In der letzten Wahlkampfwoche vor den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg geht es um die Frage: Wie rechtsradikal sind die Sachsen? Haben die Bürger in Chemnitz „Hetzjagden“ veranstaltet, wie unmittelbar nach der Bluttat und einer Situation öffentlichen Entsetzens die Bundeskanzlerin behauptete und wie es viele Medien verbreitet haben? Im Mittelpunkt steht der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen – er hatte die Darstellung der Hetzjagden in Frage gestellt und war im Zuge der folgenden Auseinandersetzungen entlassen worden. Trotzdem macht Maaßen, der Mitglied der konservativen Werteunion innerhalb der CDU ist, in Sachsen und Brandenburg Wahlkampf für die Partei, deren Spitzenvertreter ihm so übel mitgespielt haben: Zuletzt verlangte die neue Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer, brav in Verteidigungslinie mit der Bundeskanzlerin, seinen Ausschluss aus der Partei – wollte es rückgängig machen, dann doch wieder nicht. Es ist ein Verwirrspiel um Fakten, an dem sich die CDU, ihr sächsischer Spitzenkandidat Kretschmer und einige Medien beteiligen.
Angriff aus Frankfurt
Eine „Sensation“ verbreitete die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: auf einer CDU-Wahlkampfveranstaltung in Plauen verfolgte sie die Diskussion des früheren Verfassungsschutz-Chefs Hans-Georg Maaßen mit Besuchern einer CDU-Wahlkampfveranstaltung. Auf die Frage aus dem Publikum ob es denn Hetzjagden gegeben habe, sagte er: (Zitate laut FAS): „Es ging dabei zuallererst um jenes berühmte kurze Handy-Video, auf dem ein Mann einem anderen hinterherrennt, der vermutlich Ausländer ist. Es ist unter anderem auch durch eine liebevoll-strenge Stimme aus dem off legendär geworden, mit welcher eine Frau ihren mutmaßlich ebenfalls rennbereiten Mann mit den Worten „Hase, du bleibst hier“ davon abhält, sich an der Jagd zu beteiligen. Dieses Paar, sagte Maaßen nun, habe schließlich längst erklärt, wie es wirklich gewesen sei, damals in Chemnitz. In einem Interview mit einer rechten Website hätten „die Frau und ihr Hase“ doch längst erklärt, dass es keine Hetzjagd gegeben habe. Also genau das, was er selbst immer gesagt habe.“
Soweit zu Maaßen. Aber nun steigt die FAS in Recherche ein – ohne die Quelle, Tichys Einblick zu nennen – das könnte ja zur Nachprüfbarkeit führen. Die FAS also: „Wer das Interview der Frau und ihres Hasen nachliest, stellt allerdings fest, dass der Beweis nicht schlüssig ist. Ihre Aussäge lässt sich schon deshalb schwer überprüfen, weil weder Mann noch Frau bereit waren, ihre Namen zu nennen. Zudem ändert ihre bloße Behauptung niemand sei gehetzt worden, nichts daran, dass auf dem berühmten Video ein ausländisch aussehender Mann eindeutig (wenn auch nur für Sekunden und ohne Erfolg) aus der Mitte einer Gruppe von mutmaßlichen Rechtsextremisten angegriffen und verjagt wird.“
Diese Aussage von Maaßen „entfalteten seine Worte die Wirkung eines Ziegelsteins, der in den Karpfenteich plumpst“, so das Blatt weiter. CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer jedenfalls erklärte Maaßen umgehend zur Persona Non Grata in Sachsen: „Die Debatte um die Ausschreitungen in Chemnitz hat sich durch ihn verlängert, was Sachsen geschadet hat„, sagte Kretschmer dem Nachrichtenmagazin Der SPIEGEL am Wochenende vor der Landtagswahl in seinem Bundesland. Das ist überraschend: Der Aufklärer wird für seine Aufklärung gescholten. Kretschmer wäre es wohl lieber, das Bild des rechtsradikalen Sachsen, wie es Merkel mit befördert hat, bliebe intakt.
