Wir haben hier auf TE regelmäßig über die Verirrungen der „gendersensiblen“ Sprache berichtet. Unter anderem anlässlich einer von TE und dem Verein Deutsche Sprache (VDS) initiierten repräsentativen Studie konnten wir im Frühjahr 2019 feststellen, dass 75 Prozent der Bundesbürger den Unfug der Gendersprache weder beruflich noch privat mitmachen wollen.
Trotzdem geriert sich nach wie vor eine selbsternannte Gender-Avantgarde, so als müsse sie nun das Verhältnis der angeblich mehr als 60 verschiedenen Geschlechter endlich auch sprachlich zurechtrücken: Eine Bundesjustizministerin ließ den -mittlerweile zurückgezogenen – Entwurf eines Gesetzes ausschließlich „feminin“ gegendert abfassen; eine Arbeitsgruppe des Verteidigungsministeriums befasste sich mit dem „Gendern“ von Dienstgraden: „Generalin“, „Leutnantin“, „Bootsfrau“, nicht jedoch „Hauptfrau“ (sonst könnte man ja meinen, es gäbe auch Nebenfrauen). Gottlob wurden auch diese Pläne zurückgenommen. Hunderte von Gleichstellungsstellen in Kommunen und Universitäten produzieren gleichwohl Handreichungen für eine „geschlechtergerechte Sprache“. Sogar der Duden-Verlag macht mit dem Sonderband „Richtig gendern“ mit.
Sprachwissenschaftler_*:/Innen noch und nöcher erwerben damit ihre staatliche Alimentation. Nachrichtensprecher stottern das Gender-Sternchen sogar phonetisch mittels Glottisschlags heraus. Ob sie eines Tages eine logopädische Behandlung brauchen? In Talkshows hören wir von „MitgliederInnen“, „GästInnen“, „Steuerinnenzahlern“, zuletzt lasen wir in vielen Zeitungen mit Blick auf deutsche Fußballfrauen von „Vorbilder*innen“.
Wo führt die „nicht-sexistische“ Sprachverirrung noch hin? Es werden – selbst in amtlichen Broschüren – Konstruktionen empfohlen wie: statt Bäckerhandwerk „Backenden-Handwerk“, statt Fußgängerbrücke „Fußgehenden-Brücke“ … Demnächst statt „Bankräuber“ eine „eine Bank ausraubende Person“? Sogar am grammatisch-semantischen Verständnis mangelt es hier. Denn ein Radfahrender ist einer, der aktuell Fahrrad fährt. Partizip Präsens! Ein Radfahrer indes kann auch im Bett schlafen, der Radfahrende nicht.
Für die „Erforschung“ leistet sich der deutsche Steuerzahler mittlerweile über 200 Professuren. (Zum Vergleich: Es gibt 120 Professuren für „alte“ Sprachen“ und 190 für Pharmazie.) So richtig international wird die Sache übrigens, wenn man in die EU schaut. Die EU möchte „parent 1 / parent 2“ haben. Schließlich soll es 0,1 Prozent gleichgeschlechtliche Elternpaare geben. In Deutschland greift das mittlerweile als „Elternteil 1/Elternteil 2“ um sich. Die Reihung 1 oder 2 ist indes nicht diskriminierend, oder?
Apropos Diskriminierung: Das Deutsche Universalwörterbuch mit seinen rund 88.000 Hauptwörtern weist mit einem Anteil an Feminina mit 42,2 Prozent gegenüber 37 Prozent Maskulina und 20,8 Prozent Neutra ohnehin schon die Mehrheit aus. Und: Der Plural-Artikel „die“ ist weiblich: „die“ Männer. Jedenfalls sind mit dem generischen (männlichen) Plural als dem „genus collectivum“ seit Jahrtausenden in allen indogermanischen Sprachen alle – ob Männlein oder Weiblein – mitgemeint. An manchen Universitäten bekommt man trotzdem Punktabzüge in Examensarbeiten, wenn man keine gendergerechte Sprache verwendet. Im übrigen erlauben wir uns die Frage: Was ist sprachlich mit den „Diversen“ der dritten Geschlechter: lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, transsexuell, Transfrau/Transmann, cisgender usw.?
