Tichys Einblick
Ausweglosigkeit eines Problems

Deutsche Freibäder im Sommer 2023: Sicher ist nur die Eskalation

Und es gibt nur Auswege, die einem nicht gefallen: Nancy Faeser fordert Polizeipräsenz in Bädern (obwohl das gar nicht geht). Dagegen meint Parteikollegin Iris Spranger, nun müssten Bademeister für Sicherheit sorgen (obwohl das ihre eigene Aufgabe wäre).

Das Sommerbad Neukölln, genannt Columbiabad ist nach einem Brandbrief der Angestellten geschlossen.

IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Irgendwann muss man zugeben, dass einem kein politischer Lösungsvorschlag mehr gefällt. Einfach weil das Problem so absurd ist und eigentlich gar nicht existieren sollte. Nach den neuen Freibad-Eklats um das Neuköllner Columbiabad, dessen Mitarbeiter vor Gewalt und Psychoterror in den Krankenstand geflohen sind, sagte Innenministerin Nancy Faeser, dass sie sich Polizisten in den Bädern wünscht, weil man irgendwo anfangen müsse, Kindern Gewaltlosigkeit beizubringen. In etwa so.

Dieser Vorschlag hat sich von alleine dementiert, weil auch die Berliner Polizei kundtat, dass sie gar nicht genügend Personal besitzt, um neben jeder Rutsche und jedem Zehner zu stehen. Das ist auch gar nicht die Aufgabe der Polizei, wie der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Jochen Kopelke bestätigte. Aber was weiß eine Bundesinnenministerin davon. Auch CDU-Chef Friedrich Merz haut übrigens in dieselbe Kerbe der Rechtsunkundigen. Nancy Faeser mausert sich in zunehmendem Maß zur Verfassungsfeindin, jedes offene Wort, das sie sagt, führt weiter auf diesem Wege.

Schon vor einem Jahr hatte Faeser freudestrahlend von „ihrem Job“ gesprochen, der darin bestehe, dafür zu sorgen, dass Menschen hierzulande sicher leben können: „Familien mit Kindern oder auch Jugendliche müssen ja unbeschwert ins Schwimmbad gehen können in Deutschland. Das ist etwas, was mich Tag für Tag umtreibt, auch in der Kriminalitätsbekämpfung vorzugehen, dass die Menschen sicher leben. Das ist mein Job!“

Schon da hatte sie mehr Polizeipräsenz gefordert, ohne allerdings zu sagen, ob die Polizei am Beckenrand stehen soll oder irgendwo anders. Sie sagte es nun wieder: „Das heißt auch: Polizeipräsenz. Ich will das ganz deutlich sagen.“ Das ist eher maximal undeutlich. Denn man erfährt nicht, was die Landespolizeien genau tun sollen, um der brisanten Lage Herr zu werden, die letztlich die Bundesregierung durch eine entregelte Zuwanderung herbeigeführt hat.

Die Innensenatorin nimmt die Bäder in die Pflicht – für eigenes SPD-Versagen

Mit ganz anderen Augen schaut die Berliner Innensenatorin Iris Spranger (auch SPD) auf die Sache. Sie sieht eindeutig die Bäder in der Pflicht. Ach ja, richtig, Spranger ist ja auch die Dienstherrin der Berliner Polizisten, weiß also, dass sie das Problem nicht selbst stemmen kann, obwohl die Polizei ja für kriminelles Verhalten – wozu auch Beleidigungen und ähnliches sicher gehören – zuständig ist. Aber dann soll man sie eben rufen, so wie früher. Nun sollen die Berliner Bäderbetriebe das Problem stemmen. Spranger fordert: „Vom Verweis vom Gelände über langfristige Zutrittsverbote bis hin zu konsequenter Anzeigenerstattung in jedem Fall und allen damit verbundenen polizeilichen Maßnahmen – allen muss klar sein, dass Verstöße Konsequenzen nach sich ziehen.“

Das ist leicht gesagt. In der Praxis entledigt sich die Senatorin der Umsetzungspflicht. Denn die liegt damit beim Bademeister, den man bisher nicht als Arm der Rechtspflege betrachtet hat. Aber so weit ist es gekommen, dass die Autorität des Bademeisters, die eigentlich selbstverständlich sein sollte, von der Innensenatorin hervorgekramt wird, wo es um heftige Verstöße gegen die guten Sitten und Gesetze des Landes geht.

Konkret geht es um: Missachtung von Haus- und Baderegeln, verbale Attacken, Spucken und Pöbeln (was einige Menschen laut einem 15-Jährigen „verdient haben“), Psychoterror gegen das Personal inklusive Schlägen, Drohungen gegen Minderheiten, sexuelle Übergriffe, Toilettengänge, wo keine Toiletten sind. Bei den Mitarbeitern führt das inzwischen zu paranoidem Kopfkino. Konkret wurden auch schon Bademeister von einer johlenden, eher dunkelhäutigen Menge vertrieben. In Kürze: Spranger entledigt sich der Lösungskompetenz für Probleme, die auch ihre Partei mit zu verantworten hat.

Nun werden allerlei Zugangsbeschränkungen gefordert: Tageskarten nur für Familien mit Kindern oder namentliche Tickets. Aber all das erfüllt einen nicht mit Zuversicht, eher mit immer tiefergehender Verzweiflung. Mit den Zuständen, die verschiedene Regierungen in Deutschland herbeigeführt haben, kommen wir nicht mehr zurecht.

CDU und Grüne sind sich einig: Bäderverbot für Straftäter!

