Tichys Einblick
Debatte im Bundestag

Warum die EU so unsexy ist

Europa ist nicht das Problem, offene Grenzen sind grundsätzlich super. Was die EU allerdings aus dieser Vorgabe macht, ihr weltfremder Apparatschick-Apparat und dessen Politik – das ist es, was die EU so unsexy macht.

picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Frankreich ist das beliebteste Urlaubsziel weltweit. Spanien folgt auf Platz zwei. Finnland gilt als das glücklichste Land weltweit und das traurige 0:0 Deutschlands am Montag gegen die Ukraine wollten immerhin 9,1 Millionen Menschen sehen. Aus Vorfreude auf die Fußball-EM. Doch. Europa ist beliebt. An Europa liegt es nicht, wenn die EU einen schlechten Ruf hat. Es sind Politiker, Bürokraten und Journalisten, die es verbockt haben. Die daran schuld sind, dass die EU so sexy wirkt wie eine weiße Unterhose mit gelber Vorderfront.

1,6 Millionen Menschen wollten „Europa, die Wahl und wir“ am Donnerstag in der ARD sehen. Zur besten Sendezeit. Hätte das Erste die Bilder einer Livecam von der Côte D’Azur gezeigt, wären es vermutlich deutlich mehr Zuschauer gewesen. So wie Journalisten und Politiker Europa präsentieren, verschrecken sie die Menschen. Mit ihrer Selbstbespiegelung, an deren Anfang offene Grenzen und an deren Ende stets der Kampf gegen Rechts steht. Eine Binsenweisheit und das eigene politische Anliegen – verpackt in gruseliges Apparatschick-Deutsch. Dass das überhaupt noch 1,6 Millionen Menschen sehen wollen, ist ein schlechtes Zeichen. Ein Zeichen dafür, dass sich mindestens 1,6 Millionen Menschen in Deutschland aufgegeben und zum Sterben vor den Fernseher zurückgezogen haben.

Wenn Europa Thema im Bundestag ist, dann spricht als Erste Ricarda Lang. Eine Studienabbrecherin. Eine Frau, die nichts anderes kann als Politik. Eine 30-Jährige, die von den Grünen noch 30 Jahre über Listen in Parlamente gehievt werden muss, weil sie sich sonst einem Arbeitsmarkt stellen muss, dem sie nichts zu bieten hat. Ricarda Lang hat zu erzählen, dass für sie Europa der Schüleraustausch nach Frankreich ist. Ricarda Lang hast Du nicht verdient, Europa. Sorry dafür.

Die USA haben Facebook. Twitter. Youtube. Google. Amazon. Oder ChatGPT. Die EU hat den Cookie-Button. Erfunden von Bürokraten in Brüssel. Die Amerikaner revolutionieren die Wirtschaft, schaffen eine neue, digitale Welt. Die EU-Bürokraten halten mit dem Zwang dagegen, auf jeder Internetseite von Neuem die Cookies erlauben zu müssen. Das ist das Ergebnis zweier Wirtschafts-Philosophien: In den USA dominieren Private die Wirtschaft, in der EU ziehen Bürokraten die Hoheit über die Wirtschaft an sich, übersäen diese mit kleinteiligen Vorschriften und sorgen so dafür, dass Europa immer stärker von den USA, China, Indien, Brasilien und – ja, auch das – Russland abgehängt werden.

Das entscheidende Projekt dabei ist der „Green New Deal“. Dafür ziehen die EU und ihre Mitgliedsstaaten hunderte Milliarden Euro aus der Privatwirtschaft, um sie von Brüsseler Bürokraten neu verteilen zu lassen. Eine gewaltigere Planwirtschaft, als sie DDR und UdSSR je gekannt haben. Ricarda Lang verteidigt den Green New Deal. Er sei der „Man on the Moon“-Moment der EU gewesen. Und auf halbem Weg zum Mond breche man die Reise ja nicht ab. Sagt Lang. Nun doch. Genau das hat die Besatzung von Apollo 13 getan, als sie gemerkt hat, dass sonst der Tod droht. Gerade Ricarda Lang sollte wissen, dass es manchmal ehrlicher und einfach besser ist, etwas Hoffnungsloses abzubrechen.

Aber immerhin. Die Grünen schicken ihre Parteivorsitzende zum Thema Europa ans Pult. Die CDU Gunther Krichbaum. Der rechnet vor, an welchen Gremiensitzungen Robert Habeck (Grüne) in Brüssel teilgenommen hat. Für die Menschen im Land ein einschläfernder, dem Politpersonal in Berlin ein angemessener Vortrag. Zumal danach Achim Post (SPD) kommt. Der ist gegen Rechts. Das ist wichtig. Denn außer gegen Rechts zu sein, hat Achim Post sonst so rein gar nichts zu bieten.

Für die FDP spricht Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Es wäre unsachlich, zu behaupten, dass ihre Partei versuche, sie über Listen und das Erreichen der Fünf-Prozent-Hürde in Parlamenten zu halten. Bei Strack-Zimmermann ist die FDP gleich auf Nummer sicher gegangen und hat sie für ein Parlament aufgestellt, für das schon zwei Prozent der Stimmen zum Einzug reichen. Noch so ein Grund, warum die EU so unsexy ist: In Brüssel hat die Kommission alles zu sagen und das Parlament nichts. Fast jeder Kandidat, den die Mächtigen der Parteien für einen vorderen Listenplatz ausgeklüngelt haben, zieht in dieses Parlament ein. Egal, wie wenig Strahlkraft er hat. Oder, wie abstoßend sie sogar wirken mag. Während der Europameisterschaft im Fußball wird der Jubel groß sein, weil sich die Besten mit Kunst und Leidenschaft durchsetzen. Während der EU-Wahl wird die Stimmung lau bleiben, weil die blassesten der Apparatschicks durchgewunken werden.

Martin Sonneborn sitzt für Die Partei im Europaparlament. Er ist ein Satiriker. In seinen Videobeiträgen führt er die Absurdität eines Parlaments vor, das nichts zu bestimmen hat und eine üppig ausgestattete Selbstbedienungsanstalt für Ausgemusterte ist. Sonneborn ist der bekannteste deutsche Europaabgeordnete. Weil man dem Europaparlament kaum ernsthaft, sondern nur mit Satire beikommt.

Die Grenzen sind offen. Grundsätzlich. Wenn nicht gerade islamistische Terroristen zu erwarten sind wie während der Europameisterschaft. Dann ist sogar eine linke Hardlinerin wie Nancy Faeser (SPD) realistisch genug, sie zu schließen. Aber wer zum Zigarettenkaufen von Nennig nach Remich fährt, für den sind die Grenzen offen. Schön. Praktisch. Aber um eine Milliarde Euro teure Bürokratie zu rechtfertigen zu wenig. Und auch bei weitem nicht genug, um das Personal aus der Brüsseler Käseglocke sexy wirken zu lassen.

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