Es hätte andere Kandidaten und Kandidatinnen für den Posten der Antidiskriminierungsbeauftragten gegeben. Personen, die bisher nicht durch die Verbreitung einer ethisch-rassischen Verschwörungstheorie aufgefallen sind. Die nicht den Begriff Heimat mit „Blut und Boden“ in Verbindung bringen und damit für eigentlich unbenutzbar erklären.
Bevor sich dieser Text zum einen dem Atamanschen Screenshot-Archiv widmet und zum anderen ihrer Karriere als Gründerin der „Neuen Deutschen Medienmacher“, Vorzugsgesprächspartnerin von Angela Merkel und Gesellschafterin des Unternehmens „Diversity Kartell“, soll ein kleiner Einschub noch den Blick auf das etwas größere Muster lenken. Denn eine Ferda Ataman kommt nicht allein. Wer als Journalist über das Individuelle eines Falls hinaus will, kommt meist mit der Empfehlung „Folge der Spur des Geldes“ weiter. Der Blick auf die Ökonomie hilft hier tatsächlich sehr, allerdings mehr noch auf die Regeln der Aufmerksamkeitsökonomie.
Und darin wiederum auf ein extrem effizientes Verfahren zur Aufmerksamkeitserzeugung, nämlich Cry bullying. Die Methode funktioniert wie alles Effiziente sehr einfach: Jemand legt seine öffentlichen Äußerungen systematisch auf Krawall an, formuliert grobschlächtig, arbeitet mit Beleidigungen gegen ausgewählte Milieus, Unterstellung und Herabsetzung. Er wählt dabei eine Frequenz, die ihm die Ablehnung der Attackierten sichert.
To bully bedeutet im Englischen so viel wie mobben, anpöbeln, schikanieren. Einige Gegenreaktionen fallen dann mit Sicherheit ebenfalls grob und beleidigend aus. Es besteht nun mal ein ziemlich enger Zusammenhang zwischen der selbst gewählten Tonlage und der Erwiderung. Die ablehnenden und vor allem groben Reaktionen filtert der Cry bully heraus wie Goldnuggets, um sich damit als Opfer von Angriffen in Szene zu setzen und für sich Aufmerksamkeit und Ressourcen zu fordern. Die Methode funktioniert allerdings nur dann, wenn es von vornherein einen Statusunterschied zwischen dem Cry Bully und den anderen gibt.
So gut wie jeder erinnert sich an Mitschüler, die anderen ein Bein stellen, speicheldurchweichte Papierkugeln an den Hinterkopf werfen und/oder bösartige Gerüchte streuen, die also zielstrebig am Empfang einer Ohrfeige arbeiten, um dann, sobald es klatscht, zum Direktor zu laufen, den roten Fleck im Gesicht vorzuzeigen und schwerste Konsequenzen für den Ohrfeiger zu fordern. Dazu braucht der Bully erstens einen guten Draht zu Autoritäten, jedenfalls einen besseren als seine Zielpersonen, zweitens ein gewisses darstellerisches Talent für das eigene Leid, also für das Cry-Feld. Soweit die Amateurebene. Erwachsene Cry bullies gehen prinzipiell nach dem gleichen Muster vor. Allerdings denken sie groß und langfristig. Sie streben ja auch nach großen Ressourcen, die dauerhaft zur Verfügung stehen sollen.
Es gibt inzwischen viele Bewirtschafter dieses Feldes. Etwa Natascha Strobl, Sprecherin auf allerlei linksradikalen Podien, die vor einiger Zeit dem ARD-Magazin “Panorama” mit Unterstellungen und Verdrehungen dabei behilflich war, einem Bundeswehroffizier rechtsextreme Überzeugungen anzudichten. Als der Journalist Rainer Meyer – besser bekannt als Don Alphonso – damit anfing, sich mit Strobls Methoden und ihrem politischen Hintergrund zu befassen, legte sie einen mustergültigen Cry-Auftritt mit Hilfe einer Journalistin der Zeit hin, die ihre Leser nicht weiter mit Details über Strobls Versuch behelligte, einen unbescholtenen Offizier als Zielperson zu markieren, und Strobl dafür ausgiebig als Opfer Meyers und der Rechten überhaupt ausleuchtete.
