Tichys Einblick
Big data is watching you:

Die Ersetzung der Demokratie durch ein Feedbacksystem: Der verwaltete Mensch

Im Bundesumweltministerium existiert ein Strategiepapier mit der Vision, die Demokratie abzuschaffen und sie durch ein Feedbacksystem zu ersetzen.

Getty Images | Screenprint: BM für Umwelt

Bisher fiel das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit nicht als Herausgeber von Gesellschaftsdystopien wie „Farm der Tiere“, „1984“ , „Schöne, neue Welt“, „Fahrenheit 451“ oder „Wir“ auf, doch das Strategiepapier „Smart City Charta. Digitale Transformation in den Kommunen nachhaltig gestalten“, das das Ministerium noch unter Ministerin Barbara Hendricks veröffentlichte, hat, zwar nicht von der erzählerischen und stilistischen Qualität her, aber von der Konsequenz der überwachten Gesellschaft alle Berechtigung, in dieser Liga mitzuspielen. Wo der Wunsch zur Digitalen Transformation auf dem Titel steht, findet sich der Wille zur Großen Transformation per ordre de mufti im Strategiepapier. Denn es geht um nichts Geringeres als um die vollständige Gestaltung, Kontrolle und Organisation unseres gesellschaftlichen und privaten Lebens. Im Vorwort von Staatssekretär Gunther Adler heißt es: „Smart Cities sind nachhaltiger und integrierter Stadtentwicklung verpflichtet. So formuliert es die Smart City Charta gleich zu Beginn und beschreibt ein normatives Bild einer intelligenten, zukunftsorientierten Stadt.“ Da es um eine Charta geht, die die Charta unserer Zukunft sein soll, lohnt es sich, genauer hinzusehen.

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Das Ziel der Charta oder besser der Strategie Smart City besteht darin, Menschen per Apps auszuforschen und durch Kontrolle zu dirigieren, teils über automatisierte Prozesse. So verwundert es nicht, dass der Begriff der Privatsphäre auf den 108 Seiten nur ein einziges Mal vorkommt. Der Privatmensch, der Bürger, das Individuum ist bürgerlich, gestrig, reaktionär, populistisch, rechts; modern und progressiv ist hingegen der gläserne, seiner Daten enteignete Gemeinschaftsmensch. Vor allem geht es in dem Papier darum, dass ständig vom Staat (von Kommunen und Kreisen) Daten erhoben werden, die für die Stadtentwicklungsplanung, aber auch für die Lenkung der Wirtschaft und der Bürger eine entscheidende Rolle spielen. Massive Eingriffe, die durchaus ideologisch begründet werden, sollen datengestützt vorgenommen werden, denn: „Lokale Sharing-Ansätze, neue Nachbarschaftsforen und nachhaltige Geschäftsmodelle, die sozialverträglich zu einer ressourceneffizienteren und CO2-freien Wirtschaft beitragen, sind zu stärken. Kreislaufwirtschaft, gemeinsames Nutzen oder Wiederverwerten von Materialien, Technologien und Produkten sollten gefördert werden.“ Kreislaufwirtschaft ist ein neues hübsches Nebelwort für den alten Begriff der Planwirtschaft, denn die Kreisläufe müssen vorgeschrieben, geplant und angewiesen werden, heißt, jedes Unternehmen hat dem ihm vorgeschriebenen Platz im Kreislauf einzunehmen. Der Staat, die Kreis- oder Stadtverwaltung greifen dirigistisch, wie man es aus dem Sozialismus kennt, in die Wirtschaft ein. Denn es ist der Staat, der dann die Vorgaben für die Kreislaufwirtschaft macht. Natürlich nach Gemeinwohlkriterien.

So forderte bereits der Sachverständigenrat für Umweltfragen in einem Gutachten eine „starke Steuerung der gesellschaftlichen Stoff- und Energieströme“ Hierzu wäre die Erstellung eines Inventars aller wichtigen „Stoffströme“, und zwar „von der Entnahme aus der Umwelt über ihre Verarbeitung zu Produkten, ihre Nutzung, bis hin zur Freisetzung bzw. Entsorgung“ nötig, wie sie Big Data nach dem Vorgaben des Strategiepapieres liefern könnte. Im Gutachten des Sachverständigenrat für Umweltfragen hieß es schon: „Ein Inventar der Stoffströme trägt dazu bei, effektivere Maßnahmen zur Steuerung der Ströme zu entwickeln …“ Eine Behörde, die Maßnahmen zur Steuerung der Stoffströme, Kreisläufe entwickelt, besäße eine ungeheure Macht. Sie könnte und würde die Wirtschaft vollständig über die „effektiveren Maßnahmen zur Steuerung der Ströme“ regulieren.