Nein, die „gendergerechte“ Sprache erzeugt lächerliche Sprachgebilde, und sie ist konsequent gar nicht durchzuhalten. Zwischen natürlichem und grammatischem Geschlecht besteht kein Zusammenhang. Siehe der Löwe, die Giraffe, das Pferd. Zudem tragen Gender-Verzerrungen der Sprache eben nicht dazu bei, Frauen zu mehr Rechten zu verhelfen. Auch im Grund¬gesetz gibt es dafür kein Indiz: In 13 Artikeln spricht es 20mal vom Bundeskanzler; die Wahl von Angela Merkel zur Bundeskanzlerin hat dies nicht behindert.
Und nun ein kleiner Lichtblick!
Mitarbeiter des „PR-Journal“ haben für 2019 Berichte von DAX-Unternehmen „gender“-sprachlich untersucht. Und siehe da: „Im Vergleich zu den Vorjahren ist tendenziell eine Abkehr von Doppelbenennungen erkennbar.“ Die Begründungen laufen immer auf das Gleiche hinaus und reichen von „wegen der besseren Lesbarkeit“ hin zu „aus Vereinfachungsgründen“ oder „der Vereinfachung der Sprache“.
Zur Veranschaulichung ein Dutzend Beispiele von DAX-Unternehmen:
Munich Re Konzerngeschäftsbericht 2019: „Im Interesse einer besseren Lesbarkeit wird davon abgesehen, bei Fehlen einer geschlechtsneutralen Formulierung sowohl die männliche als auch weitere Formen anzuführen. Die gewählten männlichen Formulierungen gelten deshalb uneingeschränkt auch für die weiteren Geschlechter.“
Deutsche Lufthansa Geschäftsbericht 2019: „Zur Vereinfachung der Sprache haben wir in unserem Bericht die maskuline Form verwendet. Wir bitten um Ihr Verständnis.“
BMW Nachhaltigkeitsbericht 2019: „Um eine bessere Lesbarkeit zu gewährleisten, haben wir teilweise auf geschlechterbezogene Doppelbenennungen verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter.“
Adidas Online-Geschäftsbericht 2019: „Zudem verzichten wir auf geschlechterspezifische Formulierungen wie Mitarbeiter (innen) oder Konsument (innen). Die gewählte männliche Form steht stellvertretend für alle Geschlechter.“
Deutsche Post DHL Nachhaltigkeitsbericht 2019: „Entsprechend unserem Verständnis von Inklusion und Integration wollen wir eine geschlechterneutrale Sprache verwenden. Jedoch nutzen wir weiterhin das generische Maskulinum für bestimmte im Konzern oder durch gesetzliche Vorgaben etablierte Berichte, zum Beispiel ‚Mitarbeiterengagement‘, ‚Arbeitgeberbelange‘ oder ‚Vorstand‘. Nicht individuell benannte Gruppen wie ‚Kunden‘, ‚Lieferanten‘, ‚Aktionäre‘ oder ‚Investoren‘ werden ebenfalls mit ihrem generischen Maskulinum bezeichnet.“
Daimler Nachhaltigkeitsbericht 2019: „Ausschließlich im Interesse der besseren Lesbarkeit verzichten wir an vielen Stellen im Bericht auf geschlechtsspezifische Doppelnennungen wie ‚Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen‘. Auch bei Verwendung der männlichen Form sind jedoch ausdrücklich alle Geschlechter gemeint.“
RWE Geschäftsbericht 2019: „Der Einfachheit halber sprechen wir durchgängig von ‚Mitarbeitern‘, ‚Aktionären‘ etc. Selbstverständlich schließt der Begriff Personen aller Geschlechter mit ein.“
Bayer Geschäftsbericht 2019: „Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichten wir auf geschlechtsspezifische Formulierungen (z.B. Mitarbeiter (innen) oder Kunden (innen). Die gewählte männliche Form steht für alle Geschlechter.“
Henkel Geschäftsbericht 2019: „Verwendete Sammelbezeichnungen wie Mitarbeiter, Aktionäre oder Kunden sind als geschlechtsneutral anzusehen.“
Siemens Nachhaltigkeitsinformationen 2019:„Aus Vereinfachungsgründen verwenden wir im gesamten Bericht den Begriff ‚Mitarbeiter‘; er steht stellvertretend für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“
Conti Geschäftsbericht 2019: „Wenn in diesem Bericht wegen der besseren Lesbarkeit die männliche Form verwendet wird, ist die weibliche Form selbstverständlich immer mit eingeschlossen.“
Volkswagen Geschäftsbericht 2019: „Wir bitten unsere Leserinnen und Leser um Verständnis, dass wir aus Gründen der Sprachvereinfachung die maskuline grammatische Form verwenden.“