Tichys Einblick
Veranstaltung des Berliner Kreises

Die Energiewende ist am Ende

Auf einer Veranstaltung des Berliner Kreises in der CDU sprachen Experten über die Energiesicherheit in Europa. Statt Ideologie boten hochkarätige Referenten - darunter die beiden TE-Autoren Fritz Vahrenholt und Frank Hennig - Fakten, Strategien und Perspektiven für den Ausweg aus dem selbstverschuldeten Fiasko.

Der Berliner Kreis hat mehr denn je den Ruf eines Gallischen Dorfes in der CDU. Der Widerstand innerhalb der in der Merkel-Ära umgekrempelten Partei ist nochmals gewachsen, als ausgerechnet die konservativen Kräfte bei der letzten Bundestagswahl die Zeche für die Verfehlungen von 16 Jahren grünem Kuschelkurs zahlen durften. Mehrere Bundestagsabgeordnete flogen aus dem Parlament. Zu den prominentesten Gesichtern gehört die Düsseldorferin Sylvia Pantel, die das Schicksal vieler konservativer Kollegen teilte. Sie war 2021 maßgeblich daran beteiligt, das Gesetz über Kinderrechte in der letzten Legislatur verhindert zu haben.

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Pantel hatte zusammen mit ihren Mitstreitern für den 8. April zu einer Veranstaltung zur „Energiesicherheit in Zeiten europäischer Konflikte und ideologischer Umwälzungen“ eingeladen. Als Referenten mit dabei: zwei TE-Autoren, nämlich Fritz Vahrenholt und Frank Hennig. Auch im Veranstaltungssaal tummelten sich Vertreter des liberalen und konservativen Milieus, etwa der Mitbegründer der Werteunion, Alexander Mitsch, oder der ehemalige Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen. Mit Markus Kerber, Georg Gafron und Ulrich Vosgerau waren weitere Gesichter dabei, die TE-Lesern nicht unbekannt sind. Auch Björn Peters, der als dritter Referent auftrat, hat bei TE einen Gastbeitrag verfasst.
Berliner Kreis in der CDU setzt sich für ein Umdenken bei der Energiepolitik ein

Wie sehr die Veranstaltung an der Nahtstelle zwischen historischen Krisen stand, verdeutlichte einerseits die aktueller denn je gewordene Frage nach Energiesicherheit; Pantel betonte, dass bei der Konzeption „niemand mit diesen Umständen gerechnet“ hätte. Der Ukraine Krieg habe „dramatische Konsequenzen“, die noch nicht absehbar seien. Zugleich lagen noch die Nachwehen der Corona-Krise über der Runde: krankheitsbedingt hatten Gäste und Besucher abgesagt. Für einen Referenten musste coronabedingt Ersatz gefunden werden, ebenso für die Moderatorin, da diese in Quarantäne saß.

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Das tat der Qualität der Veranstaltung jedoch keinen Abbruch. Mit dem polnischen Konsul Marcin Krol bewies der Berliner Kreis ein gutes Gespür für die Situation. Krol scheute in seinem Grußwort nicht davor zurück, die akute außenpolitische Situation in drastischen Worten zu schildern; so handele es sich im Ukraine-Krieg nicht nur um einen Kampf zwischen Demokratie und Diktatur, sondern um einen von Gut und Böse. Damit ging der Fingerzeig direkt in Richtung Ampel-Regierung: „Werden sich unsere Freunde in Deutschland von ihrem prorussischen Sentiment trennen?“

In Deutschland werde oft vergessen, dass 1939 auch die Sowjetunion Polen überfallen und später ein Massaker in Katyn angerichtet habe. Russland habe über Jahrhunderte versucht, die polnische Identität auszulöschen. Man habe in Warschau daher von Anfang an gewusst, dass die Ressourcengeschäfte Russlands mit Gas und Öl nicht nur wirtschaftliche Motive beinhalteten. Sie sollten Druck ausüben – eine Lehre, die man in Berlin nicht habe hören wollen.

Der polnische Konsul rüttelte an deutschen Energie-Gewissheiten

Trotz seiner aus Sowjetzeiten stammenden großen Abhängigkeit von russischen Importen habe die polnische Regierung daher alles versucht, um die Gaslieferanten zu diversifizieren. In Swinemünde habe man deswegen ein LNG-Terminal gebaut, es werde über ein zweites in Danzig beraten. Bis Ende 2022 könne man daher anstreben, komplett von russischen Gaslieferungen frei zu sein.

