Tichys Einblick
Digitales Dorf

Deutschland marschiert zurück ins „Zeitalter der Schreibmaschine“

Die Europäische Union hat eine Richtlinie verabschiedet: Arbeitgebern soll die Digitalisierung der Verwaltung erleichtert werden. Deutschland dreht die Richtlinie um und nötigt Arbeitgeber zu noch mehr Papierkram.

IMAGO / teutopress

Soll die FDP erklären, wofür sie in der Ampelregierung gut ist, fällt sofort das Stichwort Digitalisierung. Nutzen Sozialdemokraten „Solidarität“ als Exit-Begriff, um sich aus unangenehmen Diskussionen zu mogeln, ist es bei den Freidemokraten der „digitale Aufbruch“. Die Pläne hören sich gut an. Wäre da nicht die Realität, die den Deutschen so etwas wie das „Nachweisgesetz“ bringt.

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Mit dem Nachweisgesetz reagiert die Bundesregierung auf die Europäische Union. Die EU hat in einer Richtlinie vorgegeben, dass ihre Mitglieder die Verwaltung von Arbeitsverhältnissen überarbeiten sollen. Das Ziel ist, die Verfahren zu digitalisieren und zu vereinfachen, sodass die Unternehmen in der Verwaltung entlastet werden. Daran ist die Ampel nicht nur gescheitert – sie hat es geschafft, eine Richtlinie zur Digitalisierung zu nutzen, um Arbeitgebern mehr Papierkram aufzuhalsen.

Seit dieser Woche müssen Arbeitgeber dem Staat mehr Informationen über das Angestelltenverhältnis liefern. Sie müssen die Höhe des Lohns dokumentieren inklusive aller Sonderverdienste, den Arbeitsort und die Inhalte einer Tätigkeit. Das Arbeitsministerium offenbart dabei eine Schwäche, die es schon in der Pandemie gezeigt hat: Sein Bild von Arbeitsverhältnissen ist in den 50er Jahren stehengeblieben, als sich ein Arbeitnehmer um 8 Uhr ans Band gestellt hat und dieses bis 17 Uhr nur für einen Gang in die Kantine oder auf die Toilette verlassen hat. Dass sich Arbeitsverhältnisse in den 20er Jahren des 21. Jahrhunderts schwerer beschreiben lassen, hat das Arbeitsministerium schon in der Pandemie nicht verstanden.

Arbeitnehmer in komplexen Beschäftigungsverhältnissen mussten mogeln oder schätzen, wenn es in Anträgen zur Kurzarbeit darum ging, Arbeitszeiten festzulegen. Mit dem Nachweisgesetz beweist das Arbeitsministerium nun erneut, dass es in der digitalen Arbeitswelt nicht angekommen ist.

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Das formale Verfahren, für das sich das Arbeitsministerium entschieden hat, könnte das nicht eindrucksvoller belegen: Die EU hat seine Mitglieder angehalten, digitale Dokumente im Arbeitsnachweis zuzulassen. Die Ampel schließt das ausdrücklich aus. Die Arbeitgeber müssen die Unterlagen schriftlich vorlegen. Per Hand unterschrieben. In der Pandemie galt das Fax-Gerät als das Symbol der deutschen digitalen Rückständigkeit. Das Arbeitsministium von Hubertus Heil (SPD) führt die deutsche Wirtschaft noch weiter zurück in die Vergangenheit.

Die Angaben zum Arbeitsverhältnis müssen vorliegen, bevor ein Arbeitnehmer eine Stelle antritt. Noch bevor klar ist, wie ein Job sich in der digitalen Welt gestaltet, muss ein Unternehmen auf Papier dokumentieren, wann und wie lange der Arbeitnehmer was macht. Bei Verstößen muss das Unternehmen ein Bußgeld von bis zu 2000 Euro bezahlen. Für jeden Fall.

Die Bundestagsfraktion der Union spricht von einer „Blamage für Deutschland“. Die Ampel bremse die Digitalisierung aus. Statt die digitale Form zuzulassen, belege die Regierung diese nun mit Strafen: „Das kommt einem Digitalisierungsverbot gleich“, sagt der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Günter Krings. Die Unternehmer würden zusätzlich durch Verwaltungs-Aufwand belastet, für die Arbeitnehmer entstehe dadurch kein „Mehrwert“. Mit diesem „Bürokratiemonster“ hänge die Ampel Deutschland im internationalen Vergleich ab: „Während unsere europäischen Nachbarn die digitalen Möglichkeiten der Richtlinie ausschöpfen, entscheidet sich Deutschland für Stift, Papier und Bürokratieaufbau. Die Ampel-Regierung schreitet bei der Digitalisierung nicht voran, sondern zurück ins Zeitalter der Schreibmaschine.“

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