Gab es wirklich Hetzjagden?
Nun hat sich die Debatte nicht verlängert – vielmehr beginnt sich eine Wahrheit herauszuschälen, die weder Bundeskanzlerin Merkel noch Michael Kretschmer ins Konzept passen kann: An den Hetzjagden ist nicht so viel dran gewesen. Denn die Familie Hase ist keineswegs so im Dunklen, wie die FAS suggeriert und wie am Montag die FAZ nachlegte: Das Ehepaar „könne“ eine eidesstaatliche Versicherung vorlegen: Das Paar hat schon zu Beginn eine eidesstaatliche Versicherung abgegeben, die TE belegt und als Basis unserer Recherche veröffentlicht hat (siehe Seite 2). Aber solche Details gehen eben unter, wenn schneller geschrieben als recherchiert wird; und die FAZ nennt anders als ihre leichte Schwester vom Sonntag die Quelle: „Die rechte Internetseite „Tichys Einblick“. Dafür bedanken wir uns; die Leser mögen sich eine Übersicht über Fakten und Inhalte selbst bilden.
TE hat außerdem Journalisten auf Nachfrage Gespräche mit dem Ehepaar vermittelt; weder die FAZ noch die FAS haben angefragt. Dass das Ehepaar Angst um seine bürgerliche Reputation und berufliche Existenz hat, ist nachvollziehbar. Denn sich der geballten Medienmacht und Bundeskanzlerin entgegenzustellen, ist keine Sache, die man in Deutschland jemandem ernsthaft abverlangen sollte. Wie es damals in Chemnitz zuging und was von den „Belegen“ zu halten ist, dass es trotzdem zu Hetzjagenden gekommen sei hat der frühere ZDF-Reporter Harry Reitmaier beschrieben – der Text ist auf der folgenden Seite wiederholt.
Aufgabe des Journalismus: Wahrheitssuche
Nun sind die Vorkommnisse in diesen überhitzten August-Tagen 2018 in Chemnitz sicherlich noch klärungsbedürftig. Aufgabe von Journalisten sollte es sein, dazu ihren Beitrag zu leisten und nicht Wahlkampfhilfe für eine Partei. Aber offenkundig geht es einigen Blättern eher darum, den Mythos der Hetzjagden aufrecht zu erhalten, um Sachsen mitsamt der Bürger und Wähler in das schiefe Licht des Rechtsradikalismus zu stellen. Auffällig: während Michael Kretschmer noch vor einem Jahr mutig versucht hatte, dazu beizutragen, die Wahrheit zu ermitteln und die Bürger von Chemnitz vor ungerechtfertigten Angriffen zu schützen, hat er jetzt Maaßen aus dem Wahlkampf der CDU in Sachsen vergrault. „Ich wollte meiner Partei in Sachsen helfen. Da meine Unterstützung von @MPKretschmer für nicht nötig erachtet wird, ziehe ich mich schweren Herzens zurück“, twittert Maaßen. Dabei gibt es immer mehr Indizien dafür, dass die Abläufe sich nicht mit denen decken, die Medien so einheitlich berichtet haben:
Wolfgang Klein, Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Sachsen, erklärte unmittelbar nach den Vorfällen. „Nach allem uns vorliegenden Material hat es in Chemnitz keine Hetzjagd gegeben“. Damit widerspricht er direkt den Behauptungen von Kanzlerin Angela Merkel und ihrem Sprecher Steffen Seibert, die beide behauptet hatten, in Chemnitz hätten „Hetzjagden“ stattgefunden – also sogar mehrere.
Auch der „Grüßer von Chemnitz“, dessen demonstrativer Hitlergruß als weiterer zentraler Beleg für die rechtsradikale Gesinnung in und um Chemnitz gilt, ist keinesfalls der rechten Szene zuzuordnen – er ist eher verwirrter, auf links drapierter Alkoholiker an der Grenze der Zurechnungsfähigkeit, der deswegen auch nur zu einer milden Strafe von 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt wurde.
