Eigentlich müssten die Berliner ein großes Denkmal für Ronald Reagan und für Axel Springer enthüllen – zwei Männer, die entscheidend dazu beigetragen haben, dass Deutschland heute wiedervereinigt ist. Aber die Berliner Regierung würde eher ein Denkmal für Rudi Dutschke enthüllen als für Springer oder Reagan.
Ohne Reagans Nachrüstungspolitik wäre es nicht zur Wiedervereinigung gekommen. Und es wäre nicht zur Wiedervereinigung gekommen ohne jene Wenigen, die konsequent – und gegen den Zeitgeist – am Ziel eines vereinten Deutschlands festgehalten haben. Der Wichtigste unter ihnen war der Verleger Axel Springer.
Axel Springer – sie nannten ihn den „Brandenburger Tor“
Springer war fest davon überzeugt, dass eines Tages der Kommunismus zusammenbrechen und Berlin und Deutschland wiedervereinigt würden. Im Januar 1977, als sich die meisten Deutschen mit der Teilung ihres Landes abgefunden hatten, prophezeite er: „Wenn wir nur wollen, wenn wir alles wagen, dann ist die Freiheit kein Märchen. In Deutschland nicht. In Polen nicht. In Ungarn, Rumänien, der Tschechoslowakei und den baltischen Staaten nicht. Und nicht in Russland.“ Im gleichen Jahr sagte er voraus: „Jenes von Marx entworfene Denkgebäude ist in toto … am Zusammenstürzen.“
Schon im Jahr 1959, der Kalte Krieg zwischen Russland und den Westmächten spitzte sich immer mehr zu, legte er den Grundstein für eine Druckerei und ein Verlagsgebäude direkt an der Grenze zwischen dem Ost- und dem Westteil Berlins, genau an der Linie, an der zwei Jahre später die Mauer gebaut werden sollte. Im Mai jenes Jahres lief das Berlin-Ultimatum der Sowjetunion ab. Zwei Tage vor dem Ablauf dieses Ultimatums rief Springer an einem strahlenden Tag zu drei Hammerschlägen auf den Grundstein des Neubaus: „Einigkeit und Recht und Freiheit!“ Auf die Frage, warum er ausgerechnet in Berlin sein Verlagsgebäude errichte, also in einer Stadt, an deren Zukunft viele Menschen nicht mehr glaubten, antwortete er: „Ich glaube an Deutschland mit der Hauptstadt Berlin. Aber ich glaube nicht nur an Deutschland, sondern ich will es eben auch. Und deshalb baue ich in Berlin.“
Viele Menschen lachten ihn aus, sie nannten Springer spöttisch den „Brandenburger Tor“. Während Ende der 60er-Jahre in der Bundesrepublik die Kapitalismuskritik populär wurde, stritt er für die Marktwirtschaft. Zu einer Zeit, als es als „reaktionär“ galt, die DDR als Diktatur zu bezeichnen und von der Unterdrückung in den kommunistischen Staaten zu sprechen, als der Begriff „Antikommunist“ gleichbedeutend war mit „rückschrittlich“, da bezeichnete er sich stolz als Antikommunist und prangerte die Menschenrechtsverletzungen in der DDR an. Er ordnete an, dass in allen seinen Zeitungen die „DDR“ nur in Anführungszeichen geschrieben werden dürfe, denn diese sei weder deutsch noch demokratisch noch eine Republik. All dies brachte ihm den Hass der politischen Linken ein. Aber historisch hat Axel Springer Recht behalten.
Die SED regiert wieder in Berlin mit
Mir fällt aber am Jahrestag des Mauerfalls noch ein anderes Zitat ein: „Den Sozialismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf“, meinte Erich Honecker. Hat vielleicht doch Honecker Recht behalten? Was hätte Ihnen 1989 jemand gesagt, wenn Sie prophezeit hätten, dass in 30 Jahren die SED (unter anderem Namen) in Berlin mitregieren und die Politik entscheidend gestalten wird – und zwar ganz im Sinne der DDR-Politik? Und was hätten Sie gesagt, wenn man Ihnen vorhergesagt hätte, dass 30 Jahre nach dem Mauerfall mit Unterstützung der (mehrfach umbenannten) SED in der deutschen Hauptstadt ein Referendum zur Enteignung und Verstaatlichung von Immobilienunternehmen abgehalten und die SED-Politik fortgesetzt wird – und zwar auf Basis eines eindeutig verfassungswidrigen Gesetzes?
