Tichys Einblick
Olaf Scholz und die Europawahl

Die Niederlage des Kanzlers

14 Prozent in der Prognose für die SPD. Die Kanzlerpartei hat massiv mit dem Kanzler für die Europawahl geworben – und wurde dafür abgestraft. Der Kanzler und sein Land stehen jetzt vor bleiernen 15 Monaten.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Michael Probst

Die SPD hat einen Hoffnungsträger: Toni Kroos. Nicht weil sich der Mittelfeldspieler öffentlich gegen die AfD stellt. Wenn das Land derzeit etwas im Übermaß hat, dann sind es Promis, die sich politisch zum Mainstream bekennen. Toni Kroos könnte Deutschland vielmehr Minimum bis ins Halbfinale der Europameisterschaft schießen und somit etwas Euphorie auslösen. Eine Euphorie, die Olaf Scholz bitter nötig hätte.

Olaf Scholz ist unbeliebt. Der deutsche Kanzler ist der unbeliebteste Regierungschef weltweit. Trotzdem hat die SPD im Wahlkampf auf ihn gesetzt. Auf ihn und auf Katarina Barley. Sie war Spitzenkandidatin der SPD im Europawahlkampf 2019. Sie holte das schlechteste Ergebnis der Partei aller Zeiten bei bundesweiten Wahlen. Eine historische Wahlverliererin und der unbeliebteste Regierungschef der Welt. Zusammen ergibt das doch ein tolles Team, dachte sich die SPD. Nun. Sozialdemokraten und Mathematik: Ja, Minus mal Minus ergibt Plus. Aber Minus plus Minus ergibt halt elendig viel Minus. 14 Prozent laut Prognose und erster Umfrage in der Europawahl.

Nun hat Scholz keinen Hebel, an dem er ansetzen könnte. Das Kabinett hat er schon umgebildet: Als er die gnadenlos überforderte Christine Lambrecht durch Boris Pistorius im Verteidigungsministerium ersetzte. Dadurch sind zu wenig Frauen in der Regierung, um die selbst gesetzte Quote zu erfüllen. Wenn Scholz das Kabinett umbauen wollte, müsste er eine Frau aus dem Hut zaubern. Doch die hat er nicht. Malu Dreyer ist durch die Flut desavouiert, Manuela Schwesig durch ihre Nähe zu Wladimir Putins Russland. Auf den Hinterbänken des Bundestages sitzen nur gerade geschliffene Parteisoldatinnen. Kein Personal, mit dem sich eine Wende einleiten ließe.

Also wird Scholz auf „Gegen Hass und Hetze“ setzen. Das war der Slogan während des Europawahlkampfs. Vor dem Wähler scheiterte die Konzentration auf den Kampf gegen die AfD und andere rechte Parteien wie die Werteunion zwar. Trotzdem wird Scholz weiter auf „Gegen Hass und Hetze“ setzen. Im übertragenen Sinn. Seine Innenministerin und Parteifreundin Nancy Faeser steht im Mittelpunkt dieses Kampfes. Sie wurde vor einem halben Jahr selbst vom Wähler gnadenlos abgewiesen. Auf den Wähler können Scholz und Faeser folglich nicht hoffen. Also werden sie weiterhin im Sinne des „Kampfs gegen Rechts“ eigene Medien aufbauen, wohlwollende Medien mit Steuergeld massiv unterstützen und kritischen Medien sowie politischen Gegnern mit Gesetzen, Gerichten und Verfassungsschutz die Freiheit nehmen, zu sagen, wie schlecht Olaf Scholz das Land regiert.

Scholz ist kein Kanzler, der führt. Er ist ein Kanzler, der sich treiben lässt. Deswegen kann er nicht umsteuern. Und deswegen wird es mehr vom Bisherigen geben: höhere Steuern und Abgaben statt einer Entlastung der Bürger. Noch mehr Schulden. Finanzielle Geschenke für NGO und andere politische Vorfeldgruppen. Grüne Deindustrialisierung. Vor allem aber die Drangsalierung politischer Gegner. Die Vernichtungskampagne gegen die wirtschaftliche Existenz des Börsen-CEO, Theodor Weimer, gibt einen ersten Vorgeschmack darauf, was denen blüht, die offen aussprechen, wie sich die Politik der Ampel konkret auswirkt. Es wird eine zähe Zeit bis zur Bundestagswahl im Herbst kommenden Jahres. Definitiv für die Bürger. Vielleicht auch für den Kanzler.

Es sei denn, Toni Kroos rettet ihn. 3:0 gegen Schottland. Noch besser: 6:0 gegen Ungarn. Ein sportlicher Sieg gegen den Klassenfeind war schon oft die große Hoffnung wirtschaftlich erfolgloser linker deutscher Regierungen. Dazu ein Kanzler als Klatschpappe. Der freundliche kleine Mann auf der Fußballtribüne könnte die nächste große Rolle des Olaf Scholz heißen. Sein Grinsen könnte umgedeutet werden. Es würde nicht mehr den Bürger auslachen – es wäre ein Symbol für sympathische Freude über deutsche Fußballerfolge. Wenn Toni Kroos die Deutschen denn nur Minimum bis ins Halbfinale führen würde. So oder so. Die SPD könnte 2025 Kroos plakatieren – schlechter als mit Olaf Scholz und Katarina Barley würde es wohl auch nicht werden.

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