Tichys Einblick
Generation Midlife Crisis

„Da lacht das Establishment“

Am 13. Januar 1980 gründeten höchst unterschiedliche Gruppen in Karlsruhe eine Anti-Partei. Doch die Grünen landeten schnell im stinknormalen Parteienstaat.

imago images / Mike Schmidt

Die Überschrift „Da lacht das Establishment“ verdanken wir der taz. Dass die taz das schreibt, ist angemessen. Als sie noch gedruckt wurde, war ihre Auflage halb so groß wie die Mitgliederzahl der Grünen heute. Das gewählte Titelbild (siehe oben) erzählt mehr als die vielen nichtssagenden Geburtstagsbeiträge quer durch eine Medienlandschaft, die es mich in Anbetracht aktueller Vorgänge rund um den ÖRR reizt, ein breites Medienbündnis zu nennen.

Götz Aly, selbst „Achtundsechziger“, erinnerte in einem Interview, wo er sein Buch „Unser Kampf“ über eben diese „Achtundsechziger“ erläutert, an einen der Sprüche derselben: „Wer zweimal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment“.

Der Weg von diesem Satz zur Überschrift der taz beschreibt das Ergebnis. Jutta Ditfurth, die 1991 die Grünen verließ, bezeichnet es als „stinknormale, bürgerliche Partei“: aus ihrem Munde eine böse Beschimpfung, weniger wegen stinknormal, sondern wg. bürgerlich.

Eine „stinknormale“ Partei wird jede neue Partei, die sich auf die Spielregeln des deutschen Parteienstaats einlässt. Das muss jede neue Partei tun, will sie Mitglieder in die Parlamente kriegen. Den dann einsetzenden Einschleifprozess haben die Grünen nicht nur hinter sich gebracht, nachdem sie ihren ursprünglichen Ansatz, nicht so zu werden wie die damals schon lange real existierenden Parteien, einfach sein ließen. Danach machten die grünen Funktionäre von den Segnungen des Parteienstaats nicht nur Gebrauch wie die älteren Parteien auch, sondern übertrafen und übertreffen diese bei der Inanspruchnahme der Privilegien des Parteienstaats und der Hinzufügung immer neuer meilenweit, insbesondere bei der de facto als NGO o.ä. steuerfinanzierten Organisation von „Zivilgesellschaft“.

Heribert Prantl sagt richtig: „Die Grünen sind heute …, was damals die FDP war – die Partei, die bestimmen kann, wer regiert.“ Er sagt aber an gleicher Stelle auch, noch zutreffender: „Grün ist das neue Rot geworden.“

Was Prantl nie sagen wird, darf ich übernehmen: Die Grünen werden nicht so lange brauchen wie FDP und SPD, bis die Leute merken, dass auch die Grünen keine Antworten auf die wirklichen Fragen der Zeit haben, ja, diese nicht einmal als die wirklichen Fragen der Zeit akzeptieren.

Wer den Klimawandel aufhalten, also der Natur das „richtige“ Wetter verordnen will, hat natürlich für die restlichen Kleinigkeiten der Welt keine Zeit. Bis die Zeit keinen Platz mehr hat für die Grünen sowie Andersfarbigen, die mehr oder weniger in ihrem Fahrwasser mitschwimmen.

Dass die Grünen von heute mit denen vor 40 Jahren nichts Wesentliches mehr gemeinsam haben, wissen viele (auch die wenigen Ökolibertären). Die einen sind froh darüber, die anderen traurig, den meisten ist das wie das Meiste egal. Mir ist es nicht gleichgültig. Zum fünfzigsten Jahrestag schreibe ich wieder. Der Klimawandel hält natürlich an wie schon immer.

Schaun mer mal, dann sehn mer scho.

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