Sind die Chemnitzer also eine Stadt der Rechtsradikalen? Wohl kaum. Nur das Verwirrspiel geht weiter: Das Bild der Hetzjagden muss aufrecht erhalten bleiben – koste es, was es wolle. Was treibt den Ministerpräsidenten, die Entlastung für die Bürger von Chemnitz zu verweigern?
Auf der nächsten Seite finden Sie die TE-Story über die Hintergründe des Hase-Videos. Danach werden wir noch eine Reportage über das „Ehepaar Hase und die Medien“ veröffentlichen, das bislang nur in unserem Print-Magazin erschienen ist.
Die Lügen von Chemnitz
Beitrag aus Tichys Einblick 01/2019 von Harry Reitmaier
Das Video, das die vermeintlichen Hetzjagden auf Ausländer dokumentieren soll, wurde gedreht, um eine Provokation festzuhalten. Es löste erst eine Krise der Medien, mit den Wirren um die Entlassung des Verfassungsschutzpräsidenten eine Staatskrise und schließlich eine Vertrauenskrise aus
Laut offizieller Lesart der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten und in nahezu allen Printmedien kam es nach einer angeblichen „Messerstecherei“ am 26. August 2018 zu einer Spontandemonstration, zu der „rechte Hooligangruppen“ aufgerufen hätten. Tatsächlich war es das Chemnitzer Nachrichtenportal „Tag24“, das schon viereinhalb Stunden nach der Tat, kurz vor acht Uhr am Sonntagmorgen, gemeldet hatte: „35-Jähriger stirbt nach Messerstecherei in der City“ – eine News, die sich dann den ganzen Sonntag über von Haus zu Haus verbreiten sollte.
Als dann im Internet von „Asylanten“ als Tätern und einem „Deutsch-Kubaner“ als Opfer sowie fälschlicherweise von einem Übergriff auf Mädchen am Rande des Stadtfests die Rede war, zogen mehr als tausend Chemnitzer am Nachmittag in Richtung Tatort neben dem Karl-Marx-Monument. Menschen, die spontan ihre Anteilnahme ausdrücken und zugleich ihrem Zorn über die Zustände im ehemaligen Karl-Marx- Stadt nach dem „Merkel-Herbst 2015“ Luft machen wollten.
Die meisten Medien berichteten später, in diesen Trauermarsch hätten sich auch Rechtsradikale gemischt, in der Absicht, die Trauer-und-Wut-Veranstaltung für sich zu instrumentalisieren. Laut Polizei waren jedoch nur vier Dutzend „gewaltbereite“ Nazi-Glatzköpfe gesichtet worden, von denen wohl tatsächlich vier oder fünf ausrasteten, als die Polizei die Spontandemo eingrenzen wollte.
Als Belege für das Wüten der Neonazis wurde dann drei Monate lang in Endlosschleife ein offensichtlich Betrunkener gezeigt, der die Hand zum Hitlergruß erhob, aber gar nicht Teilnehmer der Demo war, sowie ein 19-sekündiges „Skandal“-Handyvideo, das angeblich eine Hetzjagd auf Ausländer im Umfeld des Trauermarschs belegt. Hitlergruß und Video machten ihre Runde um den ganzen Globus, Tenor: Nazis in Sachsen. …
Diffamierung: „Sachsen ist Naziland“
Die ebenso eindeutige wie einseitige Berichterstattung veranlasste die hauptsächlich nach Schlagzeilen regierende Kanzlerin schließlich, die „Hetzjagden“ auf Flüchtlinge aufs Schärfste zu verurteilen. Sie weilte zu diesem Zeitpunkt denkbar weit weg, nämlich in Afrika, sah die Dinge aber mit gewohnter Klarheit. Schließlich gab es, so Angela Merkel und ihr Sprecher Steffen Seibert, eindeutiges Videomaterial. Ein Nachrichtenmagazin brachte schließlich sogar eine Titelgeschichte über „Sachsen“, die in Frakturschrift gesetzt war. Auch wenn Hitler ein erklärter Gegner der Frakturschrift war, sollte dem unbedarften „Spiegel“-Leser wohl deutlich gemacht werden: Sachsen ist eindeutig Naziland.