Daneben gibt es noch eine ganze Riege ähnlicher Cry-Bully-Wirtschafterinnen, etwa die Twitteristin Sibel Schick, die Rassismus gegen Deutsche richtig und wichtig findet, Männer ausnahmslos für Arschlöcher, und gleichzeitig bei ihrem Publikum seit Jahren Mitleids- und andere Spenden als Opfer von Hass & Hetze eintreibt.
Dieser kleine Exkurs erweitert hoffentlich das Bild ein wenig. Ataman als Twitterin, Löscherin, Antirassismus-Geschäftlhuberin, designierte Bundesbeauftragte für Wokismus und ebenfalls designiertes Opfer ihrer Kritiker gehört sicherlich zu den prominentesten Cry bullies in Deutschland. Aber, um mit Eduard Zimmermann zu sprechen, sie ist weißgott kein Einzelfall. Allerdings hat sie es besser als andere verstanden, das Prinzip noch mit einer wichtigen und entscheidenden Verfeinerung zu versehen. Dazu gleich mehr.
Bei Ataman gibt es einen Grundsatz: Ihre Äußerungen hält sie grob, pauschal und nicht selten beleidigend. Beginnen wir mit einer ihrer bekanntesten und schon seit längerem wieder gelöschten Twitter-Äußerung: Ihrer Unterstellung im Jahr 2020 zum Beginn der Corona-Zeit, sie hätte „schon eine Ahnung, welche Bevölkerungsgruppen in Krankenhäusern zuerst behandelt werden, wenn die Beatmungsgeräte knapp werden“.
Abgesehen davon, dass die Beatmungsgeräte überhaupt nicht knapp zu werden drohten, suggerierte die damalige Vorsitzende der „Neuen Deutschen Medienmacher“, das medizinische Personal in Deutschland sei entschlossen, bei einer Knappheit eine Selektion nach Herkunft vorzunehmen, und zwar zugunsten von Weißen beziehungsweise, wie sich Ataman an anderer Stelle ausdrückte, „Blutsdeutschen“.
Ihr Beatmungsgeräte-Tweet bezog sich auf eine Kurznachricht eines anderen Twitterers von der Linksidentitären Front, es steht also außer Zweifel, was und wen Ataman meinte.
Ihre Mitteilung lässt sich als Hasssprache einordnen, als Verschwörungstheorie, als Versuch, Bevölkerungsgruppen entlang von Herkunftsgrenzen gegeneinander aufzuhetzen. Mit Sicherheit fällt sie unter Diskriminierung. Also in den Fachbereich, den sie demnächst leiten soll.
Später löschte sie den Tweet und erklärte, sie habe damit ja nur Ängste von Migranten zum Ausdruck bringen wollen. Falls diese irrationalen Ängste irgendwo existieren, dann überhaupt nur wegen Agitatoren wie Ataman.
Mit einem ganz ähnlichen Generalverdachtston widmen sich Ataman und die steuerfinanzierten Organisationen, in denen sie mitmischt, der Polizei. In einer Pressemitteilung vom August 2020 forderten die „Neuen Deutschen Organisationen“ sechs Monate nach dem Massaker von Hanau unter anderem „Die Entnazifizierung der Polizei und anderer Bundesbehörden“. Sie unterstellen also den Sicherheitsbehörden ohne weitere Belege, sie wären von Nationalsozialisten durchsetzt.
Der Polizei wirft sie in Dauerschleife „racial profiling“ vor, das es in der deutschen Polizeipraxis in Wirklichkeit nicht gibt. Im Interview mit „Bellower“, einer Publikation der von Anetta Kahane – einer ausgewiesenen Geheimpolizeiexpertin – gegründeten „Amadeu-Antonio-Stiftung“, erklärte Ataman 2020:
„Polizei und Geheimdienste arbeiten viel mit dem, was der erste Eindruck hergibt, also mit Klischees und Stereotypen. Leute, die für Ausländer*innen gehalten werden, werden eher kontrolliert und ihre Aussagen misstrauischer aufgenommen. Racial oder ethnic profiling ist Alltag in Deutschland. Behörden betrachten dunkelhäutige Menschen primär als Täter und nicht als Opfer.“
Dass Polizisten in manchen Gegenden eher Dunkelhäutige kontrollieren als die Seniorin mit Rollator, liegt allerdings nicht am ersten Eindruck, sondern an polizeilichen Erfahrungen, die sich auch in der Kriminalitätsstatistik niederschlagen. Schon das reicht Ataman aus, um der Polizei Rassismus zu unterstellen. Was allerdings nicht allzu sehr überrascht; schließlich gehört sie auch zu einem Organisationsverbund, nach dessen Ansicht es in den Sicherheitsbehörden vor Nationalsozialisten nur so wimmelt. Und wer Mitarbeiter des deutschen Gesundheitswesens in toto Selektionsabsichten unterstellt, fängt sowieso nicht mit der großen Differenzierung an, wenn es gegen andere zur Generalverdächtigung freigegebenen Gruppen geht.
