Von der Freude, dass der Strom auch ohne Atom noch da ist, über die Behauptung, Atomkraftwerke im Ausland würden die Energiewende behindern, bis hin zu Atommeilern, die man aufessen kann – es folgt eine Auswahl bizarrer Politiker-Kommentare.
Platz 7: Carsten Träger
Der SPD-Bundestagsabgeordnete verkündete schon am Sonntag den vollen Erfolg der Atomkraft-Abschaltung vom Samstag, als die letzten drei deutschen Kernkraftwerke zwangsweise vom Netz gingen: „Strom immer noch da.“
Juhu, im Kühlschrank brennt noch Licht. Dann kann bei der spezifisch deutschen Energiewende, bis 2030 aus fast jeder grundlastfähigen Erzeugung auszusteigen, und gleichzeitig den Stromverbrauch durch Wärmepumpen und Elektroautos hochzujagen, nichts mehr schiefgehen.
Am besten von jetzt an täglich melden, Herr Träger: Bis eben noch ging alles gut. Den Blackout können Sie nämlich schlecht auf Twitter verkünden.
Platz 6: Michael Bloss
Der eine oder andere kennt den grünen Europaabgeordneten schon als wandelndes Kompetenzzentrum für Energiefragen. Michael Bloss freute sich auf Twitter, dass es jetzt auch der französischen Atomkraft wegen der „Klimakrise“ an den Kragen gehen würde – wegen der Trockenheit und dem fehlenden Kühlwasser.
Stimmt noch nicht einmal halb: 2022 standen Kernkraftwerke in Frankreich aus unterschiedlichen Gründen still. Teils wegen Korrosionsschäden, die es zu beheben galt, teils wegen regulärer Revisionen. Nur fünf Meiler mussten zeitweise gedrosselt oder abgeschaltet werden, weil Kühlwasser in Flüssen zeitweise knapp oder zu warm wurde: Die Anlagen Golfech, Tricastin, St. Alban, Bugey und Blayais.
Trotzdem lief die Hälfte der Atomkraftwerke im Nachbarland. Frankreich exportierte sogar reichlich Strom nach Italien.
Kleiner Fakt für Bloss: Deutschlands Kernkraftwerke waren nie durch Kühlwassermangel bedroht.
Platz 5: Claudia Kemfert
Im WDR verkündete die oberste Trommlerin für die Energietransformation, die sich im Eifer öfter mal bei Zahlen und Fakten vertut: Jetzt bremsen die Kernkraftwerke der restlichen Länder um Deutschland die Energiewende. Zum Beispiel der neue Reaktor in Finnland, der dort als derzeit leistungsfähigste Anlage Europas am Wochenende ans Netz ging.
Die Bilanz beim CO2 pro Kilowattstunde am Tag nach der Abschaltung sah übrigens so aus:
Egal: Am deutschen Energiewesen muss die Welt genesen. Und zwar noch und nöcher.
Platz 4: Katrin Göring-Eckardt
Der Universalkoryphäe der grünen Partei verdanken wir Erkenntnisse, auf die uns sonst niemand gebracht hätte: etwa, dass die Nazis die Dresdner Frauenkirche zerstörten. Und dass Strom jetzt nach der Kernkraftabschaltung schnell billiger wird. Am Sonntag bei Anne Will feuerte Göring-Eckardt ihre alternativen Fakten gleich reihenweise ab. Glaubt man ihr, dann hätten in Frankreich wegen Kühlwassermangels alle Atomkraftwerke, oder wie die Politikerin meinte, „die Dinger im Wesentlichen stillgestanden“.
Unfug, siehe oben. Aber niemand in der Runde widersprach. Außerdem meinte sie, „dass Atomkraft dreimal so teuer ist wie Erneuerbare“. Die Strom-Gestehungskosten der drei jetzt abgeschalteten und vorher längst abgeschriebenen deutschen Atomkraftwerke lagen bei drei Cent pro Kilowattstunde. Die Kosten von Solar- und Windstrom aber leider nicht, wie es aus Göring-Eckardts Rechnung folgen würde, bei einem Cent.
Schließlich kam die Grüne auch wieder auf die „Verstopfung“ der Netze durch Atomstrom. Mit der ist es nun seit Samstag Gott sei Dank vorbei. Kohlestrom, der in Deutschland hauptsächlich den abgeklemmten Atomstrom ersetzt, stopft nach Göring-Eckardt merkwürdigerweise nicht.
Platz 3: Jan Philipp Albrecht
Kennen Sie Jan Philipp Albrecht? Als grüner Europaabgeordneter setzte er durch, dass wir bei fast jeder Internetnutzung das Cookies-Kästchen anklicken müssen. Millionen Bürger danken ihm täglich aufs Neue dafür. Mittlerweile amtiert er als Vorsitzender der Grünen-nahen Böll-Stiftung. In dieser Eigenschaft erklärte Albrecht zur Feier der Atomkraft-Abschaltung: „Mit dem Atomausstieg werden Gelder, Netze und Energie frei.“ Vor allem Energie. Aber lesen Sie selbst, was der Fachmann spricht:
Platz 2: Katharina Beck
Katharina Beck wirkt als Finanzpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion. Sie fühlte das Bedürfnis, auf Twitter einmal konkret vorzurechnen, wie günstig das Abwürgen der Kernkraft sich auf die Stromrechnung auswirkt. Der Fachfrau zufolge kostet eine Kilowattstunde Atomstrom nämlich 148 Euro, Strom aus Sonne und Wind dagegen nur supergünstige 37.
Immerhin: Später korrigierte sie den Tweet, weil ihr aufgegangen sein musste, dass, würden ihre Zahlen stimmen, selbst ihre Bundestagsdiäten nicht für die Stromrechnung reichen würden. Auch ohne Kernkraft. Aber selbst geteilt durch tausend stimmen die Größenordnungen immer noch nicht – siehe oben.
Fazit: Wer sich eben mal um drei Nullen vertut, qualifiziert sich bei den Grünen problemlos für Finanzpolitik. Schwer hätten es vermutlich eher Leute, die ein wenig Überschlagsrechnung beherrschen.
Platz 1: Emilia Fester
Dass die grüne Jungabgeordnete zu den klügsten Parlamentariern im Bundestag gehört, bewies sie auch an diesem Wochenende. Eine gewisse Bekanntheit erlangte Fester dadurch, dass sie gern im Bundestag tanzt und sich dabei in die Kamera freut. Zu Recht: Nur wenige kassieren für Hoppelschritte auf Instagram 10.000 Euro monatlich plus Aufwandsentschädigung.
Auch das Kernkraft-Aus kommentierte die Politikerin fast nonverbal, indem sie sich aus Keksen und einem Gebäck, das einmal einen heute inkorrekten Namen trug, drei leckere Kernkraftwerkchen zum Verspachteln aufbaute.
Damit verhält sie sich wirklich schlau: Wer gar nicht erst über Netzverstopfung und die Atomstrom-Kilowattstunde für 148 Euro redet oder schreibt, wirkt im Vergleich zu den Kollegen regelrecht kompetent.
Fester fordert übrigens das Wahlrecht ab 6 Jahren. Offenbar übt sie schon einmal dafür, das neue Klientel adäquat anzusprechen.
Den ersten Platz im TE-Ranking kann ihr niemand nehmen.