Chemnitz, der ermordete Daniel H., der weitere Schwerverletzte, die Trauer und die Wut wären längst vergessen, wenn es nicht die Gegenöffentlichkeit gäbe und die sozialen Netzwerke. Zwar soll selbst in Kenia das Internet flächendeckend schneller gehen als in Deutschland, aber die Nachrichten verbreiteten sich schnell genug: Der Hitler grüßende Nazi hatte auf seiner Hand „RAF“ für Rote Armee Fraktion tätowiert, was entweder für seine alkoholische Dauerorientierungslosigkeit spricht – oder für seine Absicht, die „Wir sind das Volk“-Demonstranten zu diskreditieren.
Zugleich wurden das Video und der Kontext seiner Entstehung eifrig im Netz diskutiert. Denn schon eine oberflächliche Betrachtung rechtfertigt kaum die Bezeichnung „Hetzjagd“. Zu dem war der Absender, der das Filmchen verbreitet hat – „Antifa Zeckenbiss“ –, eine, charmant ausgedrückt, höchst zweifelhafte Quelle.
Als dann noch der Präsident des Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen in der „Bild“ äußerte, es gebe keine Beweise für Hetzjagden auf Ausländer in Chemnitz und in diesem Zusammenhang seien auch das Video und dessen Absender nicht „authentisch“, widersprach er damit der Medienkanzlerin – und Chemnitz war zum Politikum geworden.
Zur Ablenkung vom Mord und um ein Zeichen gegen den spontanen Trauermarsch der Bürger zu setzen, veranstalteten Kirchen, Gewerkschaften, NGOs, Coca-Cola, Flixbus und linke Parteien mit der Antifa ein Open-Air-Gratiskonzert, dessen Besuch auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seiner Gefolgschaft ans Herz legte. Mit Tote Hosen, Feine Sahne Fischfilet und zu Tausenden „Alerta, Alerta, Antifaschista“ brüllenden Antifa-Anhänger war „gegen rechts“ alles recht und Staatsräson geworden.
Die Entlassung Maaßens, der den Grund für dieses Hochamt der Guten geliefert hatte, war da nur konsequent, wobei sich bis zu seiner endgültigen Verabschiedung die Regierungsparteien komplett lächerlich machten. Aber am Ende war der störrische Verfassungsschützer weg, und sorgfältig ausgezählt und abgefilmt durften Links und Rechts behaupten: #wirsindmehr. Zum seltsamen Video von Antifa Zeckenbiss konnten oder wollten hoch bezahlte Investigativteams und Staatsorgane keine neuen Erkenntnisse beibringen. Weiter also, Business as Einzelfall.
Konzert und Krawall
Seit 50 Jahren ein leidenschaftlicher, investigativer Journalist, trieb mich schlicht die Neugier nach Chemnitz. Den großen, Steinmeier-#wirsindmehr-Parteientag sparte ich mir, die Stadt war schlicht überfüllt. So verpasste ich auch, dass unmittelbar nach der Veranstaltung eine ganze Hundertschaft der Polizei jene Stelle über Stunden in der Nacht schützen musste, an der Daniel H. erstochen worden war, weil angeblich über tausend „Hetze statt Herz“-Antifas nach dem Steinmeier-Konzert den Daniel-Gedenkort stürmten. „Nie wieder Deutschland“, „Nazis raus“ und „Wir sind mehr“ brüllend, Flaschen und Steine auf die per Polizeizaun geschützten Daniel-Freunde werfend, wollten sie den Gedenkort von den zahllosen Blumen und Teelichtern „befreien“.