Diese Gruppen können bei ihr auch ziemlich groß ausfallen. Hauptsache, es werden dabei Hautfarbengrenzen beachtet. Etwa, wenn sie wie in einem Spiegel-Beitrag über politische Auseinandersetzungen kurzerhand die Rassenschablone legt. Dort erklärt Ataman, sie sei „wütend“, und zwar darüber, dass es auch über die AfD-Wählerschaft hinaus eine ganze Reihe von Leuten gibt, die meinen, das politische Spektrum sollte von links bis rechts reichen, und die deshalb die Existenz einer rechten und sogar weit rechten Partei in Parlamenten nicht grundsätzlich für einen Skandal halten.
„Die Wut“, so Ataman im Spiegel, „rührt nicht etwa daher, dass sich der braune Bodensatz inzwischen in allen Parlamenten wiederfindet und legitimiert fühlt. Der Zorn kommt vor allem wegen der Ignoranz der Mitte. Ich habe den Eindruck, Kanaken und die weiße politische Mitte – das sind zwei Welten, die gerade auseinanderdriften. Viele moderate Weiße nehmen das mit dem völkischen Gelaber offenbar sportlich. Sie sehen den rassifizierenden Nationalismus im Parlament und in den Medien als schmuddelige Herausforderung, die zu einer Demokratie nun mal dazugehört.“
Wer so denkt, muss sich also von der designierten Antidiskriminierungsbeauftragten seine Hautfarbe in pejorativer Weise vorhalten lassen. Dass es eine ganze Reihe von Migranten unter den Wählern der AfD und sogar in deren Reihen gibt, erwähnt Ataman selbstredend gar nicht erst. Politik läuft für sie bei praktisch jedem Thema auf Rassismus und Rasse hinaus, wobei Weiße, falls sie Atamans Sicht und Rhetorik nicht komplett übernehmen, immer auf der verdächtigten Seite stehen.
Berufsantirassisten führen praktisch alle gesellschaftlichen Phänomene auf das Denken in Rassenkategorien zurück – mit Ausnahme ihrer eigenen Tätigkeit.
Wer beispielsweise den Begriff ‚Heimat‘ nicht wie Ataman deutet, findet sich nach dieser Methode ebenfalls im NS-Vorfeld wieder, mindestens. In einem Beitrag für eine Publikation der Amadeu-Antonio-Stiftung kommentierte sie die Entscheidung des damaligen Innenministers Horst Seehofer, in dem Ministerium auch eine sogenannte Heimatabteilung aufzubauen, so: „Politiker, die derzeit über Heimat reden, suchen in der Regel eine Antwort auf die grassierende ‚Fremdenangst‘. Doch das ist brandgefährlich. Denn in diesem Kontext kann Heimat nur bedeuten, dass es um Blut und Boden geht.“
Sie verwendet ganz bewusst und pauschal einen Begriff aus dem NS-Vokabular. Auf der anderen Seite stehen wieder die nach ihrer Definition Nichtweißen, und zwar als Opfer von allen, die den Begriff Heimat womöglich sogar positiv sehen: „Ist den Leuten eigentlich klar, wie sich eine Heimatdebatte in der aktuellen Gemengelage für jemanden wie mich anfühlt?“, fragt Ataman: „Meine Eltern und Großeltern sind vor einem halben Jahrhundert eingewandert. Und nun wird mir signalisiert, dass Einwanderung die Deutschen nachhaltig verstört und sie deshalb unter Heimatsehnsucht leiden. Weil ich und zu viele von Meinesgleichen da sind.“
Nach diesem Prinzip schaffen sie und andere Kader, die so argumentieren, nicht nur Dutzende oder Tausende, sondern Millionen Rassisten. Dass ein Staatsbürger mehr Rechte besitzt als jemand, der gerade erst zugewandert ist, ergibt sich aus der Verfassung und Gesetzen. Es gibt, soweit der Autor weiß, weltweit keinen Staat, in dem jemandem schon alle Bürgerrechte zufallen, sobald er einen Fuß auf den Boden des Landes setzt. Aber je mehr Rassisten existieren, ob nun als Leute mit Heimatgefühlen oder als Bürger, die ganz richtig finden, dass bestimmte Rechte an die Staatsbürgerschaft gebunden sind, für deren Erwerb ein paar Regeln gelten sollten, desto mehr Rassismus und Diskriminierung gibt es zu bekämpfen, desto höher müssen Etats zur Bekämpfung ausfallen, desto gründlicher müssen die Bekämpfer vor jeder Kritik und überhaupt der Frage geschützt werden, was sie da eigentlich mit öffentlichen Geldern treiben.