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Wie progressiv und zukunftsweisend das Papier aus dem Umweltministerium ist, zeigt, wie sehr diese Art von Digitalisierung zum massenhaften Einsatz eines völlig modernen und innovativen Verkehrsmittels führen kann, dem Lastenfahrrad, wie das Forschungsprojekt DISTRIBUTE anhand zweier Berliner Fallstudien vorschlägt: „Als Lösungsansatz wird im Forschungsprojekt DISTRIBUTE ein ganzheitliches Kiez-Logistikkonzept entwickelt, in dessen Mittelpunkt die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger stehen. Ansatzpunkt ist dabei die Gestaltung und Erprobung eines lokalen, von Akteuren und Bürgerinnen und Bürgern getragenen Güterverteilzentrums. Dabei sollen neue Ansätze, wie z. B. Lastenfahrräder … und erweiterte Bürgerintegration (Bürgerdienstleistungen), berücksichtigt werden.“ Da die Chinesen durch die Mobilisierung ihre Transportrikschas nicht mehr benötigen, wären sie von dorther, billig zu beziehen. Solche Innovation könnte bemerkenswerte Resultate zeigen: Deutschland vertreibt die Produktion von Benziner nach China, während Deutschland Lastenfahrräder aus China importiert und fleißig E-Autos produziert.

Wahrscheinlich muss man sich diese schöne, neue Welt so vorstellen: Big Data ermittelt durch das Ausspionieren des Konsumverhaltens der Bürger, welche Güter – in kapitalistischer Terminologie noch Waren – im Kiez benötigt werden. Diese Güter werden mit Ausnahme derer natürlich, die bedenklich im Sinne der Klimaneutralität und der Diversität sind, die den Rechtsruck der Gesellschaft oder den allerorten lauernden Rassismus befördern, zu einem zentralen Güterverteilungszentrum transportiert. Schließlich besteht das Ziel der Smart City darin, eine „evidenzbasierte Politik und Demokratie zu stärken und Entfremdung, Populismus und Polarisierung durch neue Technologien entgegenzuwirken.“ Meinungen, die in der einen oder anderen Weise nicht der herrschenden rotgrünen Ideologie entsprechen, werden dann durch „neue Technologien“ einfach ausgeschaltet, Faktendarstellungen, die der Sonnewindundsternewunschwelt grüner Ideologen den Boden entziehen, ebenfalls. Polarisierung ist eine schlechte Angewohnheit, Meinungsstreit klimaschädlich und Fakten fake news, Wahrheit ist Lüge und Lüge ist Wahrheit.

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Diese Güterverteilungszentren werden nicht durch die Privatwirtschaft, nicht durch Unternehmer, durch Kaufleute „getragen“, sondern durch Akteure und Bürgerinnen und Bürger. Da aber die „Akteure“ an erster Stelle genannt werden, darf man davon ausgehen, dass den „Bürgerinnen und Bürgern“ nur eine dienende Funktion zukommt, denn unter Akteuren versteht man Angestellte von boomenden, teils staatlich durchfinanzierten NGOs. Denkbar also, dass so ein Güterverteilungszentrum von Angestellten der Amadeu Antonio Stiftung getragen wird, die ihre Vorschläge zum Ausspionieren der politischen Einstellung der Eltern von Kita-Kindern in einer Broschüre bereits der Öffentlichkeit zum Zwecke der Nutzung zugänglich gemacht haben. Für die ideologische Konditionierung der Bürger kann die Belieferung mit Gütern durch Mitarbeiter der Amadeu Antonio Stiftung durchaus hilfreich sein, denn auf dem klaren ideologischen Kompass kommt es an, denn wie hieß es schon in einem Lied nach einem Gedicht von Louis Fürnberg, das Anetta Kahane begeistert mitgesungen haben dürfte: „Du hast ja ein Ziel vor den Augen/Damit du in der Welt dich nicht irrst/Damit du weißt was du machen sollst/…/Allem die Welt und jedem die Sonne/Fröhliche Herzen, strahlender Blick/Fassen die Hände Hammer und Spaten/Wir sind Soldaten, Kämpfer fürs Glück.“