Mit lediglich 19 Zeilen fand die Stürmung – direkt vor dem Verlagshaus – in dem ganzseitigen Bericht der „Freien Presse“ („Riesen-Konzert, Massen in der Stadt – das hat Chemnitz noch nie erlebt“) statt – samt den Schlusssätzen: „Immer mehr Einsatzkräfte werden zusammengezogen und Platzverweise ausgesprochen. Zu Redaktionsschluss dauert der Einsatz noch an.“
ARD und ZDF berichteten zwar groß von der #wirsindmehr-Veranstaltung, von den Antifa-Krawallen hingegen nicht. Auch die Gewaltfantasien der Gruppe Feine Sahne Fischfilet hielten das ZDF nicht davon ab, die Linksradikalen mittels Sondersendung einem noch größeren Publikum schmackhaft zu machen, wohl auch in der Hoffnung, seine Journalisten seien von dem Liedversprechen „Ich ramm die Messerklinge in die Journalistenfresse“ der Gruppe K.I.Z. dann ja wohl ausgenommen.
Der Pressetross zog nach der großen Party wieder ab, ich kam. Zu durchsichtig war das groß angelegte Ablenkungsmanöver der Gegen-rechts-Sause mit Promibesetzung. Tag für Tag, Abend für Abend, fand ich mich an dem Platz ein, an dem Daniel H. ermordet worden war. Jeden Abend hielten Gruppen von „Daniel-Freunden“ und Bürgern hier Wache. Ich kam mit den Leuten ins Gespräch und erfuhr Horrorgeschichten von einer (Ausländer-)Kriminalitätswelle seit 2015 und dass der Mord nun das „Fass zum Überlaufen gebracht“ habe. Kriminalitätswelle in Chemnitz? Davon hatte ich, Wessi aus dem Schwäbischen, nirgendwo gelesen. Im Gegenteil, von subjektiven Sicherheitsgefühlen war in vielen Berichten die Rede und von Statistiken, die beruhigen.
Direkt vis à vis vom Tatort befinden sich die Fenster der „Freien Presse Chemnitz“, die es besser wissen müsste. Ja, sagten mir die Leute am Platz des Gedenkens, die „Freie Presse“ habe im Sommer nahezu täglich über Vergewaltigungen berichtet. Der Grund für die eklatante Zunahme der Sexualdelikte sei aber mitnichten die hohe Zahl importierter Gewalttäter in der Stadt, sondern der Hitzesommer. Die regionale Ausgabe der „Bild“ war da informativer. Sie veröffentlichte schon Ende 2017 einen „Stadtplan des Verbrechens“ für Chemnitz, und die auffallende Nähe vieler Tatorte zu „Asylheimen“ sprach Bände. Eine „erschütternde Auflistung“ für die „Stadt der Moderne“ hatte Sachsens Innenminister Roland Wöller vorgestellt und 29 Plätze und Straßen in Chemnitz benannt, die er als „gefährliche Orte“ definierte. Mittendrin sollte dann acht Monate später die Daniel-Blutlache auftauchen. Unweit des Stadthallenparks liegt seit 2015 der Kriminalitätsschwerpunkt. Gefährliche Körperverletzung, Raub, Drogen.
Ebendiese Kriminalitätsexplosion nach dem „Merkel-Herbst“ hatte dann mit der Tötung von Daniel H. „das Fass zum Überlaufen gebracht“, so die als „Witwe“ umschriebene langjährige Lebensgefährtin Daniel H.’s in einem (aufgezeichneten) Gespräch mit mir, acht Wochen nach unserem ersten Kontakt. Kurz vor seinem Tod habe er sie noch gewarnt, „abends in Chemnitz allein auf die Straße zu gehen“.