In Atamans Welt herrscht eine säuberliche Trennung in gut und schlecht. Dass Migranten aus arabischen und afrikanischen Ländern bei manchen Delikten die Kriminalstatistik dominieren, dass es auch Rassismus von Migranten gibt – etwa, wenn sie mit dem Ruf „Scheiß-Juden“ öffentlich aufmarschieren – dass der politische Islam die offene Gesellschaft bedroht – nichts davon kommt in ihren Texten und Reden vor. Wenn Publizisten wie Ahmad Mansour, Necla Kelek und andere über diese Themen schreiben und sprechen, werden sie nach der Ataman-Logik ruckzuck ins Gegnerlager verfrachtet. Am 22. Oktober 2020 twitterte sie:
„Naja, die Kronzeug*innen der ‚Islamkritik‘ sind im Diskurs schon willkommen, Kelek, Ates, Mansour usw. Muslime, die sich unter Nichtmuslimen über Muslime aufregen und als ‚mutig‘ gefeiert werden.“
Es fällt auf, wie stumpf Ataman die aus den USA stammende linksidentitätspolitische Themenliste auf Deutschland überträgt und abarbeitet: Die weiße Gesellschaft ist strukturell rassistisch, die Polizei ein Sammelbecken von Rassisten und die Polizei generell ein Problem. Und wer als Muslim oder generell als öffentliche Figur mit Einwanderungsgeschichte an diesem Agitpropgemälde nicht mitwirkt, ein Verräter an der Sache, ein Gehilfe der weißen Mehrheitsgesellschaft. In der aggressiven identitätspolitischen Bewegung der USA mit Black Lives Matters gelten Farbige, die an zentralen Dogmen zweifeln, beispielsweise an der Überzeugung, Weiße seien generell privilegiert und die Gesellschaft strukturell rassistisch, als token, als willentliche oder unbewusste Werkzeuge der Gegner. Was das betrifft: Gegen Atamans Berufung gibt es auch einen deutlich vernehmbaren Protest von dieser Seite. Gut, dass sie auch diese Leute schon präventiv eingeordnet hat.
Soweit also das Ataman-Geschäftsmodell des reinen Krawalls. Dazu kommt noch die oben erwähnte Verfeinerung, für die es noch keinen Fachbegriff gibt. Sie läuft jedenfalls auf die völlige Zerstörung jeder Gesprächsbasis hinaus, und das mit einem sehr einfachen Mittel: Ataman behauptet einfach etwas und gleichzeitig das Gegenteil.