Da die Zuteilung der Güter mittels Lastenfahrrädern erfolgt, dürften die Mitarbeiter der Amadeu Antonio Stiftung eher die wichtigen Zuteilungsaufgaben im Güterverteilungszentrum vornehmen, während die wöchentlich im Kiez ausgelosten Bürgerinnen und Bürger die weniger qualifizierten Arbeiten des Transportes übernehmen. Das hält sie körperlich gesund und stählt sie ideologisch. Schließlich geht es um den Erhalt „der natürlichen Lebensgrundlagen beispielsweise durch Klimaschutz und die Verringerung des Energie- und Ressourcenverbrauchs.“ Die russischen Kommunisten nannten die unbezahlte Arbeit für das Gemeinwohl „Subbotnik“. Die Studie stellt fest, dass dadurch das „alltägliche Lieferverkehrsaufkommen“ reduziert und so zur „Emissionsreduktion und Verbesserung der Lebensqualität in den Quartieren“ beigetragen wurde.

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Einer der Fachleute, Harald Herrmann, Direktor und Professor des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), vergisst deshalb auch nicht die ideologische Absicherung der Dystopie eines durch Big Data kontrollierten Lebens: „Auf einem begrenzten Planeten müssen wir aber zugleich mit unseren Ressourcen sparsam und effizient umgehen. Die Ansprüche der folgenden Generationen sind zu beachten und die ökologischen Systeme dürfen nicht überlastet werden. Gerade in diesen Tagen sollten wir auch nicht vergessen, dass wir den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft stärken müssen.“ Wie Hermann „sparsam und effizient“ mit den Ressourcen in Afrika oder China oder Indien umgehen möchte, vergaß er freilich zu erwähnen. Denn Hermanns „begrenzter Planet“ und Tellerrand zugleich ist Deutschland. Um den Zusammenhalt muss sich der Professor hingegen nicht sorgen, denn Kreislaufwirtschaft als Planwirtschaft schafft Not und Not schafft Zusammenhalt.

Deutlich wird formuliert, dass die „Smart City Charta“ sich „an Akteure aus Forschung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft“ richtet, also an Funktionäre. Zivilgesellschaft bezeichnet eben nicht die Bürgergesellschaft, sondern im Gegenteil, sie stellt lediglich eine Weiterentwicklung der Idee des italienischen Kommunisten Antonio Gramsci dar, das smart klingende Lable für die Gesamtheit und Vernetzung der Vielzahl der NGOs. Gramsci verstand nämlich unter der Zivilgesellschaft die Überwinderin der bürgerlichen Gesellschaft: „Eine Klasse, die sich selbst als geeignet setzt, die ganze Gesellschaft zu assimilieren, und die zugleich wirklich fähig ist, diesen Prozess hervorzubringen, führt diese Auffassung vom Staat und vom Recht zur Vollendung, bis sie schließlich das Ende des Staates und Rechts konzipiert, insofern sie überflüssig geworden sind, weil sie ihre Aufgabe erfüllt haben und von der Zivilgesellschaft aufgesogen worden sind.“ Der Übergang vom Recht der bürgerlichen Gesellschaft zum Urteil der Zivilgesellschaft erfolgt über die Moralisierung des Politischen.

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Bezeichnenderweise stellt die „Smart City Charta“ „die Bedarfe der Menschen in den Mittelpunkt des Handelns und unterstützt im Sinne des Allgemeinwohls lokale Initiativen, Eigenart, Kreativität und Selbstorganisation.“ Das klingt erst einmal gut, geradezu psychedelisch gesäuselt, doch akzeptiert wird nur, was „im Sinne des Allgemeinwohls“ ist, nicht im Sinne des Bürgers, im Sinne von Familien, von Vätern, von Müttern, von Kindern, von Arbeitnehmern und von Arbeitgebern, von konkreten Menschen. Das Allgemeinwohl wird von Identitätspolitikern, von Transformateuren, von Resetern, von Ideologen, von Klimaapokalyptikern definiert, wobei von einer Art Neuem Menschen ausgegangen wird, einer Art ideologischem Konstrukt.