Auch der Berliner Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) will nicht dulden, dass Freibäder zu rechtsfreien Räumen werden, aber den Einsatz von Polizeihundertschaften vermeiden. Mobile Wachen sollen vor mindestens drei Bädern kommen. Außerdem sollen die Bäder den Sicherheitsdienst aufstocken und ihr Einlass-System reformieren: Straftäter und mit Hausverbot belegte Besucher dürften gar nicht erst ins Schwimmbad kommen. Luzide Idee! Freibadverbot für Kriminelle! Aber wie in aller Welt will man so etwas durchsetzen? Auch die Berliner Grünen fordern mit dramatischer Geste ein „berlinweites Hausverbot“ für „gewalttätige Mehrfachtäter“. Nur aus der Stadt selbst kann die Willkommenskultur-Partei die Täter nicht aussperren.

Wegner findet es derweil pflichtgemäß falsch, das Problem „den Migranten“ in die Schuhe zu schieben. Die meisten Besucher mit Migrationshintergrund verhalten sich demnach richtig. Nur eine „kleine Minderheit“ von jungen Männern sorge für die Randale. Ganz von einer anderen Welt ist die Linkspartei, die jüngst erst in Thüringen freien Freibadzugang für Jugendliche bis 16 Jahren fordert.

GdP-Sprecher Jendro fordert Zugangsbeschränkungen wie zu Corona-Zeiten

Benjamin Jendro, der Berliner GdP-Sprecher, gibt Fingerzeige, wie sich das Problem aus seiner Sicht lösen ließe. Der Mann ist wohlgemerkt Germanist, nicht Polizist (laut Twitter-Profil): „Ich glaube, wir haben zur Corona-Zeit – ist jetzt auch schon ewig her wieder –, aber haben wir auch alle gelernt, wenn wir in Tierparks gehen wollen, in Schwimmbäder beispielsweise, konnte man online über ein bestimmtes Zeitfenster dann Tickets buchen. Und dann sind da weniger Leute und dann wird’s auch zu weniger Auseinandersetzungen kommen“, so Jendro bei Welt. Das bedeute dann natürlich Geldeinbußen für die Bäderbetriebe. Und Freiheitseinbußen für den Bürger. Vorbei die Zeit, in der man sich sorglos aufmachte, auf dem Weg noch ein Eis aß und spontan ins Freibad gehen konnte. Benjamin Jendro entdeckt die Zukunftsfähigkeit der Corona-Zeit.

Auch gut zu wissen: Wenn die Polizei erst einmal anrückt, weil Straftaten begangen wurden, tut sie sich oft schwer, zum einen wegen der Masse der Personen, die sich nicht an Recht und Gesetz halten, dann auch gerade mit jüngeren Tätern. 14- oder 15-Jährige hätten oft nicht mal einen Personalausweis dabei, sagt Jendro. Probleme mit ihnen seien nur schwer zu handhaben, ein Hausverbot kaum durchsetzbar. Auch an dieser Front droht also durchaus Enttäuschung des wackeren Bürgers über die angeblichen Auswege. Jeder einzelne scheint verstellt, durch Unmöglichkeit oder Unappetitlichkeit. Was über all dem verloren geht, ist in der Tat die Unbeschwertheit des Sommers in deutschen Städten und Gemeinden. Teile des Territoriums werden abgegeben und sind fürs erste verloren. Sicher haben sich schon größere Teile der Bevölkerung von diesen Sommerfreuden verabschiedet, weil sie die Zustände schlicht nicht mehr ertragen.

Jendro empfiehlt ausgiebige Taschenkontrollen und Alkoholverbote, um mögliche Kunden abzuschrecken. Ob das aber nun die Richtigen träfe, bleibt auch völlig im Dunkeln. Genauso wie die Antwort auf die Frage, wer nun diese Leute sind, die es „bei über 30 Grad … darauf anlegen, nicht mehr so viel Respekt gegenüber anderen Menschen zu haben“. Dass es sich einfach um schlecht integrierte Menschen mit sehr eigenen Umgangsformen handeln könnte, lässt Jendro unerwähnt. Für ihn sind es einfach „junge testosterongeladene Männer, bei denen die Zündschnur ohnehin recht kurz ist“. Ist halt so, Erziehung und Kultur können daran offenbar nichts ändern. Auch einer 48-jährigen Frau, so Jendro, seien in einem Fall schon die Sicherungen durchgebrannt. So etwas kann natürlich auch passieren.

Auch Jendro bestätigt, dass nicht bei allen Vorfällen, die das vielleicht rechtfertigen würden, die Polizei gerufen wird. Das dürfte auch mit der Vielzahl, der Unübersichtlichkeit in den Bädern zu tun haben. Und eventuell auch mit der Angst vor Repressionen. Immerhin fiel ja im Columbiabad auch der Satz: „ich weiß, wo du um 21 Uhr Feierabend machst, und warte da ich auf dich“. Ob mehr Deutsch- und Rechtskenntnisse beim Sicherheitspersonal in diesem Fall helfen würden, um das Hausrecht durchzusetzen, bleibt ebenfalls eine auf bedrückende Weise offene Frage.

Derweil senden deutsche Sendeanstalten unermüdlich Gute-Laune-Botschaften ins Land, etwa das ZDF. Andere verharmlosen die Zustände wie die Zeit, die (etwa scherzhaft?) die Pommes-frites-Preise für Unruhen verantwortlich macht. Der Akzent liegt damit unauffällig auf der Frage der sozialen Gerechtigkeit und Gleichheit.

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