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Polen leiste sich diese Schritte, obwohl es ärmer als der Nachbar Deutschland sei. Doch man müsse die Tragweite dieses Konflikts verstehen: er sei mit dem „Wettrüsten“ unter Ronald Reagan vergleichbar. Nur, wenn man nun zu hohen Kosten die Energieversorgung umstelle, könne man diesen Wirtschaftskrieg gewinnen. „Wenn wir jetzt nicht handeln, wird Butscha nur ein Prolog sein“, zitierte Krol den polnischen Ministerpräsidenten Morawiecki.

Moderator Dietmar Grosser stimmte in die Bewertung der Lage ein („Die fetten Jahre sind vorbei!“), gab der Veranstaltung und der daran anknüpfenden Diskussionsrunde jedoch einen bewusst lockeren Stil, der auch die schlimmste Warnung gelassen aussprach. Grosser führte dabei an, dass auch die bisher sichere Welt in weiten Teilen eine Illusion gewesen sei, die erst durch die ersten größeren Stromausfälle offenbar werden würde – die kleineren Stromausfälle habe man bisher gekonnt verschwiegen. Ähnlich müsse man auch nicht mit einer Inflation von rund 7 Prozent rechnen, sondern eher mit einer von 10 bis 15 Prozent, weil bei den Berechnungen durch Rechnungstricks nachgeholfen werde. Grosser erfasste auch das wichtige Problem des wankenden Petro-Dollars.

Vahrenholt: Die Energiewende ist am Ende

Anschließend übernahm Fritz Vahrenholt das Wort. Er machte deutlich, dass die jetzige kritische Energieversorgung nicht mit dem Ukraine-Krieg zusammenhinge; die Energiekrise habe im September begonnen, weil die globale Weltwirtschaft wieder ihre Industrie und Kraftwerke hochgefahren habe, einhergehend mit einer Windflaute in Europa. Zwar habe der Ukraine-Krieg diese Energiekrise verschlimmert; aber vor allem führe er vor Augen, dass die „Energiewende am Ende“ sei.

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Das „Rückgrat der Energiewende“ seien nämlich die höheren Gasimporte. Deutschland sei mittlerweile der größte weltweite Gasimporteur nach China, Nordstream 2 sollte laut dem Koalitionspapier der Ampel in Zukunft 30 bis 50 Gaskraftwerke versorgen. Diese Strategie sei nunmehr gescheitert. Bei der Lösung der jetzigen Krise hätte man auch keine echte Ausweichstrategie, sondern verlege sich vielmehr darauf, das Gas aus anderen Ländern zu importieren. Dabei stünde ein „dicker, großer Elefant“ im Raum: nämlich die heimische Braunkohle.

Zugleich betonte Vahrenholt: „Wir können einen Gasimportstopp nicht verkraften.“ Während man selbst kein Fracking betreibe, wolle man teures Fracking-Gas nun sogar aus Übersee importieren. Es sei zudem eine „Irreführung der Menschen“, dass mehr Windkraftanlagen die Lösung seien, da sie nicht den Energiebedarf decken könnten. Zugleich erhob Vahrenholt deutliche Kritik am IPCC und sagte voraus, man werde noch in diesem Jahrzehnt erleben, wie die Klima-Prognosen „scheiterten“.

Hennig: Basis der Energiewende sind nicht Sonne und Wind, sondern Glaube und Hoffnung

Danach folgte Frank Hennig, der ebenfalls betonte, die Energiewende sei mit dem Ukraine-Krieg „von außen“ beendet worden, wenn diese auch ohne Krieg auf Zeit beendet worden wäre. Dennoch hätten viele noch nicht „die Schüsse aus der Ukraine“ gehört. Deutschlands Energiestrategie zeichne weniger eine stabile, denn volatile Leistung aus. Zugleich erhöhe sich durch E-Autos und Wärmepumpen der Bedarf.