Bemäntelt wird in Wahrheit ein eiskalte Pädagogik, denn die „bewusst gesteuerte“, also brutal und von oben durchgesetzte „digitale Transformation“ soll die „lokale Wertschöpfung, Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Lebensstile unterstützen.“ Akzeptiert werden also nur noch „nachhaltige Lebensstile“. Das ist zutiefst kommunistisch, denn den Kommunismus kann man auch als Klassenkompromiss auf der Basis des Eintopfes verstehen. Eintopf sättigt zwar, doch wird derjenige, der ein Schnitzel wünscht, zum Staatsfeind. Wenn es in der schönen neuen Welt überhaupt noch zum Eintopf für alle reichen wird.

Was unter der Unterstützung von „nachhaltigen Lebensstilen“ zu verstehen ist, kann man am EEG studieren, an der eigenen Stromrechnung und am Gewinn der Betreiber von Windparks ablesen, der auf Subvention, oder besser Umverteilung beruht. Dass zum neuen nachhaltigen Lebensstil Strom auf Zuteilung, auf digitalen Strommarken vielleicht, gehört, hat die Abgeordneten der Grünen, Sylvia Kotting-Uhl, im Bundestag kürzlich verkündet: Energiesicherheit, Energieversorgung ist für sie „so von gestern“, denn das bewehte und besonnte EGG-Regime wird eine Zukunft schaffen, in dem Energieversorgung nicht mehr „nachfrageorientiert“, sondern „angebotsorientiert“ sein wird. Angebotsorientiert heißt im Klartext, wenn Strom angeboten werden kann, also verfügbar ist, weil Wind weht und Sonne scheint, wird er verteilt, wahrscheinlich nach Quoten oder Prioritäten.

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Zielpunkt der Strategie „Smart City“ ist das „Erreichen konkreter Klimaziele, optimierte Mobilität und Verkehrsabläufe oder die regionale Innovations- und Wirtschaftsförderung“. Das Mustergesetz zur Wirtschaftsförderung heißt: EEG. Gefördert wird, was der Ideologie entspricht. Natürlich wünscht man sich „einen aktivierenden, integrativen und inklusiven Ansatz der Beteiligung“. Und damit bei der Bürgerbeteiligung nichts schief geht, kommt es auf die „zielgruppenspezifische Unterstützung durch z. B. Helferstrukturen, Paten- und Netzwerke“ an. Welche Netzwerke, welche NGOs, welche Helfer und vor allem welche „Paten“ – nomen est omen – hier zum Einsatz kommen, kann man sich leicht vorstellen.

 

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Schaut man genauer hin, wird man entdecken, dass der Mensch im Strategiepapier nur ein Datenabhängiger im neuen, smarten Feudalismus, eine Ansammlung von Datenstaub, von Datenabgasen, nur Algorithmenfutter und Humanschnittstelle ist. Den Autoren der Studie schwebt eine völlig neue, eigentlich alte Gesellschaft, mit einer vollkommen neuen, dennoch bekannten Ökonomie vor: „Es besteht ein Finanzierungsmodell aller öffentlichen Haushalte, das unabhängig vom Ort der Wertschöpfung funktioniert. Die Finanzierung wird in einem ersten Schritt über Steuern geregelt, die nicht mehr auf Arbeit basieren, sondern auf der Produktivität bzw. den Transaktionen der Unternehmen.“ Aber vielleicht wird der Bürger der Zukunft, der nur eine Ansammlung von Datenabgasen darstellt, auch ein Sklave des Gemeinwohls, des Staates, denn: „Das Gold der Zukunft sind die Daten selbst, dann können Steuern sogar eingestellt werden. Das öffentliche Wohl wird durch den Verkauf von Daten gesichert, wobei Sozialunternehmen Daten zur Verfügung gestellt werden.“ Völlig offen gelassen wird im Finanzierungsmodell der Zukunft, wer wessen und welche Daten an wen verkauft, obwohl die Einnahmen des Staates doch durch den Verkauf der Daten der Bürger gesichert werden sollen. Und wie einem Sklaven teilt der Staat dem vormaligen Bürger, dessen Daten er verkauft, ein geregeltes Grundeinkommen zu, schließlich soll der Datenabhängige immer neue Daten produzieren, die der Staat dann „vergolden“ kann: „Auf dem Arbeitsmarkt gibt es keine geregelten und dauerhaften Arbeitsverhältnisse mehr, denn Produktivitätssprünge der Digitalisierung sichern das Einkommen mit einem geregelten Grundeinkommen ab. Jeder kann deshalb seine Potenziale an jeder Stelle einbringen. Leistungen für die Gesellschaft werden dabei wertgeschätzt und Lohnarbeit wird völlig neu gedacht.“ Wer entscheidet nach welchen Kriterien über den Wert und die Schätzung?

