Das Schweigen über demokratische Missstände in der CDU ist ohrenbetäubend. Eine Recherche von TE zeigte an dem Beispiel Frankfurt/Main, wie sich innerparteilich eine autoritäre Kultur und ein System der Angst etabliert hat, das zur weitgehenden Entmachtung Basis der CDU führte. Mitglieder erzählten von Einschüchterungen, die bis zu Erpressung reichen. Die Forderung ist stets: „Entweder politische Gefolgschaft oder du wirst nichts mehr.“ Wer nicht auf der Linie Merkels ist, sondern zum Beispiel Friedrich Merz favorisiert, wird innerparteilich bekämpft.
Die Mehrheit der Basis wird zu Terroristen erklärt
Manfred Pentz, der Generalsekretär der CDU Hessen, beschimpfte Merz-Anhänger laut Bild als „Merz-Dschihadisten“. Die Mehrheit der Basis, die Friedrich Merz befürwortet, setzte der Generalsekretär somit mit islamistischen Terroristen gleich, die Morde begehen, darunter gezielt an Christen, den „Ungläubigen“. Die CDU ist mit solchen Beschimpfungen weit entfernt, eine Christdemokratische Partei zu sein. Pentz bestätigt mit seinem Verhalten indirekt die TE-Recherche und dass Frankfurt kein Einzelfall ist. Er ist der Generalsekretär des Landesvorsitzenden und Ministerpräsidenten Volker Bouffier, der Angela Merkel sehr nahe steht. Pentz entschuldigte sich per schriftlicher Mitteilung: „Mir ist deutlich geworden, dass ich mich bei dieser Konferenz sowohl im Tonfall als auch in der Wortwahl vergriffen habe“, das bedaure er sehr. Für Ministerpräsident Bouffier war der Vorfall mit der Entschuldigung erledigt: „Manfred Pentz hat klargestellt, was er gemeint hat, sein Fehlverhalten eingeräumt und sich zurecht entschuldigt.“ Anders gesagt: Schwamm drüber!
Pentz‘ Entgleisung erinnert an andere Beleidigungen innerparteiliche Kritiker in der Merkel-Ära. 2011 hatte der damalige Kanzleramtsminister Ronald Pofalla dem konservativen CDU-Abgeordneten Wolfgang Bosbach zugerufen: „Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen“. Der Anlass: Bosbach hatte im Zusammenhang mit der so genannten Griechenlandrettung auf die Selbstverständlichkeit hingewiesen, dass Abgeordnete in ihrer Entscheidung frei sind. Pofalla soll Medienberichten zufolge auch noch gesagt haben: „Du machst mit deiner Scheiße alle Leute verrückt.“
In jüngerer Zeit wird vor allem die konservative Basisbewegung WerteUnion von CDU-Spitzenpolitikern oft wüst angegriffen. Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans nannte sie im Februar 2020 pauschal eine „Beleidigung für CDU-Mitglieder“. Der Europa-Abgeordnete Elmar Brok sagte zur selben Zeit in eine Fernsehkamera, die WerteUnion sei „wie ein Krebsgeschwür“. Vergleichsweise höflich war da noch der Bundesvize des CDU-Arbeitnehmerflügels CDA, Christian Bäumler, der seine Forderung nach einem Unvereinbarkeitsbeschluss von WerteUnion und CDU damit begründete: „Wir brauchen keine AfD-Hilfstruppe in unseren Reihen.“
Der neugewählte CDU-Vorsitzende, Armin Laschet, hatte sich im innerparteilichen Wahlkampf als Versöhnen der verschiedenen CDU-Lager präsentiert. Doch jetzt blieb ein Rüffel gegen Pentz aus. Einige Basis-Mitglieder in Hessen riefen zum Rücktritt von Pentz auf – doch dies wird von oben ignoriert. Volker Bouffiers kleiner Rüffel sollte genügen. Die Affäre Pentz zeigt damit erneut: Wer auf Linie ist, kann sich Entgleisungen leisten, die skeptische Basis dagegen kann sich so viel aufregen, wie sie will, es führt ins Leere oder womöglich in den politischen Tod.
— Markenkernbotschafter (Merz-Dschihadist) (@IMB91) January 29, 2021