Die ständige EU-Vertretung Deutschlands geht auf Abstand zum Bundesinnenminister und haut ihn in die Pfanne. Dessen Brief zu den Brexit-Verhandlungen gebe nicht die Position der Bundesregierung wieder, heißt es in einem Schreiben an die EU-Kommission.
Seehofer hatte in einem Brief vom 27.6. 2018 die EU-Kommission aufgefordert, in den Brexit-Verhandlungen Flexibilität walten zu lassen. Deren Ziel müsse unter anderem eine „uneingeschränkte Sicherheitszusammenarbeit“ mit London auch nach Großbritanniens EU-Austritt sein.
Nachdem das Schreiben Seehofers durch die britische „Financial Times“ bekannt geworden war, hatte eine Sprecherin der EU-Kommission erklärt: Der Innenminister vertrete „nicht die Position des Europäischen Rates einschließlich Deutschlands“. Auch in dem Schreiben der Ständigen Vertretung bei der EU heißt es laut „Süddeutscher Zeitung“, Teile von Seehofers Brief befänden sich in Widerspruch zu Beschlüssen des Europäischen Rates und der „in dieser Folge abgestimmten Position der Bundesregierung“.
Nun ist die Frage, wie man mit dem Brexit umgeht nach wie vor umstritten.
Es gibt eine kluge Position – die Briten ziehen lassen und sie doch als Teil des politischen Europas zu akzeptieren. Das wäre eine vernünftige Lösung; Großbritannien hat noch funktionierendes Militär, globale Verbindungen, ist einer der größten Handelspartner und verfügt über das, was Kontinentaleuropa faktisch nicht hat: Ein wettbewerbsfähiges Bankensystem und innovative Unternehmen im Digital- und Biobusiness. So könnte der Freihandel (den wir doch so sehr gegen Donald Trump verteidigen) bleiben; und eben möglichst viel Kooperation. Die EU kann sich vertiefen, so tief auch immer sie sich eingraben möchte. Sie kann Steuern erheben von ihren Zahlbürgern, Einwanderung maximieren und Afrika retten – aber eben ohne die Briten.
Die EU will keine Lösung, sondern Bestrafung
Aber genau diese, wie gesagt, kluge Position ist nicht die Linie der EU-Kommission und Berlins. Brüssel will London strafen, möglichst ins Elend und in die Isolation treiben. Ein Exempel statuieren. Fertig. Schluss. Das schrecklichste Ergebnis für Berlinbrüssel wäre, dass es den Briten weiter gut geht – und das ganz ohne Brüssel und Euro, dessen Krise immer teurer wird für jeden, der arbeitet. Eine schlimme Vorstellung: Dass deutsche Sparer ihr Geld in London anlegen, weil sie sich besser behandelt fühlen als von den überschuldeten, mit faulen Griechenlandkrediten bis zur Halskrause vollgestopften EU-Banken, die auch noch für griechische und italienische Vollpleitebanken haften müssen – immer mit dem Geld der Sparer, denn eigenes haben sie nicht. Britannien als der sichere Hafen Europas, das sich von rotgrünen Träumern in den Ruin treiben lässt, und zwar in den gemeinschaftlichen? Ein Albtraum.
Es wäre eine schreckliche Vorstellung, dass die Briten eine restriktive Einwanderungspolitik fortsetzen; denn mit den vielen Einwanderern aus den früheren Kolonien haben die schon genug negative Erfahrung gesammelt, da brauchen sie keine weiteren.
Es wäre der GAU für diese Art von Politik, weil sich zeigen könnte: Es geht auch ohne EU; prosperierende Länder wie Norwegen, Schweiz und eben Großbritannien führen es vor.
Albtraum der EU, es geht ohne sie
Es spricht für Seehofer, dass er wenigstens in der Sicherheitszusammenarbeit dafür sorgen will, dass sich Vernunft gegen EU-Allmachtsträume durchsetzt: Warum soll Großbritannien nicht Teil von Europol bleiben, dem Datenaustauschsystem? Spricht was dagegen?
Aber es geht nicht nur um die EU. Es zeigt sich eben, dass Merkels Kurs im Kabinett nicht unumstritten ist. Nicht nur in der von Merkel weiter fortgesetzten Einwanderungspolitik, sondern auch in elementaren europapolitischen Fragen.
Die Konflikte können nur übertüncht werden. Aber Berlin ist zerstritten und gelähmt in einer Zeit, in der man eine Regierung bräuchte, die statt Steuergeschenken ein paar wichtige Dinge in die Hand nimmt: Die Klärung der Einwanderungsfrage, die Zukunft der EU auch nach dem Brexit, die Sicherung der klapprigen Euro-Währung, Schutz vor einem Handelskrieg mit den USA. Dazu gehört auch die Frage, wie man mit der Sicherheit des Halbkontinents umgeht: Die Bundeswehr ist ja von Ursula von der Leyen ruiniert. Wie wär´s mit ein paar britischen Ausbildern, die auch gleich das Material mitbringen, mit dem man sich verteidigen kann?