Tichys Einblick
Rekordhoch des Schweizer Franken

Der Euro fällt von einem Rekordtief auf das nächste

Die europäische Einheitswährung verliert seit Wochen und Monaten nicht nur an Kaufkraft für Konsumenten, sondern auch an Wert gegen über dem US-Dollar. Noch bemerkenswerter ist der anhaltende Höhenflug des Schweizer Franken.

IMAGO

Spätestens seit dem Sommer dieses Jahres gleichen sich alle paar Tage die Überschriften in den Finanznachrichten: Euro auf Rekord-Tief. Die langfristige Abwärtstendenz begann im Juni 2021, als ein Euro noch mehr als 1,20 US-Dollar wert war. Seither markiert der Euro immer wieder neue Tiefststände. Im Juli 2022 ist er gegenüber dem Dollar zum ersten Mal seit Ende 2002 auf Parität gefallen (Wechselkurs 1:1). Nach zwischenzeitlichen Stabilisierungsphasen ist der Euro seit dem 19. September – also mehrere Tage vor der Italien-Wahl, die oft als eine Ursache des Verfalls genannt wird – steil weitergefallen. Seit Jahresanfang ist der Kurs des Euro in Dollar um mehr 15 als Prozent zurückgegangen. Am heutigen Mittwoch war ein Euro zeitweilig nur noch 0,95 Dollar wert und nähert sich seinem absoluten Tiefstand von rund 0,85 Dollar im Oktober 2000.

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Die anhaltende Euro-Schwäche scheint Ausdruck eines fundmentalen Mangels an Zuversicht für die wirtschaftliche Entwicklung Europas zu sein. Angesichts verschiedener Krisen weltweit wird die Leitwährung US-Dollar von vielen Investoren als „sicherer Hafen“ für Geldanlagen gesehen und zieht ausländisches, auch europäisches Kapital an. Der Ukraine-Krieg schadet der europäischen Konjunktur, nicht zuletzt der deutschen, deutlich mehr als der amerikanischen. Extrem gestiegene Energiekosten und die Folgen der Sanktionen gegen Russland belasten die europäischen Volkswirtschaften. Die Euro-Schwäche (sowohl im Innern als auch gegenüber dem Dollar) als auch der Anstieg der Energiepreise sind allerdings älter als der russische Angriffskrieg. Was dafür spricht, dass auch selbst verschuldete Gründe für die Inflationierung verantwortlich sind, etwa eine angebotsverknappende „Energiewende“ in Deutschland und einer ausufernde Geldvermehrung durch die EZB-Politik des billigen Geldes.

Für die exportorientierten Teile der Wirtschaft in Europa ist ein schwacher Euro zwar hilfreich: Durch den niedrigen Wechselkurs werden ihre Produkte auf Exportmärkten günstiger. Aber angesichts schwächelnden Nachfrage aus den wichtigen Absatzmärkten in Ostasien ist das wohl ein schwacher Trost. Wichtiger dürfte derzeit ein anderer Effekt sein: Ein im Außenwert schwacher Euro heizt die Inflation in der Eurozone zusätzlich an, weil Importe teurer bezahlt werden müssen.

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Ein kleinerer aber offenbar mindestens so sicherer Hafen – zudem ein näher liegender – ist übrigens die Schweiz. Der Franken beteiligt sich im Gegensatz zum britischen Pfund nicht an der Talfahrt gegenüber dem Dollar, sondern behält seine Stärke und bleibt seit Monaten oberhalb der Parität. Gegenüber dem Euro hat der Franken sogar deutlich an Wert gewonnen. Seit rund 15 Jahren, seit der Bankenkrise also, steigt der Franken zum Euro relativ kontinuierlich. Am heutigen Mittwoch erreichte er ein absolutes Rekordhoch: 1,0549 Euro war ein Franken wert.

Der starke Franken gegenüber dem Dollar dürfte der deutlichste Beleg dafür sein, dass die ausbleibenden Gaslieferungen aus Russland und andere äußere Einflüsse nicht der entscheidende Grund für die innere und äußere Schwäche des Euro sind. Denn von diesen ist auch die rohstoffarme (allerdings mit Wasserkraft und Atomkraftwerken gesegnete) Schweiz betroffen. Was die Schweiz geldpolitisch von der Eurozone und Großbritannien unterscheidet ist jedoch deren Verzicht auf eine jahrelange inflationstreibende Politik des billigen Geldes der Europäischen Zentralbank und Bank of England in Kombination mit ausufernder Staatsverschuldung.


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