Diese Kriminalitätsvorgeschichte wurde dem Deutschen Massen-Medien-Michel vorenthalten. Sie hätte ja die Mär von der „Nazi-Stadt Chemnitz“ konterkariert.
Migration sehr wohl sichtbar
Eine weitere Ungenauigkeit der „westdeutschen“ Berichterstattung über den deutschen Osten fiel mir auf. Von Politikern, selbst solchen mit DDR-Hintergrund, war immer wieder der Vorwurf zu hören gewesen, dass ausgerechnet in den neuen Bundesländern diese Xenophobie herrsche. Dabei gebe es dort so gut wie keine Ausländer. Rund um den „Karl-Marx-Nischel“ trifft das nicht zu. An einem Samstagnachmittag machte ich, eine Stunde lang, vor einem Innenstadtcafé an der Straße der Nationen sitzend, meine eigene spontane Volkszählung per Strichzettel: Von den ersten knapp 200 Passanten waren augenscheinlich fast 140 solche mit Migrationshintergrund.
Die Gastronomie der Stadt scheint fest in kurdischer Hand. In einer offenkundig „kurdischen Parallelgesellschaft“. Ein hochgewachsener muskulöser Kurde im total schwarzen Outfit erklärt mir spätabends neben dem Daniel-Tatort: „Alles kurdisch hier, alles!“
Als ich eines Abends Fotos von der Daniel H.-Gedenkstätte mache, fordert mich eine sichtlich aufgewühlte, laut weinende Frau auf, das Fotografieren zu unterlassen und die Aufnahmen zu löschen. Was ich sofort mache. Die Frau, stellt sich dann heraus, ist die „Witwe“ des Mordopfers. Ich kann erst nach Tagen ihr Vertrauen und das ihrer Freunde gewinnen, erfahre, dass in Chemnitz seit Langem ein Klima der Angst herrscht. Vor aggressiven „Flüchtlingen“, aber auch vor linken Antifa-Gruppen, die nach vermeintlich „Rechten“ per Fahndungsfotos nach Namen und Adressen auf ihren Prangerseiten suchen, offenkundig um die Personen und deren Eigentum anzugreifen.
Die Angst vor linkem Terror ist auch der Grund, warum sich die Person, die das sogenannte „Hase-Video“ von der angeblichen Hetzjagd wirklich drehte – Antifa Zeckenbiss hatte es aus einer geschlossenen Whats-App-Gruppe entwendet –, nie öffentlich meldete, um die 19 Sekunden in den richtigen Zusammenhang zu stellen.
Ich bekomme schließlich den Kontakt zu dem Paar, das das Video ursprünglich gedreht hatte. Die Frau hatte gefilmt und ihren Mann („Du bleibst hier, Hase!“) zur Ruhe gemahnt. Im Gastronomiebereich von Ikea in Chemnitz erzählt sie mir als erstem und einzigen Journalisten, wie es dazu gekommen ist. Die Frau hatte ihre Handykamera eingeschaltet, weil sie dokumentieren wollte, wie Migranten die Trauernden provozierten.
„Hase, du bleibst hier“
Sie waren aggressiv auf uns zugekommen und hatten uns angepöbelt und wohl auch, aber eben schwer verständlich, ‚Verpisst euch!‘ gerufen. So haben wir das in Erinnerung. Dann kam es zu einem körperlichen Kontakt mit den beiden, wobei einem unserer Freunde der Inhalt eines Bierbechers über seine Kleidung und wohl auch ins Gesicht geschüttet wurde. Weil ich erschrocken ‚Jetzt kracht’s aber‘ gedacht hatte, habe ich die Handykamera angeschaltet.“
Die Frau befürchtete, dass ihr Mann nun in Richtung der hochaggressiven Migranten losstarten würde, und rief ihm deutlich auf dem Video vernehmbar zu: „Hase, du bleibst hier!“
Sie erzählt weiter: „Es war möglicherweise nicht der einzige Angriff von Migranten auf unseren Trauerzug, denn aus der Ferne war schon Drohgeschrei in wohl arabischer Sprache zu hören. Allerdings: ‚Stinkefinger‘, von denen andere Trauerzugteilnehmer später berichteten, haben wir am Ort des provokativen Geschehens nicht erkennen können. Aber auch keine ‚Hetzjagden‘ oder gar ‚Menschenjagden‘.“ Diesen Aspekt bestätigten mir später andere Zeugen, deren eidesstattliche Versicherungen mir ebenfalls vorliegen.