Auf der einen Seite meinte sie mehrmals, die Bezeichnung „Kartoffeln“ für Herkunftsdeutsche wäre überhaupt nicht diskriminierend. Ihr Verein „Neue Deutsche Medienmacher“ vergibt regelmäßig die „Goldene Kartoffel“ für Medienberichterstattung, die nicht stramm auf identitätspolitischem Kurs liegt. Unentwegt ist bei ihr von Weißen und der weißen Mitte die Rede, „die goldene Zeit des ‚weißen Mannes‘ ist vorbei“, sowieso (Ataman im Spiegel). Zum anderen erklärt sie zusammen mit ihren Verbündeten die Unterscheidung zwischen wir und denen zu einer Gesellschaftsgefahr (zumindest, wenn die Falschen sie vornehmen). Dann jedenfalls fragt sie: „Wo zeigen sich Rassismen in alltäglicher Berichterstattung, wie wird sprachlich eine Grenze gezogen zwischen dem ‚wir’ und den ‚anderen‘?“
In dem „Glossar der Neuen Deutschen Medienmacher“, finanziert übrigens vom Bundesfamilienministerium noch in der Regierungszeit von Merkel, heißt es in einer Sprachempfehlung an Medien, Deutschland sei „bunter und vielfältiger geworden und vielleicht auch schwerer zu fassen und in seiner Differenziertheit zu beschreiben. Das sollte sich auch in unserem Sprachgebrauch widerspiegeln: An einigen Stellen sollte er vorsichtiger und tastender, jedenfalls weniger pauschalisierend sein. An anderen Stellen sind Differenzierungen erforderlich, die oft eine neue Präzision erfordern, wenn wir niemanden verletzen, übergehen oder nur aufgrund einer Gruppenzugehörigkeit pauschal bewerten möchten.“
Was natürlich ausschließlich für die eigene Klientel gilt, nicht für die Berichterstattung über Kartoffeln. In einem Interview mit der Taz vom März 2019 bringt Ataman es fertig zu erklären, Migranten müssten den Deutschen nicht dankbar sein (eine Position, die sich soweit noch vertreten ließe), um dann aber zu erklären, umgekehrt müssten die Kartoffeldeutschen den Einwanderern natürlich ihren Dank bezeugen. Auf die Frage: „Schuldet Deutschland seinen Migrant_innen Dankbarkeit?“ antwortet sie:
„Ganz klar: Ja. Meine Eltern und die vieler anderer haben sich kaputtgeschuftet für kleines Geld. Unser Sozialstaat wäre ohne Migration nicht denkbar. Ich fände es gut, wenn es das politische Signal gäbe: Migration gehört zu uns, und wir sind dankbar für das, was Migranten leisten. Ich will ein einziges Mal hören, dass meine Eltern nicht nur ein Problem sind. Sondern dass sie dieses Land mit aufgebaut haben.“
Natürlich hat sie die Mär, türkische Gastarbeiter hätten Deutschland nach dem Krieg wieder aufgebaut, nicht nur einmal gehört, sondern hunderte Male. Sie weiß auch, dass es kartoffeldeutsche Geringverdiener gibt, und Leute, deren Eltern zu den Geringverdienern gehörten, ohne dass ihnen jemand offiziell dafür dankt. Sie weiß auch, dass die Migration spätestens seit 2015 die Sozialkassen nicht füllt. Wer so redet wie Ataman, will kein Gespräch mit irgendjemand außerhalb des eigenen Milieus. Sondern die Maximierung von Konflikten.
Ataman ist auch Autorin des Buchs „Hör auf zu fragen, ich bin von hier“, in dem sie schon die Frage: „Woher kommst du?“ als diskriminierend und rassistisch markiert, wenn sie sich an jemand richtet, der aus einer Einwandererfamilie stammt oder selbst zu den Migranten zählt. „Viele glauben, die Herkunft eines Menschen hätte Aussagekraft über die Person“, erklärt sie in dem Taz-Interview: „Es gibt eine regelrechte Wurzelbesessenheit: Nenn mir deine Wurzeln, und ich sag dir, wer du bist.“
Gleichzeitig erheben ihre „Neuen Deutschen Medienmacher“ die Forderung nach festen Migrantenquoten in den Medien. In einer Mitteilung der NdM von 2021 heißt es:
„Medien sollten mit Diversity-Checklisten arbeiten und auch nicht-weiße Menschen zeigen. Bei jedem Thema, in jeder Sendung.
