Tichys Einblick
Türkische Rechtsextreme

Die Grauen Wölfe breiten sich in Deutschland aus

Zehn Prozent Wachstum in einem Jahr. Die Grauen Wölfe breiten sich in Deutschland aus. Sie wollen ein Großtürkisches Reich, das weit über die Grenzen der heutigen Türkei reicht – Nancy Faesers Innenministerium ist planlos.

IMAGO / Lars Berg

Die Anhänger der Ülkücü-Bewegung haben eine Vision. Die nennt sich „Turan“. Es ist das Ziel eines Großtürkischen Reiches, das sich weit über die heutigen Grenzen erstreckt und alle Siedlungsgebiete türkischer Völker umfasst. Etwa das der Uiguren in China. In der Welt der Ülkücü-Anhänger, besser bekannt als Graue Wölfe, gehören auch die Gebiete zu Turan, in die Türkvölker expandieren. Gillamoos vermutlich noch nicht, aber Berlin-Kreuzberg ganz sicher.

Turan ist alles andere als die Vision der Vielfalt oder des friedlichen Zusammenlebens. Die Grauen Wölfe zeichnen sich durch Antisemitismus und Hass auf Minderheiten aus: Kurden, Aleviten, Armenier – kurzum alle, die nicht turanischer Herkunft sind, oder einer turanischen Machtübernahme im Weg stünden. Etwa in Kreuzberg. Der Verfassungsschutz beobachtet die Grauen Wölfe. Das Verwaltungsgericht Köln hat am 24. Juli geurteilt, dass die Bewegung verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolge.

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Es sind Linke aus dem Umfeld von Sahra Wagenknecht, die auf das Problem der Grauen Wölfe in Deutschland hinweisen: Sevim Dağdelen, Andrej Hunko und Żaklin Nastić. Sie haben eine Anfrage an die Bundesregierung zu der Gruppe gestellt. Die Wagenknecht-Linken vermuten selbst, dass die Grauen Wölfe in Deutschland „mindestens 18.500 Mitglieder“ haben. Andere Länder gehen energisch gegen die Grauen Wölfe vor: Österreich hat ihnen untersagt, ihr Symbol zu zeigen. Frankreich hat die Bewegung gänzlich verboten. In Deutschland hat der Bundestag im November 2020 beschlossen, das Innenministerium solle ein Organisationsverbot prüfen – und den Einfluss der Grauen Wölfe zurückdrängen. Ein Verbot gibt es nicht. Fragen zum Stand beantworte das Innenministerium nicht, bemängeln die Wagenknecht-Linken in ihrer Anfrage.

Den Einfluss der Grauen Wölfe zurückgedrängt hat das Innenministerium definitiv nicht – wie seine eigenen Zahlen belegen. Demnach habe es 2021 ein „Personenpotenzial des türkischen Rechtsextremismus in Deutschland“ von 11.000 Personen gegeben. 2022 waren es dann schon 12.100 türkische Rechtsextremisten. Ein Wachstum von zehn Prozent in einem Jahr.

Die Aufgabe, das Verbot der Grauen Wölfe zu bekämpfen, hat Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Doch die erkennt die Extremisten nicht einmal, wenn sie neben ihnen steht. Im Juni 2022 posierte die Ministerin mit Schülern, die das Zeichen der Grauen Wölfe zeigten. Ihre Mitarbeiter verbreiteten das Bild in den sozialen Netzwerken. Erst als sie dort auf das rechtsextreme Zeichen hingewiesen wurden, löschten sie das Bild – selbst hatte das Kompetenzzentrum für den „Kampf gegen Rechts“ das rechtsextreme Zeichen offensichtlich nicht erkannt.

Die Schüler, mit denen Faeser posierte und die das rechtsextreme Zeichen zeigten, hatten zuvor an dem Projekt „Verfassungsschüler“ teilgenommen. Die Integrations-Maßnahme bezahlt das Ministerium aus den mit Millionen gefüllten Töpfen der „Demokratieförderung“. Deswegen zeigte sich Faeser stolz mit Schülern und rechtsextremen Zeichen. Dieses Bild ist der nicht vorhandene Kampf gegen die Grauen Wölfe im Kleinen: Besoffen vom Feiern der Integration übersehen Faeser und Innenministerium ein rechtsextremes Zeichen – und verbreiten das dann auch noch.

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Entsprechend sind die Antworten des Innenministeriums an die Wagenknecht-Linken geprägt von einer Mischung aus Desinteresse und fehlender Information. Arbeiten die Grauen Wölfe mit den Muslimbrüdern zusammen? Der politische Arm der Organisation, Atib, sitze gemeinsam mit der Muslimbruderschaft im Zentralrat der Muslime: „Weitere Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen der Bundesregierung nicht vor.“

Wie viele Graue Wölfe gehören der Bundeswehr an? In den letzten fünf Jahren habe man zwei Soldaten als Anhänger identifizieren können, antwortet das Ministerium. Über das weitere Potenzial sagt das Haus nichts. Was wisse das Haus über die Kontakte zwischen Grauen Wölfen und dem türkischen Geheimdienst MIT? „Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor.“ Was weiß die Bundesregierung über die Aktivität der Grauen Wölfe in der organisierten Kriminalität? Einzelne Mitglieder seien in die Szene eingebunden. Mehr sagt das Ministerium nicht.

Schon die Art, wie der Bund die Strafstatistik führt, zeigt das geringe Interesse an der Aufklärung des türkischen Rechtsextremismus in Deutschland. Die Taten der Grauen Wölfe sollen in der Kategorie „Politisch motivierte Kriminalität – ausländische Ideologie“ erfasst werden, können aber auch in der Kategorie „Politisch motivierte Kriminalität – Rechtsextremismus“ landen. Steigen die Zahlen in dieser Statistik, gibt es wieder Projekte der Demokratieförderung als Gegenmaßnahme. Wie etwa „Verfassungsschüler“. Die Grauen Wölfe werden dann nicht bekämpft – aber ihre Zeichen von Faesers Innenministerium als Ausdruck der Integration verbreitet.

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