Tichys Einblick
Die Leiden der Bahnkunden

Der BER ist fertig – jetzt fährt die S-Bahn nicht mehr hin

Die S-Bahnverbindung zum Berliner Flughafen wird wegen Bauarbeiten für mehrere Wochen unterbrochen. Im Kontext des berühmt-berüchtigten BER ist das natürlich absurd: Vier Jahre, nachdem der hauptstädtische „Vorzeigeflughafen“ endlich seine Türen geöffnet hat, fährt nun die S-Bahn nicht mehr hin.

picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow

Hach, was wäre die Deutsche Bahn nur ohne Probleme für ihre Kunden! Jedenfalls nicht mehr die Deutsche Bahn. Während im Fernverkehr eine Verspätung die nächste jagt, Mitnahmen wegen überfüllter Züge nicht gewährleistet werden können und Anschlüsse massenhaft verpasst werden (der Autor spricht aus Erfahrung), plagen in Berlin ständige Sanierungsarbeiten die genervten Fahrgäste (der Autor spricht auch hier aus Erfahrung). Es vergeht kein Jahr, ohne dass langfristige Sperrungen wichtige Strecken völlig außer Betrieb und die Fahrgäste aufs Trockene setzen.

So war allein in diesem Jahr nicht nur bereits der wichtige Nord-Süd-Tunnel für insgesamt sechs Wochen dicht (Haltestellen wie Anhalter Bahnhof, Potsdamer Platz und Brandenburger Tor), sondern aktuell auch gleich die nicht minder wichtige Stadtbahn für mehrere Wochen auf verschiedenen Abschnitten (Haltestellen wie Alexanderplatz, Friedrichstraße und Tiergarten).

Und als wäre das noch nicht genug, hält die Deutsche Bahn für ihre Fahrgäste nun noch einen besonderen Leckerbissen bereit: Wie der Konzern dem rbb bestätigte, wird zwischen dem 13. September und dem 8. November auch die Anbindung an den Berliner Flughafen gekappt. Flugreisende müssen dann auf Regionalzüge umsteigen, wenn sie noch ohne Auto oder Bus zu ihren Flügen kommen wollen. Da in der Regel mehrere Leute auf diese Idee kommen, könnten diese Züge dann überfüllt sein, so jedenfalls bei anderen Sperrungen geschehen.

Begründet wird das alles stets mit Bauarbeiten und der Modernisierung der Gleise: Weichen müssen ausgewechselt, abgenutzte Schienen ersetzt, Schwellen erneuert werden. Im Fall der Flughafen-Anbindung soll es auch um die Instandsetzung von Brücken und Arbeiten an einem elektronischen Stellwerk gehen. Letzteres hatte erst im vergangenen Jahr für eine mehrtägige Unterbrechung auf der Strecke gesorgt.

Aus der Bahn heißt es gerne, dass der Verkehr durch solche Arbeiten mittelfristig stabiler gemacht werde. Man hört die Botschaft wohl, allein es fehlt der Glaube. Im Kontext des berühmt-berüchtigten BER nimmt der Vorgang natürlich absurde Züge an: Vier Jahre, nachdem der hauptstädtische „Vorzeigeflughafen“ endlich mit x-facher Verspätung seine Türen geöffnet hat, fährt nun die S-Bahn nicht mehr hin.

Im Netz mokieren sich Nutzer bereits entsprechend: „Mittlerweile spielen wir schon S-Bahn-Lotto, welche der Störungsmeldungen diesmal die persönliche Fahrt behindert“, schreibt ein User. Eine Nutzerin meint: „Es ist nur noch ohne Ende peinlich. Die selbsternannte ‚Weltstadt‘ Berlin hat nicht mal einen Flughafen, und der im Umland ist dann mal wieder schlecht erreichbar.“ Wie unter diesen Umständen der öffentliche Personennahverkehr schmackhaft werden soll, bleibt ein Rätsel. Wobei der Umstieg aufs Auto auch nicht unbedingt eine Alternative ist: Mit dem findet man nämlich im Zweifel keinen Parkplatz.

Anzeige
Die mobile Version verlassen