Medien sollten sich verpflichten, eine Quote für Journalist*innen aus Einwandererfamilien einzuhalten. Unser Vorschlag: 30 Prozent bis 2030.“
Die NdM fordern folgerichtig, dass Redaktionen ihnen Daten dazu liefern, wie viele Mitarbeiter aus Einwanderungsfamilien sie beschäftigen. Die Quote sollen nach Atamans Vorstellung nicht nur in den Medien durchgesetzt werden, sondern schrittweise überall im öffentlichen Dienst. In einem Interview mit „Belltower“ von der Antonio-Amadeu-Stiftung meint sie:
„Da wir bereits im Jahr 2020 leben und sich freiwillig trotz jahrzehntelanger Debatten über Teilhabe und Diskriminierung wenig geändert hat, teile ich die Meinung vieler NGOs dass es höchste Zeit ist für eine Debatte über verbindliche Quoten. Und wir brauchen Gleichstellungsdaten, um Fortschritte messen zu können.“
Medien und nach und nach auch öffentliche Einrichtungen sollen also ihren Mitarbeitern genau diese Frage stellen: Woher kommst du? Sie sollen wurzelbesessen nachforschen, um „Gleichstellungsdaten“ zu liefern, und zwar an eine wurzelbesessene Organisation, deren Credo lautet: Nenn mir deine Wurzeln, und ich sag dir, wer du bist. Es mag schon sein, dass Ataman hier die Meinung vieler ganz ähnlich gestrickter und aus der gleichen Quelle mit Steuergeld überschütteten NGOs teilt. Das ändert aber nichts daran, dass eine Datensammelei über die Herkunft von Mitarbeitern sich kaum mit dem Datenschutz vereinbaren lässt, und eine Herkunftsquote für den öffentlichen Dienst schlicht verfassungswidrig wäre. Die steuergeldfinanzierten NdM produzierten eine Broschüre für Medien, die ihnen Ratschläge erteilt, wie sie die Herkunftsforschung und Quotierung am besten betreiben sollten. Im Jahr 2022 gründete Ataman zusammen mit der ebenfalls von den NdM stammenden Konstantina Vassiliou-Enz das private Unternehmen „Diversity Kartell“, das Firmen genau diese Diversitätsberatung anbietet, für die Ataman mit den „Neuen Deutschen Medienmachern“ lautstark lobbyiert hatte. So funktioniert die Überführung der steuergeldfinanzierten Agitation in ein privat betriebenes lukratives Geschäftsfeld.
“Wir beraten Medienhäuser und andere, wie sie mehr Diversität schaffen und managen. Unser Eindruck ist nämlich: alle wollen Vielfalt, wissen aber nicht, wie – und vor allem, was dann?“, erklärte Ataman dem Mediendienst kress ihr Geschäftsmodell. Denn Firmen wollen ja bloß nichts falsch machen, um nicht in das Trommelfeuer der „Neuen Deutschen Medienmacher“ und ihres Twitteranhangs zu geraten. Andererseits lässt sich der Vorsatz, bloß nichts falsch zu machen, kaum noch erfüllen in einer Welt, in der die Atamans unentwegt ein bestimmtes Verhalten und gleichzeitig das Gegenteil davon als falsch erklären. Da empfiehlt es sich, einfach Geld für ein Gütesiegel zu zahlen, das die Privatfirma von Ataman und Partnerin vergibt. Sobald das Geld im Kasten klingt, wird die Seele des Klienten vom Twitterfegefeuer verschont. Zu den Kunden von „Diversity Kartell“ gehören neben Google Deutschland, dpa, der Süddeutschen Zeitung und Nivea auch etliche Institutionen aus dem Gebühren- und Steuergeldbereich: Der Bayerische Rundfunk, der Hessische Rundfunk, die Stadt Hagen, die Stadt Köln.
Natürlich versicherte Vassiliou-Enz, sollte Ataman zur Diskriminierungsbeauftragten gewählt werden, würde sie bei „Diversity Kartell“ ausscheiden. Ganz bestimmt würde sie das. Auf ihrem Regierungsposten kann sie schließlich sehr viel mehr für die Ausweitung des Geschäftsmodells tun. Und anschließend auch wieder in die Firma einsteigen. Allein diese offensichtliche Verknüpfung von privatgeschäftlichen Interessen mit einem Amt wäre ein zwingender Grund für alle Abgeordneten des Bundestags, Ataman die Stimme zu verweigern.
Vorerst geht allerdings alles seinen Cry-Bully-Gang. An Atamans Nominierung gibt es natürlich Kritik, die sie mit ihren Äußerungen auch ganz gezielt provoziert hatte. Und diese Kritik wiederum benutzen Atamans Helfer, um ihre Berufung erst recht zu fordern, indem sie Ataman zum Kritikopfer erklären, dem geholfen werden muss. Nämlich auf den Posten.
Die derzeit amtslose SPD-Frau Sawsan Chebli erkennt ein „System“ der, natürlich, „Angriffe“ auf Ataman und andere als Muslime gelesenen Menschen, denn merke, diese Bürgerkategorie wird nie kritisiert, schon gar nicht zu Recht, sondern immer nur angegriffen. Skandalös findet es Staatssekretärin a. D. auch, wenn Journalisten sich die öffentlichen Äußerungen einer Person ansehen, die sich für ein öffentliches Amt bewirbt.
