Vom Autor Thomas Vašek gibt es schon seit April auf zeit.de ein Stück mit der programmatischen Überschrift: Die Deutschen müssen das Auto loswerden. Daraus ein paar Textproben und dann eine Schlussfolgerung.
- Es geht nicht nur um die Zukunft des Verbrennungsmotors, um Stickoxid- und Feinstaubwerte, um Tempolimits und Elektromobilität. Es geht auch um eine deutsche Lebensform, eine nahezu totale Autokultur, die dieses Land bis in den letzten Winkel durchdringt.
- Der Blick des Autofahrers ist primär nach vorn auf die Straße gerichtet. Was immer ihm beim Fahren begegnet, das nimmt er als potenzielles Hindernis wahr. Die Perspektive des Fahrers ist eine verengte Perspektive, sein Blick ein Tunnelblick, der aufs Fahren selbst fixiert ist, aufs möglichst zügige und unbehinderte Vorankommen.
- Die Krise des deutschen Autos ist die Krise dieser Selbstbewegung. Es ist die Krise des automobilen Subjekts, jenes merkwürdigen Hybridwesens aus Mensch und Technik, das in Deutschland seine am höchsten entwickelte Gestalt angenommen hat. Es ist die Krise der deutschen Fahrerperspektive, einer deutschen Sicht auf die Welt.
- Der deutsche Autofahrer leidet am Überfließen seiner Kraft. Er will nicht spielen, sondern kämpfen. Er will nicht nur fahren, sondern dominieren. Die Straße will er nicht bloß nutzen. Er will sie erobern. Der deutsche Fahrer behauptet sich selbst, indem er möglichst viele überholt.
- In der Debatte geht es daher nicht nur um Unfallzahlen und Klimaschutz. Es geht auch um eine Art Selbstbegrenzung – um ein Ende der deutschen „Raserei“.
- Wenn Deutschland wirklich vorankommen will, dann muss es die Herrschaft der Fahrerperspektive brechen – und das deutsche Automobil überwinden. Unsere Freiheit realisiert sich nicht bei Tempo 200 auf der Autobahn, sondern in einer intelligenteren Mobilität, in einer neuen Leichtigkeit des deutschen Fahrens, ohne Bleifuß auf dem Gaspedal.
Das sind Zitate, die aus dem Zusammenhang gerissen sind. Kann der Vorwurf lauten. Sie werden allerdings, das ist meine Bewertung, durch den Zusammenhang nicht besser, im Gegenteil. Etwa den Zusammenhang mit dieser Stelle:
- Aus der „Kraft durch Freude“, die der Volkswagen versprach, wurde nach dem Krieg die „Freude am Fahren“.
Zur Person des Autors steht neben seinem Beitrag auf ZON: „In seinem früheren Leben fuhr er einen 420-PS-Sportwagen einer bekannten süddeutschen Marke.“
- „In seinem früheren Leben“ signalisiert, dass der Autor in jenem früheren Leben selbst ein Täter mit „deutscher Fahrerperspektive“ war.
- Eine Linie vom NS-Slogan „Kraft durch Freude“ zum BMW-Slogan „Freude am Fahren“ zu ziehen, signalisiert, dass der Autor als früherer Fahrer eines Audi R8 (301 km/h Spitze) sein Unterlegenheitsgefühl gegen die Marke mit dem höheren Prestige in sein neues Leben ohne „deutsche Fahrerperspektive“ und ohne Audi R8 mitgenommen hat.
Der Beitrag von Thomas Vašek mit dem Ziel „Die Deutschen müssen das Auto loswerden“ reiht sich – pseudophilosophisch schwurbelnd – ein in das viel einfacher und ehrlicher gefasste Kriegsgeschrei im grünen Zeitgeistmilieu gegen die selbstbestimmte Entscheidung ihrer Fortbewegungsarten durch freie Bürger.
Dass ein ganzes Volk und Land „das Auto loswerden“ muss, damit ein Autor sein früheres Leben in „deutscher Fahrerperspektive“ und die damit verbundene ideologische Verirrung loswird, finde ich doch recht übertrieben.
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