Tichys Einblick
Fälschungsvorwürfe:

CDU-Politikerin Diana Kinnert soll in ihrem Buch auch ein Interview erfunden haben

Die CDU-Nachwuchshoffnung Diana Kinnert sieht sich Plagiatsvorwürfen ausgesetzt. Doch wie der Plagiatsprüfer Stefan Weber nun behauptet, geht es über das bisher bekannte Maß hinaus: Kinnert soll in ihrem Buch gefälscht und Interviews frei erfunden haben.

IMAGO / Future Image

Schon vor wenigen Tagen erklärte die CDU-Nachwuchshoffnung Diana Kinnert, dass sie „Fehler beim korrekten Zitieren und Paraphrasieren“ gemacht habe. Nun erhebt der Plagiatsjäger Stefan Weber neue Vorwürfe. Teile ihres Buches „Die neue Einsamkeit“ sollen nicht nur plagiiert sondern gefälscht sein.

Diana Kinnert galt als Nachwuchshoffnung der CDU. Vor wenigen Tagen wurde sie dann mit Plagiatsvorwürfen konfrontiert (TE berichtete). Konkret geht es um ihre beiden Bücher „Für die Zukunft seh‘ ich schwarz“ aus dem Jahr 2017 und um das Buch „Die neue Einsamkeit“, welches 2021 erschienen ist. In beiden Büchern sei an mehr als 200 Stellen plagiiert worden. Dies behauptet zumindest der österreichische Plagiatsjäger Stefan Weber. Textteile des Welt-Chefredakteurs Ulf Poschardt und des SZ-Redakteurs Johann Osel seien unzitiert übernommen worden. Auch bei Wikipedia habe die 31-Jährige abgeschrieben.

In der Folge erklärte Kinnert lapidar: „Ich habe mir die Belege zu beiden Büchern angesehen und muss einräumen, dass ich Fehler gemacht habe beim korrekten Zitieren und Paraphrasieren und der Vollständigkeit der Quellennachweise“. Die Fehler seien vor allem auf Stress und ihre hohe Belastung zurückzuführen. „Ob Lebenskrise, Doppelbelastung oder strukturelles Problem – am Ende wäre es meine Aufgabe gewesen, in Überforderung kein Buch entstehen zu lassen.“ Kinnert war stets wichtig zu betonen, dass die mangelhaften Quellennachweise lediglich Sorgfaltsfehler gewesen seien. „Ich habe das nicht vorsätzlich getan“, machte sie deutlich.

Diese Aussagen stehen nun in einem mehr als fragwürdigen Licht. In dem Buch „Die neue Einsamkeit“ gibt Kinnert ein Interview mit der britischen Einsamkeitsforscherin Rebecca Nowland wieder. Doch nach Aussagen des Plagiatsforschers Stefan Weber fand dieses niemals statt. „Ich erinnere mich noch gut, was sie mir über die Lebenseckpunkte der heutigen Millennials erzählte“, führt Kinnert in ihrem Buch aus. Dann fügt sie ein langes Zitat von Nowland an.

Nowland soll ihr gesagt haben: „Das Lebensalter um die 20 und 30 ist eine Zeit, die mit Erwartungen vollgepackt ist. Anfang 20: Du hast ein aufregendes Studentenleben mit rauschenden Partys, Dutzenden Freunden, philosophischen Diskussionen und knisterndem Liebesleben. Mitte 20: Du bist auf dem Sprung zu einer ersten Karriere, angelst erste Jobangebote und bleibst dabei innerlich jung und wild. Ende 20: Die Karriere nimmt Form an, gleichzeitig geht die Familienplanung los. Um die 30 solltest du glücklich verheiratet sein.“

Nach diesem Textbaustein schrieb Kinnert: „Nowland schaute mich nach diesen Worten eine Weile an und sagte nichts. Sie wollte wohl sehen, wie ich reagiere, als sie mir diese Lebensjahre wie eine Art Bilderbuchshow darlegte. Dann setzte sie plötzlich wieder an“, und ein weiteres langes Zitat von Nowland folgte.

Ganz andere Äußerungen sind jedoch von Nowland zu hören. In einer E-Mail gegenüber Stefan Weber schreibt sie, dass sie keinerlei Erinnerungen an das Interview habe. Allerdings hätte sie während der Zeit an einer Konferenz teilgenommen, bei der sie nicht ausschließen könne, mit Kinnert gesprochen zu haben. Doch auch das erscheint äußerst zweifelhaft. Was Nowland angeblich persönlich in Großbritannien erzählt habe, äußerte sie im Jahre 2018 schon einmal nahezu wortgleich gegenüber der Zeit. Auch Nowland hält es für „sehr unwahrscheinlich“, dass der Wortlaut derselbe wäre, wenn sie tatsächlich mit Kinnert gesprochen hätte. Zudem wurden die Aussagen Nowlands übersetzungsbedingt angepasst.

Wenn sich die Behauptungen des Plagiatsjägers Stefan Weber bestätigen, handelt es sich hier nicht nur um handwerkliche Fehler, sondern um falsche Tatsachenbehauptungen. Die Grenze des Plagiats wäre überschritten und ihr Buch nichts weniger als eine Fälschung.

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