Tichys Einblick
Wegen Kritik an Gerichten

Die Bundesärztekammer liest Montgomery die Leviten in Sachen Rechtsstaat

Die Bundesärztekammer distanziert sich vom Weltärztechef Frank Ulrich Montgomery wegen seiner abfälligen Äußerungen über deutsche Richter. Er sei als Sprecher deutscher Ärzte weder bevollmächtigt noch legitimiert worden.

Weltärztechef Frank Ulrich Montgomery am 2. Oktober 2014 in der Talkshow "Maybritt Illner", damals noch Präsident der Bundesärztekammer.

IMAGO / Eventpress

Die Bundesärztekammer (BÄK) hat sich sich vom Vorstandsvorsitzenden des Weltärztebundes (WMA), Frank Ulrich Montgomery, distanziert und die Gewaltenteilung in Deutschland betont. Das erklärte das Präsidium der BÄK in einer Online-Pressemitteilung. Darin hob die BÄK die Gewaltenteilung als „tragendes Prinzip des Rechtstaates“ hervor, zu der insbesondere die Unabhängigkeit der Gerichte gehöre. Gerade in „gesellschaftlichen Krisenzeiten“ sei die Überprüfung exekutiver Maßnahmen durch unabhängige Gerichte wichtiger denn je.

"Richterlein"
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Montgomery hatte diese Woche seinen Unmut über deutsche Gerichte in fragwürdiger Wortwahl geäußert. Er stoße sich daran, dass „kleine Richterlein sich hinstellen und wie gerade in Niedersachsen 2G im Einzelhandel kippen, weil sie es nicht für verhältnismäßig halten“. Die BÄK widersprach einer solchen Herabsetzung. „Die Ausübung dieser Kontrollfunktion ist mithin keine Anmaßung von Richterinnen und Richtern, wie dies jüngst der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebundes (WMA), Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery, behauptet hat, sondern schützenswertes Fundament der Gewaltenteilung in Deutschland.“

Die Arbeit hochqualifizierter Richterinnen und Richter trage maßgeblich bei der Vertrauensbildung und Akzeptanz der Corona-Regeln bei. Deshalb verwahre sich die Bundesärztekammer ausdrücklich „gegen eine Herabwürdigung der Arbeit von unabhängigen Richterinnen und Richtern in Deutschland“.

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Überdies stellte die BÄK klar, dass Montgomery als Vorstandsvorsitzender des WMA keineswegs von der deutschen Ärzteschaft dazu mandatiert sei, den „gesundheitspolitischen Meinungs- und Willensbildungsprozess in Deutschland zu kommentieren und so den Eindruck zu erwecken, für die Ärztinnen und Ärzte in Deutschland zu sprechen“. Ebenso wenig sei er von der deutschen Ärzteschaft legitimiert, „einzelne Regelungen der Länderparlamente, des Bundestages oder der Bundesregierung zu kommentieren bzw. das Rechtsstaatsprinzip in Deutschland in Frage zu stellen“.
Montgomery: Unter Richtern „Impfgegner, Corona-Leugner und ähnliches“

Deswegen distanziere sich das Präsidium der Bundesärztekammer „ausdrücklich von der durch Herrn Montgomery zum Ausdruck gebrachten Kritik an den Urteilen der Oberverwaltungsgerichte, sowohl im Inhalt wie auch im Stil“. Gewaltenteilung und Gerichte seien „konstitutive Kernelemente“ des Rechtsstaates.

Bereits vor der Mitteilung der BÄK hatten Montgomerys Äußerungen Kritik auf sich gezogen. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte die Einlassungen zurückgewiesen und die gute Arbeit der Richter betont. Der Präsident der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, hatte Montgomerys Diffamierung deutscher Amtsrichter als „nicht akzeptabel und unerträglich“ bezeichnet. Robert Seegmüller vom Bund Deutscher Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen (BDVR), betrachtete sie als „in der Sache unqualifiziert und im Ton unangemessen“.

Später räumte der Weltärztepräsident ein, er habe „provozieren„ wollen. Er legte jedoch nach, dass es auch unter Richtern „Impfgegner, Corona-Leugner und ähnliches“ gebe. Zuvor war Montgomery bereits mit ausfälligen Äußerungen aufgefallen, als er von einer „Tyrannei der Ungeimpften“ gesprochen hatte. Im Deutschlandfunk verteidigte Montgomery seine rhetorischen Kapriolen: „Meine Kritik war natürlich überspitzt, aber sie kommt deswegen an.“

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