Tichys Einblick
Gewaltenteilung gibt es keine mehr

Die „Entschuldigung“ ein billiger Trick – die Merkel-Karawane irrt weiter

Das ist kein einmaliger Vorgang, den Frau Merkel huldvoll ihren persönlichen Fehler zu nennen geruht, sondern so agiert sie immer. Erst trompeten, dann denken, vielleicht.

IMAGO / Stefan Zeitz

Brav titelt die FAZ: „Eine Entschuldigung, die entwaffnet“. Ja, gehorsame FAZler, das ist die Absicht von Frau Merkel. Aber warum ihr auf den Leim gehen?

So formulierte Frau Merkel:

„Ich habe mich zu diesem kurzen Pressetermin entschlossen, weil ich heute Vormittag entschieden habe, die notwendigen Verordnungen für die am Montag vereinbarte zusätzliche Osterruhe, also die Ruhetage am Gründonnerstag und Karsamstag, nicht auf den Weg zu bringen, sondern sie zu stoppen. Um es klipp und klar zu sagen: Die Idee eines Ostershutdowns war mit bester Absicht entworfen worden; denn wir müssen es unbedingt schaffen, die dritte Welle der Pandemie zu bremsen und umzukehren.

Dennoch war die Idee der sogenannten Osterruhe ein Fehler. Sie hatte ihre guten Gründe, war aber in der Kürze der Zeit nicht gut genug umsetzbar – wenn sie überhaupt jemals so umsetzbar ist, dass Aufwand und Nutzen in einem halbwegs vernünftigen Verhältnis stehen. Viel zu viele Fragen – von der Lohnfortzahlung durch die ausgefallenen Arbeitsstunden bis zu der Lage in den Geschäften und Betrieben – können, wie die Beratungen der letzten 24 Stunden gezeigt haben, jedenfalls in der Kürze der Zeit nicht so gelöst werden, wie es nötig wäre.“

Damit es nicht im Wortschwall dieser Ich-Verliebten untergeht:

… die Idee der sogenannten Osterruhe … hatte ihre guten Gründe, war aber in der Kürze der Zeit nicht gut genug umsetzbar – wenn sie überhaupt jemals so umsetzbar ist, dass Aufwand und Nutzen in einem halbwegs vernünftigen Verhältnis stehen …

Wie bitte? … war aber in der Kürze der Zeit nicht gut genug umsetzbar

Die Wortkanone feuert das Geschoss Osterruhe ab, ohne zu wissen, ob es treffen kann und wen und wie?

Und noch viel schlimmer: ... wenn sie überhaupt jemals so umsetzbar ist, dass Aufwand und Nutzen in einem halbwegs vernünftigen Verhältnis stehen …

Das ist kein einmaliger Vorgang, den Frau Merkel huldvoll ihren persönlichen Fehler zu nennen geruht, sondern so agiert sie immer. Erst trompeten, dann denken – vielleicht. Denn es geht ihr und viel zu vielen ihrer Politklassenkameraden immer um den Ankündigungseffekt, nicht um die Verwirklichung vermeintlicher Lösungen oder Maßnahmen. Bevor irgendwas durchgeführt ist, die nächste Ankündigung, jetzt ausnahmsweise mal Korrektur genannt. Eine Ankündigung durch die nächste ersetzen, verstecken, übertönen. Nichts auf die Reihe kriegen, nichts Richtiges, und wie wir sehen dürfen, nicht einmal Falsches.

Und damit der Untertan keinen Zweifel haben muss über die von Frau Merkel auf den Kopf gestellte Republik ohne Recht und Gewaltenteilung, sagte die Frau, welche nie in der Demokratie angekommen ist, auf die Forderung nach der Vertrauensfrage:

„Ich habe ansonsten die Unterstützung der gesamten Bundesregierung und insofern auch des Parlamentes.“

Merke, bei Merkel hat der die Unterstützung des Parlaments, der die Unterstützung der Regierung hat.

Das Schlimmste daran ist, dass sie damit nichts anderes tut, als die Realität zu beschreiben – die Parlamentsmehrheit pariert der Regierung aufs Wort, die große Mehrheit der Abgeordneten verdankt ihr ihre berufliche Existenz und wird den Teufel tun, diese zu riskieren.

Das Wort Berufspolitiker sollte niemand dahingehend missverstehen, dass damit Professionalität in der Sache gemeint sein könnte. Nein, Berufspolitiker können parteipolitische Karriere, nach oben kommen, oben bleiben, Konkurrenten wegintrigieren – und sonst nichts.

Parlamentarische Demokratie in Deutschland gibt es nicht mehr.

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