29 Prozent der Befragten schrieben dem Gesundheitsminister Spahn die Impfmisere zu. 26 Prozent sehen Versäumnisse von der Leyens als maßgeblich dafür an, dass bislang nicht genug Impfstoff zur Verfügung steht. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage von Infratest Dimap im Auftrag der WELT AM SONNTAG.
Gefragt wurde von Infratest Dimap alternativ auch nach der Verantwortung der Bundeskanzlerin für die Impfmisere. Angela Merkel geben lediglich 14 Prozent der Deutschen die politische Schuld. Mit „keiner der drei“ antworteten 15 Prozent, 16 Prozent der Befragten machten keine Angabe.
In Deutschland sind bislang zehn Prozent der Bevölkerung ein Mal geimpft worden, in Israel 60 Prozent, in Großbritannien 42 Prozent, in Chile 33 Prozent, in den USA 27 Prozent und in Ungarn 19 Prozent.
Liegen die Deutschen richtig?
Ich meine: Die Hauptverantwortung trägt Angela Merkel. Denn sie hat entschieden, dass die Impfstoffbeschaffung an die EU delegiert werden soll. Grund: Furcht vor dem Vorwurf des „Impfnationalismus“. Jens Spahn trifft eine Mitverantwortung: Er hatte bereits mit seinen Kollegen aus den Niederlanden, Frankreich und Italien die Impfstoffbeschaffung eingeleitet, wurde dann jedoch von Merkel zurückgepfiffen: Sie verlangte von ihm, die Impfstoffbeschaffung allein in die Hände von der Leyens zu legen und einen unterwürfigen Brief an die EU-Kommissionspräsidentin zu schreiben, in dem er sich für den Alleingang entschuldigt. Ich finde: In diesem Moment hätte er zurücktreten müssen.
Und natürlich haben auch die Deutschen Recht, die von der Leyen die Schuld geben: Sie ist es, die alles vermasselt hat. Das hätte aber jeder vorher wissen können, denn sie hat in ihrer politischen Karriere bisher alles vermasselt – zuletzt hat sie bekanntlich als Verteidigungsministerin die Bundeswehr ruiniert.
Und wer hat noch Schuld?
Auch die SPD, die jetzt lauthals über die Versäumnisse in der Impfstoffbeschaffung klagt, trägt eine Mitschuld. Denn sie hat ausdrücklich für die „europäische Lösung“ plädiert und eindringlich vor einem schädlichen „Impfnationalismus“ gewarnt. Deshalb ist es frech, wenn beispielsweise Manuela Schwesig (SPD) täglich lauthals die Versäumnisse bei der Impfstoffbeschaffung kritisiert – die ihre eigene Partei doch mit zu verantworten hat.
Bis heute ist es weitgehend Konsens bei Politik und Medien, dass die „europäische Lösung“ richtig gewesen sei. Sie sei eben nur nicht so gut umgesetzt worden. Zuletzt hat die EU scharf die Briten kritisiert, weil sie in ihrem Vertrag mit Astrazenca eine „Britain first“-Klausel durchgesetzt hätten. Ich meine: Genau das ist das deutsche Versäumnis, bei der Förderung von Biontech keine Klausel durchgesetzt zu haben, nach der Deutschland eine Vorzugsstellung eingeräumt wird. Ergebnis: Der in Deutschland erfundene und mit 375 Millionen Euro deutschen Steuergeldern geförderte Impfstoff steht hierzulande nicht ausreichend zur Verfügung. Andere sind Weltmeister im Impfen, Deutschland ist Weltmeister im Kampf gegen „Impfnationalismus“.