Die Anhänger der Ülkücü-Bewegung haben eine Vision. Die nennt sich „Turan“. Es ist das Ziel eines Großtürkischen Reiches, das sich weit über die heutigen Grenzen erstreckt und alle Siedlungsgebiete türkischer Völker umfasst. Etwa das der Uiguren in China. In der Welt der Ülkücü-Anhänger, besser bekannt als Graue Wölfe, gehören auch die Gebiete zu Turan, in die Türkvölker expandieren. Gillamoos vermutlich noch nicht, aber Berlin-Kreuzberg ganz sicher.
Turan ist alles andere als die Vision der Vielfalt oder des friedlichen Zusammenlebens. Die Grauen Wölfe zeichnen sich durch Antisemitismus und Hass auf Minderheiten aus: Kurden, Aleviten, Armenier – kurzum alle, die nicht turanischer Herkunft sind, oder einer turanischen Machtübernahme im Weg stünden. Etwa in Kreuzberg. Der Verfassungsschutz beobachtet die Grauen Wölfe. Das Verwaltungsgericht Köln hat am 24. Juli geurteilt, dass die Bewegung verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolge.
Den Einfluss der Grauen Wölfe zurückgedrängt hat das Innenministerium definitiv nicht – wie seine eigenen Zahlen belegen. Demnach habe es 2021 ein „Personenpotenzial des türkischen Rechtsextremismus in Deutschland“ von 11.000 Personen gegeben. 2022 waren es dann schon 12.100 türkische Rechtsextremisten. Ein Wachstum von zehn Prozent in einem Jahr.
Die Aufgabe, das Verbot der Grauen Wölfe zu bekämpfen, hat Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Doch die erkennt die Extremisten nicht einmal, wenn sie neben ihnen steht. Im Juni 2022 posierte die Ministerin mit Schülern, die das Zeichen der Grauen Wölfe zeigten. Ihre Mitarbeiter verbreiteten das Bild in den sozialen Netzwerken. Erst als sie dort auf das rechtsextreme Zeichen hingewiesen wurden, löschten sie das Bild – selbst hatte das Kompetenzzentrum für den „Kampf gegen Rechts“ das rechtsextreme Zeichen offensichtlich nicht erkannt.
Die Schüler, mit denen Faeser posierte und die das rechtsextreme Zeichen zeigten, hatten zuvor an dem Projekt „Verfassungsschüler“ teilgenommen. Die Integrations-Maßnahme bezahlt das Ministerium aus den mit Millionen gefüllten Töpfen der „Demokratieförderung“. Deswegen zeigte sich Faeser stolz mit Schülern und rechtsextremen Zeichen. Dieses Bild ist der nicht vorhandene Kampf gegen die Grauen Wölfe im Kleinen: Besoffen vom Feiern der Integration übersehen Faeser und Innenministerium ein rechtsextremes Zeichen – und verbreiten das dann auch noch.
Wie viele Graue Wölfe gehören der Bundeswehr an? In den letzten fünf Jahren habe man zwei Soldaten als Anhänger identifizieren können, antwortet das Ministerium. Über das weitere Potenzial sagt das Haus nichts. Was wisse das Haus über die Kontakte zwischen Grauen Wölfen und dem türkischen Geheimdienst MIT? „Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor.“ Was weiß die Bundesregierung über die Aktivität der Grauen Wölfe in der organisierten Kriminalität? Einzelne Mitglieder seien in die Szene eingebunden. Mehr sagt das Ministerium nicht.
Schon die Art, wie der Bund die Strafstatistik führt, zeigt das geringe Interesse an der Aufklärung des türkischen Rechtsextremismus in Deutschland. Die Taten der Grauen Wölfe sollen in der Kategorie „Politisch motivierte Kriminalität – ausländische Ideologie“ erfasst werden, können aber auch in der Kategorie „Politisch motivierte Kriminalität – Rechtsextremismus“ landen. Steigen die Zahlen in dieser Statistik, gibt es wieder Projekte der Demokratieförderung als Gegenmaßnahme. Wie etwa „Verfassungsschüler“. Die Grauen Wölfe werden dann nicht bekämpft – aber ihre Zeichen von Faesers Innenministerium als Ausdruck der Integration verbreitet.