Die Coronakrise hat viele Bürger in die Verzweiflung, den Ruin und in die Insolvenz getrieben. Die Arbeitslosenquote ist hoch, die Kurzarbeit ist in letzter Zeit rasant angestiegen und viele sind auf Staatshilfen angewiesen. Die Regierung hat gerade erst das größte Hilfspaket in der Geschichte der Bundesrepublik abgesegnet. Also was gibt es für einen besseren Zeitpunkt, um das Bundeskanzleramt neu zu planen? Gerade wenn es so ein Schnäppchen ist – den deutschen Steuerzahler kostet es gerade einmal 19.000 € pro Quadratmeter. Alle, die sich jetzt fragen: ist das Viech aus Gold gemacht? Nein, ihr habt einfach keine Ahnung. Es wäre bescheuert, jetzt nicht zuzuschlagen.
Gut, nun muss man auch so fair sein, um anzumerken, dass die Zahl der Beschäftigten in letzter Zeit von 410 auf ca. 750 angestiegen ist, sich also fast verdoppelt hat. Aus diesem Grund sollen die Mitarbeiter unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen gelitten haben. Man berichtet von doppelt belegten Büros, Mitarbeitern in umfunktionierten Gesprächsräumen als Ausweichquartieren. Einfach furchtbar, was diese armen Menschen dort erleiden mussten. Allerdings werden sie das auch noch weiter durchhalten müssen, schließlich baut sich so ein Hundertemillionen-Euro-Bau nicht über Nacht.
Immerhin sollte sich das Warten lohnen, denn in einem wirtschaftlichen Aufschwung wie wir ihn gerade haben, werden keine Kosten gespart – für welchen Kanzler auch immer, den Frau Merkel uns auserwählen wird. Die Ausstattung beginnt einerseits mit 400 neuen Büros – aber gut, das ist langweilig. Kommen wir zu den spannenden Dingen: der Regierungshubschrauberlandeplatz zum Beispiel. Bisher musste die Air Force One unter den deutschen Hubschraubern noch im Park landen, aber wie sah das denn bitte aus? Die Kanzlerin ist doch kein Kind, das sich aus dem Hinterausgang schleichen muss, weil es Hausarrest hat. Daher muss jetzt ein Landeplatz mit Stil her. Kostenpunkt: 1 Millionen Euro äääääh halt Stopp, hab mich verlesen – 10 Millionen natürlich. Wir haben es ja … Dafür wird die kreisrunde Plattform auf einem separaten 23m hohen Bauwerk ganz sicher eine ästethische Bereicherung für das Berliner Stadtbild sein – die asiatischen Touris werden es lieben.
Kinder- & Wintergärten: gerade noch rechtzeitig
Auch eine eigene Kindertagesstätte soll es im Gebäude geben. Die soll aus irgendeinem Grund fast 3 Mio. Euro kosten und ist nicht etwa für 30 oder gar 100 – sondern für 12 bis 15 Kinder ausgelegt. Als ich mit drei Jahren in den Kindergarten sollte und meine Mutti sich auf die Jagd nach einem Kindergartenplatz gemacht hat, wurde ihr immer gesagt, dass sie sich schon in der Schwangerschaft hätte umsehen müssen. Die meisten Kindergärten sind überlastet, aber ja – lass uns doch für 12 Kinder 2,8 Millionen investieren. Es wäre furchtbar, wenn Kanzleramtsmitarbeiter mit den realen Problemen der Berliner Bevölkerung konfrontiert werden würden. Pfui, ist ja schon schlimm genug, dass es da keine eigene Schule gibt. Oh je, jetzt hab ich sie noch auf Ideen gebracht …
Sollte die Planung bestehen bleiben, wird der Bürobogen durch eine fensterlose Mauer nach Außen abschotten. Ich würde dazu sagen, das Motto ist „Lass das Pack bloß draußen, schnell, schließ die Tür hinter dir zu!“ Der Architekt Schultes sagt dazu: „Architektonisch spielt die Musik hier“. Aha, da liegt also das Problem. Mir hat letztens jemand gesagt: „Traue nur Bauingenieuren, niemals Architekten. Denn Architekten sind Bauingenieure, die nicht rechnen können.“ Na super, das kann ja heiter werden.
Aber genug zu diesen praktischen Dingen, der Mensch lebt nicht vom Nützlichen alleine und darum soll es ja auch einen eigenen fünfgeschossigen Wintergarten geben. Nein, schon wieder verlesen, es soll neun – NEUN – fünfgeschössige Wintergärten geben. Einen für jeden Tag in der Woche und dann noch zwei für wann anders, denn wir lieben ja schließlich Pflanzen.
Aber gut, vielleicht beehrt ja der Kanzler die Pflänzchen mal, denn eine zweite Kanzlerwohnung soll es auch geben. Meiner Meinung nach ist das das unnötigste von allem. In einer amerikanischen Zeitung habe ich letztens einen Artikel gelesen, der Merkel über alle Maßen lobte, weil sie ganz bescheiden in ihrer eigenen Wohnung geblieben ist. Die Wohnung in diesem hässlichen Waschmaschienenviech steht seit über zehn Jahren leer, aber natürlich brauchen wir noch eine zweite.
Der Rechnungshof kritisiert das Vorhaben. Sie sehen den Bedarf für ein so gigantisches Bauprojekt nicht und rechnen aus, dass man an allen Ecken und Enden unnötige Kosten vermeiden könnte. Diese Pfennigfuchser! Die sind ja bloß neidisch, weil sie keinen Wintergarten haben. 2028 soll das Gebäude voraussichtlich eingeweiht werden. Da bin ich 28 Jahre alt, also noch zu jung, um Kanzlerin zu werden. Wenn man aber mit einberechnet, dass in Berlin die Gebäude eher nicht so pünktlich fertig werden, könnten sie es zu meinem Amtsantritt gerade noch schaffen. Aber dann will ich auch Rosen haben.