Praktisch inhaltsgleich findet auch die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung Reem Alabali-Radovan von der SPD, Kritik an Ataman sei „eine Kampagne“ gegen die wichtige und sprachgewaltige Anregerin von Debatten über Selektionsabsichten im Gesundheitswesen, Nazis bei der Polizei und Kartoffeln in Deutschland. Alabali-Radovan lobt auch ausdrücklich das Konfliktmaximierungsprinzip mit den Sprachschabraken „laut“ und „unbequem sein“.
Unbequem ist nämlich stets genehm, wenn es sich in Geld, Posten und Einfluss ausmünzen lässt. Ganz nebenbei kann hier jeder Beobachter studieren, wie eine ganze Politikergeneration schon vollständig von Twitter geformt wurde. Nach der Cry-Bully-Methode wird wahrscheinlich Atamans Wahl Anfang Juli auch gegen den einen oder anderen unwilligen FDP-Abgeordneten durchgesetzt. Dafür sorgt das immergrüne Argument, ihre Nichtwahl wäre nur Wasser auf den Mühlen der Rechten, der Hetzer und Rassisten. Das schließt die Reihen zuverlässig. Mit genau der gleichen Methode sichert sich auch der Queer-Beauftragte der Bundesregierung Sven Lehmann, angesiedelt ebenfalls im Bundesfamilienministerium, perfekt gegen den Rauswurf ab: Kritiker als „menschenfeindlich“ abkanzeln, anderen den Begriff „bürgerlicher Fascho“ ankleben, noch mehr Kritik provozieren und damit die Solidarität des Unterstützermilieus absichern.
Im Grunde ist es ganz einfach: Personen, die es schaffen, sich in dem eigenen ideologischen Lager fest zu verankern, und gleichzeitig eine heftige Abstoßungsreaktion bei denjenigen provozieren, die sie als feindliche Milieus betrachten, kann nicht viel passieren. Jede Kritik, jeden Gegendruck wandeln sie umgehend in politisches Kapital um, das sie sich von ihren eigenen Anhängern in Organisationen, Parteien und Medien auszahlen lassen. Es kann eigentlich nichts schief gehen, jedenfalls nicht, solange sie das Erregungsniveau der Gesellschaft im roten Bereich halten. Bringen es die alten Textbausteine nicht mehr, müssen sie eben durch etwas stärkere ersetzt werden, um aus den Kartoffeln, bürgerlichen Faschos, den undankbaren Blutsdeutschen, kurzum, der weißen Mitte die nötigen Reaktionen und damit auch das Steuergeld herauszukitzeln. Solange die Doktrin von Regierungspolitikern und Medienvertretern akzeptiert wird, dass jede Kritik an einer noch so grobschlächtigen Behauptung von linken Identitätspolitikern als Angriff zu gelten hat, Weiße aber generell nicht Opfer von Rassismus sein können und die größte Gefahr für die Gesellschaft sowieso von der weißen Mitte ausgeht, solange ist alles in Butter.
Falls nichts Unvorhergesehenes passiert.
Wer einen Blick in die Geschichte wirft, erkennt ziemlich schnell, dass dort eigentlich nur eine Konstante existiert: hinter der nächsten Biegung des Zeitflusses taucht meist eine Überraschung auf.
Die Hauptverantwortlichen des städtischen School Boards wiederum sorgten sich in der Corona-Zeit, als die Schulen der Stadt geschlossen waren, nicht um den Lernverlust der Kinder und Jugendlichen, sondern ausschließlich um Rassismus. Einen Kandidaten für das School Board lehnten sie nicht nur wegen dessen weißer Hautfarbe ab, sie verhöhnten auch noch öffentlich seine Unterstützer. Eine Aktivistin des School Boards schlug außerdem vor, den Zugang zu einem begehrten städtischen College nicht mehr an Eingangstests zu knüpfen, sondern zu verlosen, um die Schule vor der Dominanz strebsamer asiatischer Kinder zu schützen. Fleiß und Leistung, argumentierte sie sinngemäß, sei ohnehin ein weißes Konzept. Sie fand auch, Abraham Lincoln eigne sich nicht mehr als Namensgeber für eine städtische Schule, denn auch Lincoln sei rassistisch kontaminiert. Kritiker machten die Gesellschaftsumformer routiniert als Rassisten, Trumpisten und weiße Suprematisten nieder, ohne auch nur auf ein Argument einzugehen. Sie verfolgten also eine ganz ähnliche Strategie der Konfliktmaximierung wie Ataman, nur auf einem vergleichsweise weit fortgeschrittenen Niveau. Dabei hielten sie sich für unangreifbar, denn sie regierten schließlich in San Francisco, einem Kreuzberg-Friedrichshain im Großstadtformat. Die kalifornische Stadt gilt als Hauptstadt der Wokeness und der linksmoralischen Gesellschaftspolitik.