Beruhigen könnte die Möglichkeit, dass sich Big Data auch zum guten Nutzen ließe, dass die Smart City das Leben einfacher und schöner machen könnte, weil die Kontrolle doch in den Händen demokratisch gewählter Politiker liegt. Doch auch daran ist im Strategiepapier gedacht wurden, denn Roope Mokka von Demos Helsinki entwarf in seiner Visionen eines hypervernetzten Planeten folgendes Bild. Unter dem Stichwort „Super resource-efficient society“ verspricht Mokka, dass kein Gebäude mehr leer steht, das hatte übrigens schon die DDR verwirklicht, weil es zu wenige Gebäude gab, und auch kein Auto fährt mehr leer. Wann wer womit fahren wird, entscheidet künftig Big Brother oder Big Data. „Künstliche Intelligenz ersetzt Wahl: Wir müssen uns nie entscheiden, einen bestimmten Bus oder Zug zu nehmen, sondern bekommen den schnellsten Weg von A nach B. Wir werden auch nie unsere Schlüssel, Geldbeutel oder Uhren vergessen.“ Denn darüber wacht unermüdlich Big Data Brother. Da zu den Grundlagen der Freiheit die freie Verfügung über das Eigentum gehört, wird das Eigentum in kommunistischer Weise gleich ganz abgeschafft: „Dank der Information über verfügbare geteilte Waren und Ressourcen macht es weniger Sinn, etwas zu besitzen: Vielleicht wird Privateigentum in der Tat ein Luxus. Daten könnten Geld als Währung ergänzen oder ersetzen.“ Bezahlt man künftig mit der Information über seine Blutgruppe oder seine Krankheiten?

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Auf diese Idee kann man eigentlich nur kommen, wenn man die Marktwirtschaft abschaffen will, wenn man die Markteilnehmer, den Wettbewerb auszuschalten gedenkt, in den Märkte nur noch „Informationssysteme, die Ressourcen zuteilen“ sieht. Es geht also um „Zuteilung“ und dadurch um die Herrschaft der Zuteiler. Damit jedoch die Herrschaft der Zuteiler, der neuen Feudalherren, nicht erschüttert werden kann, werden Wahlen, wird die Demokratie abgeschafft, denn die Zuteiler „wissen, was Leute tun und möchten“ Und weil die allwissenden Zuteiler, die Herr*Innen von Big Data Brother wissen, was die Leute zu möchten haben, „gibt es weniger Bedarf an Wahlen, Mehrheitsfindungen oder Abstimmungen. Verhaltensbezogene Daten können Demokratie als das gesellschaftliche Feedbacksystem ersetzen.“ Wenn Demokratie in der Tat nur ein System des feedbacks ist, durch das herrschende Politiker sich zuweilen ein update von denen da unten holen, dann ist es in der Tat durch Big Data Brother ersetzbar – und es sagt alles über die Vorstellung darüber aus, was Demokratie ist, die im sozialdemokratisch geführten Ministerium herrscht, wenn Demokratie nicht als grundlegendes politisches System, das auf den Prinzipien der Freiheit und der Repräsentation der Bürger und des Bürgerwillens beruht, verstanden wird, sondern als eine Feedbackmöglichkeit der Mächtigen, die viel besser wissen, was ihre neuen Untertanen zu wünschen haben, als diese.

Ein sozialdemokratisch geführtes Ministerium ließ also ein Strategiepapier mit der Vision schreiben, die Demokratie abzuschaffen, weil die Demokratie durch ein Feedbacksystem ersetzt werden soll. Die Wahlen in der DDR stellten übrigens ein perfektes „Feedbacksystem“ dar.


Anmerkung: In einer älteren Version dieses Beitrages war fälschlicherweise Svenja Schulze als Auftraggeberin des Papiers genannt. Die „Smart City Charta“ wurde allerdings noch unter ihrer Vorgängerin Barbara Hendricks veröffentlicht. 


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