Die Schilderung der Umstände der Entstehung des Videos machen letztendlich klar: Ein Beleg für Hetzjagden ist der Film definitiv nicht. Als Beweis ebensolcher aber wurde er von der Antifa verbreitet und – das ist das Erschreckende – von öffentlich-rechtlichen Sendern verbreitet. …
Maaßen-Rauswurf in anderem Licht
Bislang waren die meisten Journalisten nicht daran interessiert, ihr Wissen durch andere, ihren einseitigen Interpretationen zuwiderlaufende Erkenntnisse, korrigieren zu lassen. Sie verschwiegen das Auftauchen der Video-Urheber. Man kann sie sogar verstehen: Die Entlassung Maaßens steht plötzlich in einem anderen Licht. Der Mann hat berechtigte Einwände gegen die Inanspruchnahme des Videos geäußert. Er sagte die Wahrheit, musste gleichwohl gehen.
Den Vorwurf, die andere Seite nicht hören zu wollen, kann man einem Kollegen von der „Zeit“ dagegen nicht machen: „Hier Till Eckert von ze.tt (,Zeit Online‘). Auch mir liegt natürlich an der vollständigen Aufklärung des Falls, weshalb ich Sie heute darum bitten möchte, dem Paar meine Kontaktdaten für ein vertrauliches Gespräch zu übermitteln und/oder das Paar zu fragen, ob ich sie kontaktieren darf. Ich versichere dem Paar, seine Anonymität zu wahren.“ Das klingt gut.
Eckert („Ich beschäftige mich hauptsächlich mit extremen Rechten, egal ob sie im Untergrund sitzen – oder im Bundestag“) hatte zuvor allerdings über das Video so berichtet: „… Darin ist zu sehen, wie ein Neonazi einen Menschen über die Straße jagt. Dieser Mensch ist Aziz. Medien werden später über Hetzjagden in Chemnitz schreiben. Jetzt ist das Video Ermittlungsgegenstand der Polizei. Aziz, der sich darin gezwungen sieht, vor einem gewaltbereiten Neonazi davonzulaufen, will Anzeige erstatten. Hunderte Faschist*innen seien unterwegs. Und sie seien aggressiv.“
Die Wortwahl in Eckerts „Zeit“-Geschichte scheint den Adressaten seiner Bitte so wenig vertrauenerweckend, dass wir seinen Wunsch, die Adresse oder Namen des Videopaares von uns zu bekommen, leider abschlägig bescheiden müssen.
Etwas anderes interessiert uns dagegen brennend. … Den bereits erwähnten und zu Kurzzeitruhm gelangten „RAF“-Hitlergrüßer habe ich übrigens auch getroffen. Er war bereits morgens um zehn Uhr offensichtlich sturzbetrunken. Zur Aufklärung konnte er daher nicht besonders viel beitragen. Doch aus seinem Umfeld, das sich selbst als „Assi-Umfeld“ bezeichnet, den „Zenti-Kids“ nahe dem „Nischel“, war zu erfahren, dass er für „zehn oder besser 20 Euro“ nicht nur den Hitlergruß, sondern auch die Rotfront-Faust zeigen würde – besonders gern vor klickenden und laufenden Kameras. Kleiner Tipp also, sollten „Spiegel“, „Zeit“ oder ARD und ZDF mal Bedarf haben.