll (sozusagen als Testballon) sofort (!) umbenannt werden. Und zwar nach der angrenzenden Glinkastraße. Klar, so ein russischer Komponist klingt schon anders als der Mohr aus finsteren Zeiten. „Endlich setzt die BVG Zeichen,“ bejubelte die antirassistische Schickeria in den Medien die „weise Entscheidung“ der Berliner Verkehrsbetriebe. Als hätte man mit der Streichung eines uralten Traditionsnamens die deutsche Geschichte „bereinigt“ und den Rassismus besiegt.
Doch erstens kommt es anders und zweitens, als man denkt! Michael Wolffsohn heute in BILD sarkastisch: „Toll, jetzt soll die Mohrenstraße nach einem weißen und männlichen Antisemiten benannt werden!“ Denn mit einem Hauch von Bildung und ein paar Stunden Geschichts- und Musikunterricht könnte jeder das wissen. Es reicht ja schon, den Mohren durch einen Russen zu ersetzen (vielleicht sogar der Lieblingskomponist von Putin und dem Ehepaar Schröder?!). Doch Michail Iwanowitsch Glinka (1804 – 1857) war zudem ein handfester Antisemit.
Berlin, einst Metropole der Dichter und Denker, steigt von der Champignons League in den tiefsten Kreisliga-Keller der Provinz. Es scheint keine Historiker und Philosophen mehr in dieser bildungsfernen Stadt („arm aber sexy“) zu geben, die über ein Minimum an Wissen verfügen, um diesen Irrsinn zu stoppen. Besser: die Mut und Mumm haben, sich den dummen Ideologen oder den ideologischen Dummen in den Weg stellen. Hoffentlich sind die neuen Schilder des Antisemitismus-U-Bahnhofs schon geschrieben. Dann werden zur Strafe für die schweigende Mehrheit auch noch die Fahrpreise erhöht.
Man kann gespannt sein, nach welcher Frau nun die inzwischen weltbekannte Station mitten in Blamage-Berlin benannt wird. Denn die muss es sein. Das Zentrum des Wahnsinns, also die Berliner Regierenden, haben 2005 beschlossen: Erst wenn die Hälfte aller Straßen nach Frauen benannt ist, dürfen wieder Männer ran. Aber bestimmt keine alten weißen, keine Corona-Leugner oder Verschwörungstheoretiker — und nichts, was rechts von Claudia Roth steht. Ausgenommen natürlich russische Antisemiten, die scheinen dem Bildungsbürgertum ja offensichtlich willkommen. Doch, es gab schon zwei Ausnahmen: die Rudi-Dutschke-Straße und eine nach dem ermordeten Hausbesetzer Silvio Meier benannte. Man muss eben Prioritäten setzen.
Ich kommentierte damals: Nun hat man die Frau endlich wieder dort, wo man sie weghaben wollte — als Anhängsel ihres Mannes, „die ihm zeitlebens den Rücken freihielt“, wie es in den Annalen verzeichnet ist. Dumm gelaufen also. Die alles entscheidenden Grünen der Öko- und Gutmenschen-Schickeria, weniger in Geist und Bildung bewandert als in Champagner- und Modemarken, waren zutiefst erschrocken über die ätzenden Zeilen des alten weißen Mannes aus der westfälischen Provinz und ersannen einen neuen Vorschlag. Der hatte es in sich: Die Feministin Rahel Varnhagen! Von 1771 bis 1833 lebte sie in Berlin. Endlich eine Frau, und nur eine Frau. Kein Mann und kein Anhängsel, lieber Herr Hahne.
Herr, schick Hirn! Denn ein Blick in den Lebenslauf (sowas soll man, wenn man es selber schon nicht weiß, „googeln“ können) zeigte: die gute Frau hatte zwar einen jüdischen Namen und war als Jüdin geboren, doch im Laufe ihres Lebens konvertierte sie zum christlichen Glauben und ließ sich taufen. Toll, ätzte jener alte weiße Hahne in der Bild am Sonntag: Das ist doch mal ein echtes Zeichen direkt vor dem Jüdischen Museum, das die Herzen höher schlagen lässt. Und ganz nebenbei: Dann sollte man den Platz vor der Zentrale der „Grünen“ gegenüber der Charite doch gleich in Otto-Schily-Platz umbenennen. Sozusagen in einem Abwasch.
Und die Moral von der Geschicht´: Das kommt davon, wenn Dummheit sich mit Ideologie paart und mit seltenem Sendungsbewußtsein unter das dumme Volk gestreut wird. Die Gesamtschulen und die Geschichtsunterricht-befreiten Gymnasien lassen grüßen. Mal sehen, was jetzt aus dem Mohren-Glinka-U-Bahnhof wird.