Vielmehr, sie galt. Denn dann begab sich folgendes: Eine deutliche Bürgermehrheit wählte den Distriktstaatsanwalt und die drei fanatischsten Schoolboard-Mitglieder ab, und zwar mit mehr Stimmen, als bei deren Wahl zusammengekommen waren. Die Gefeuerten begriffen gar nicht recht, wie ihnen geschehen war, und bejammerten dann eine Verschwörung von Rechten und Trumpisten. Von denen gibt es in San Francisco allerdings bestenfalls Spurenelemente. Es war der eigene linke Anhang, der die Konfliktmaximierer aus ihren Ämtern gejagt hatte. Irgendwann reichte es ihnen einfach. Auch ein linker Bürger will nicht in einer Gesellschaft der permanenten Konfrontation leben.
Hier in Deutschland gestaltet sich die Abwahl von Amtsträgern schwierig. Aber es bleiben ein paar Möglichkeiten. Erstens sollte jedes Wort einer Antidiskriminierungsbeauftragten Ataman umgehend auf der Goldwaage landen. Und jede Diskriminierung der Mehrheitsgesellschaft Dienstaufsichtsbeschwerden nach sich ziehen, und zwar möglichst zahlreiche. Jede von ihr verantwortete Broschüre sollte von Bürgern auf Ansatzpunkte durchgesehen werden, dagegen zu klagen. Schließlich fließt dafür Steuergeld. Auch die Verbindung zwischen der Antidiskriminierungsstelle und „Diversity Kartell“ sollten sich vor allem juristisch geschulte Bürger sehr genau ansehen. Vielleicht ergeben sich hier Ansätze für Strafanzeigen. Es geht darum, die Räume für Ataman eng zu machen.
Auf keinen Fall sollten sich Bürger das naive Sprüchlein aufsagen, es wäre doch das Beste, jemand wie Ataman einfach zu ignorieren. Dazu besitzt sie zusammen mit ihren Unterstützern längst zu viel Einfluss auf das Debattenklima in diesem Land.
Es bietet sich allerdings noch ein viel mächtigeres Mittel an. Jeder sollte in seiner Umgebung einen SPD- und FDP-Wähler suchen – oder jemanden, der wiederum einen kennt, ihn mit Atamans Aussagen konfrontieren und fragen, ob er diese Art der Konfliktmaximierung tatsächlich mit seiner Stimme unterstützen will. Denn ohne die Stimmen dieser Parteien kämen Leute wie Ataman und Lehmann nicht in ihre Ämter. Diese Frage sollte dann SPD- und FDP-Kandidaten gestellt und ihnen ziemlich deutlich mit Stimmentzug bei der nächsten Wahl gedroht werden, auch wenn der Kandidat vielleicht auf anderen Politikfeldern sympathische Ansichten vertritt. Bei der SPD sollte dann eine Ahnung aufkommen, dass sie wieder dauerhaft unter 20 Prozent fällt, wenn sie bei dem identitätspolitischen Allotria mitmacht, für das ihre Wähler angesichts von Inflation, Energiekrise und Jobverlust keinen Nerv haben. Nur mit dem Publikum aus den Wokistan-Vierteln der Großstädte können die Sozialdemokraten nicht Kanzlerpartei bleiben, auf Dauer noch nicht einmal Regierungspartei. Und für die Freidemokraten würde es den politischen Tod bedeuten, wenn sie noch einmal aus dem Bundestag fliegen sollten.
Es lässt sich auch noch einfacher sagen: Nach der Methode Ataman funktioniert zwar der Gewinn von Posten und Geld für ein bestimmtes Kernmilieu unter dem Schutzmantel der Grünen. Anderen, die dabei mitmachen, kann es Posten und damit auch Geld kosten. Jeder muss selbst wissen, für wen er im Bundestag stimmt.
Die Bürgermeisterin von San Francisco, selbst natürlich eine linke Vertreterin der Demokraten, stellte sich übrigens nicht gegen die Abwahl der Superprogressisten. Sie hatte sehr genau verstanden, dass es ihre Karriere sichert, wenn die der vier Nervensägen endet.