Die beiden Grundkomponenten der heutigen Berliner Wohnungspolitik, nämlich Mietenstopp und (faktische) Enteignungen, wurden bereits in der sozialistischen DDR ausprobiert. Den Mietenstopp gab es in Deutschland sogar noch früher — er wurde am 20. April 1939 als Geschenk Adolf Hitlers an das deutsche Volk verkündet. In der DDR galt der Mietenstopp weiterhin — bis zu ihrem Ende im Jahr 1989. Die Ergebnisse waren katastrophal.
- 1989 wurden 65 Prozent aller DDR-Wohnungen (die 3,2 Millionen Nachkriegsbauten eingerechnet) mit Kohleöfen beheizt.
- 24 Prozent hatten keine eigene Toilette.
- 18 Prozent hatten kein Bad.
- 40 Prozent der DDR-Mehrfamilienhäuser galten als schwer geschädigt, 11 Prozent waren gänzlich unbewohnbar. 200 Altstadtkerne in der DDR waren akut gefährdet.
Die Bürger mussten viele Jahre warten, bis sie eine der begehrten Plattenbauwohnungen zugeteilt bekamen. Die Altbausubstanz in Mehrfamilienhäusern in Leipzig, Dresden, Ostberlin, Erfurt und anderen ostdeutschen Städten war so zerfallen, dass nach der Wiedervereinigung mit einem massiven Steuerprogramm — dem sogenannten Fördergebietsgesetz — viele Milliarden Euro in die Sanierung gesteckt werden mussten. Doch nicht nur alte Gebäude, sondern auch die DDR-Plattenbauten mussten im großen Stil saniert werden. Zusätzlich war ein erheblicher Neubau notwendig, um den Wohnungsmangel in Ostdeutschland zu beseitigen. Insgesamt wurden in den 90er-Jahren mithilfe steuerlicher Förderungen 838.638 Wohnungen in den neuen Bundesländern und Ost-Berlin fertig gestellt. Die Kosten beliefen sich auf 84 Milliarden Euro.
Auf dem Weg in die Planwirtschaft
Trotz dieser katastrophalen Folgen der DDR-Politik entwickelt sich die Politik in der Bundesrepublik Deutschland immer mehr in Richtung einer Planwirtschaft, nicht nur in der Wohnungspolitik. Nach dem Scheitern der Trabi-Wirtschaft (wussten Sie, dass man in der DDR 12,5 bis 17 Jahre auf seinen Trabi warten musste?) wird die deutsche Automobilindustrie unter dem Vorwand der Bekämpfung des Klimawandels faktisch in eine Planwirtschaft umgewandelt: Nicht mehr die Konsumenten bestimmen, was produziert wird, sondern der Staat. Die Energiewirtschaft wurde ja bereits in eine Planwirtschaft umgewandelt. Und der Begriff „Markt“ taucht heute in Politikerreden in Deutschland sehr viel häufiger in einem negativen als in einem positiven Kontext auf. Die Lehren der Geschichte werden von Ideologen ignoriert.
Im geistigen Bereich treten an Stelle von freier Rede zunehmend Tabus und die Sprechverbote der Political Correctness. Die Menschen in Ostdeutschland sind dafür besonders sensibel, denn sie haben erlebt, was es heißt, wenn man seine Meinung nicht mehr sagen darf. Freilich: Ich bin auch dagegen, wie dies manche Kritiker der herrschenden Politik tun, die DDR und die Bundesrepublik gleichzusetzen, denn es ist ein gewaltiger Unterschied, ob man für abweichende Meinungen ins Gefängnis kommt oder sozial geächtet wird. Aber beides ist verwerflich und man muss den Anfängen wehren – leider sind wir über die Anfänge weit hinaus.
Die Lehren aus der DDR heißen: Konsequentes Eintreten für
– geistige Freiheit
– Marktwirtschaft
– Rechtsstaat
Alle drei Bereiche sind auch heute in Deutschland hochgradig gefährdet. Und die meisten Politiker, die heute die deutsche Einheit feiern, wollten in den 80er Jahren entweder nichts davon wissen oder waren sogar entschiedene Gegner der Einheit, wie Jens Hacker in seinem glänzenden Buch „Deutsche Irrtümer“ beweist. Sie lagen damals so falsch wie heute.