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Die anberaumte Idee, den volatilen Windstrom über Wasserstoff zu speichern, sei in Wirklichkeit eine Energieverschwendung. Überdies sei eine Erschließung des windarmen Süddeutschlands durch Windräder ökonomisch wie ökologisch kaum sinnvoll. Die Energiewende basiere nicht auf Sonne und Wind, sondern Glaube und Hoffnung. Am Ende stünde eine ähnliche Situation wie in der DDR bevor. Diese habe zudem gezeigt, dass man „Mangel managen“ könne. Ein aktuelles Beispiel sei Südafrika, wo in verschiedenen Eskalationen Strom abgeschaltet werden.

Hennig prognostizierte eine ähnliche Situation für die Bundesrepublik. Südafrika, dessen Bevölkerung eher zum Aufruhr geneigt sei als die Deutschlands, habe kaum gegen solche Umstellungen protestiert. Es werde vielleicht am Anfang diskutiert, nach wenigen Monaten habe man sich an die Situation gewöhnt, die durch Energiespartipps und Einsatz für den Klimaschutz beschönigt werde. Um dieses Szenario zu verhindern, setzte sich Hennig für einen Weiterbetrieb der Kern- und Kohlekraft ein, die Diversifizierung von Importen, langfristige Verträge in der Stromversorgung, heimische Förderung (inklusive Fracking), die Abschaffung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes und den Import moderner Kernkrafttechnik.

Peters: Laufzeiten der Kernkraftwerken eine rechtliche, keine technische Angelegenheit

Björn Peters vom Arbeitgeber Verband begann seine Rede mit dem Eingeständnis, dass auch CDU und FDP schuld an der grünen Energiewende seien. Er stellte verschiedene Lösungen vor, um den drohenden Energieengpass aufzuhalten. Die Kohleförderung sei weiterhin wichtig, die Klimavorgaben könnten durch CO2-Verpressung unter der Erde (CCS) gelöst werden. Man müsse das Gesetz zur Aussetzung des CCS-Verfahrens ernsthaft diskutieren.

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Auch Peters sah im einheimischen Fracking ein Zukunftsmodell. Die Vorurteile gegen diese Technologie seien aus wenigen fehlerhaften Bohrverfahren entstanden, die aber auf schlechte Gesetze zurückzuführen seien, die in Deutschland so nicht möglich gewesen wären. In Deutschland könne dagegen mit der höchsten Sicherheit weltweit gearbeitet werden. Fracking könnte daher hierzulande „Verantwortungsbewusst“ erlaubt werden, insbesondere durch eine Kopplung an Rückbau-Verpflichtungen. Befürchtungen, das Grundwasser könnte durch diese Methode verschmutzt werden, seien unbegründet, mittlerweile gebe es dafür passende Technologien.

Zuletzt widmete sich Peters längeren Laufzeiten für Kernkraftwerke. Nicht nur die noch in Betrieb befindlichen Anlagen, sondern auch die drei Kraftwerke, die Ende 2021 vom Netz gingen, könnten weiterlaufen. Die hohe Qualität der Anlagen ermögliche einen Weiterbetrieb von bis zu 20 Jahren. Brennelemente könnten länger belassen werden, das Personal habe auch angekündigt, bei einer Laufzeitverlängerung mehrheitlich zu bleiben. Einzig bei den Zulieferern gäbe es vielleicht anfangs ein paar Schwierigkeiten, Peters zeigte sich aber optimistisch, dass die Suche leichtfallen dürfte. Die Laufzeitverlängerung sei daher vornehmlich ein rechtliches, bzw. ein politisches Problem, aber kein technisches.

Deutschland, Land der Lastenfahrräder und Lagerfeuer

Das Resümee der Veranstaltung: nie seien die Chancen so groß wie jetzt gewesen, eine Wende herbeizuleiten und die deutsche Energiepolitik wieder faktenbasiert und vorausschauend zu gestalten. Dass aber die Bundesregierung nach einem sehr kurzen Zeitfenster wieder in alte Muster zurückgefallen sei. Linksradikale hätten es geschafft, auch in der Bevölkerung Angst und Panik einzupflanzen, sodass die Beharrungsreflexe enorm seien. Deutschland könne möglicherweise nur durch einen Crash wachgerüttelt werden. So lange dürfte es weiterhin mit einer Zukunft als Land der Lastenfahrräder und Lagerfeuer rechnen.


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