Es stinkt zum Himmel und verfestigt den Ruf Deutschlands als Bananenrepublik. Soeben hat die Cum-Ex-Chefermittlerin, die Kölner Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker (50), nach Jahren der umfangreichen und vielfach erfolgreichen Ermittlungen hingeworfen und um Entlassung aus dem Beamtenverhältnis gebeten.
Die Ausmistung des Cum-Ex-Augias-Stalls dürfte nun in weite Zukunft verschoben sein, und der von Erinnerungslücken geplagte frühere Hamburger Bürgermeister (2011 – 2018), vormalige Bundesfinanzminister (2018 – 2021) und jetzige Kanzler Scholz (SPD) dürfte aufatmen können. An Gespräche mit führenden „Cum-Ex“-Bankern vermochte sich Scholz ja nicht zu erinnern. Und dann waren im Oktober 2023 für 20 Tage zwei (!) Laptops mit brisanten Emails verschwunden.
In rund 120 Cum-Ex-Ermittlungsverfahren wurde in Köln unter Brorhilkers Führung gegen 1700 Beschuldigte ermittelt. Durch den Cum-Ex-Betrug, der seine Hochphase von 2006 bis 2011 hatte, wurde der deutsche Staat schätzungsweise um einen geschätzt zweistelligen Milliardenbetrag geprellt. Der Cum-Ex-Betrug ist damit der größte Steuerskandal der Bundesrepublik. Seit 2012 arbeitete Brorhilker an der Aufdeckung des Cum-Ex-Skandals. In der Folge kam es zu einigen Verurteilungen. Unter anderem wurde Hanno Berger, der einst in die Schweiz geflohene „Mr. Cum Ex“, wegen Steuerhinterziehung und betätigt durch den Bundesgerichtshof (BGH) zu acht Jahren Haft verurteilt.
Die Oberstaatsanwältin nahm eine zentrale Rolle bei der Verfolgung von Cum-Ex-Steuerbetrügern ein. Dem WDR sagte Brorhilker in einem17 Minuten langen Exklusivinterview: „Ich war immer mit Leib und Seele Staatsanwältin, gerade im Bereich von Wirtschaftskriminalität, aber ich bin überhaupt nicht zufrieden damit, wie in Deutschland Finanzkriminalität verfolgt wird. Da geht es oft um Täter mit viel Geld und guten Kontakten, und die treffen auf eine schwach aufgestellte Justiz.“
Weiter: Noch immer fehlten Kontrollen. Brorhilker forderte mehr Personal in der Strafverfolgung sowie eine zentrale bundesweite Behörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität, die auch Steuervergehen verfolge. Die vormalige Oberstaatsanwältin äußert grundsätzlich scharfe Kritik an der Strafverfolgung von Finanzkriminalität: Steuerdiebstähle seien längst nicht gestoppt, es gebe Cum-Ex-Nachfolgemodelle. Grund seien fehlende Kontrollen, was bei Banken und auf den Aktienmärkten geschehe.
Brorhilker kritisierte auch Ungerechtigkeit im Strafverfolgungssystem. Bei der Finanzkriminalität gehe es oft um Täter mit viel Geld und guten Kontakten, die dann auf eine schwach aufgestellte Justiz stießen. Auch könnten sich Beschuldigte oft aus Verfahren einfach herauskaufen, indem beispielsweise Verfahren gegen eine Geldbuße eingestellt würden. Wörtlich: „Dann haben wir den Befund: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen.“
Knüppel zwischen die Beine hatte Brorhilker bezeichnenderweise von Benjamin Limbach (Grüne, vormals SPD), NRW-Justizminister und Sohn der vormaligen Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts Jutta Limbach (vormals SPD), geworfen bekommen. Er hatte am 27. September 2023 im Rechtsausschuss des NRW-Landtags eine Umstrukturierung der Staatsanwaltschaft Köln angekündigt. Limbach hat die Pläne zwar offiziell „auf Eis“ gelegt. Aber bei Brorhilker dürfte all das wohl das Fass zum Überlaufen gebracht haben.
Anne Brorhilker wird nun Geschäftsführerin der Bürgerbewegung Finanzwende. Von dort wurde dies bereits bestätigt. Man kann nur hoffen, dass Brorhilker dem Finanzgebaren der Regierenden von dieser Seite her Beine machen wird.
Interessant am Rande: SPD-Frau auf dem Weg von Hamburg nach Hannover
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) holte sich als Büroleiterin eine SPD-Frau, die zuvor im Hamburger Cum-Ex-Untersuchungsausschuss tätig war. Sie ist auch SPD-Vorsitzende im Heidekreis, der zum Wahlkreis des SPD-Co-Vorsitzenden Klingbeil gehört. All das wäre nicht weiter aufgefallen, wenn MP Stephan Weil der Dame nicht an den Regeln vorbei 1.886 Euro Gehaltsaufbesserung zugestanden hätte. Aha, so geht das im Bananenland. Wir stellen freilich keineswegs einen Zusammenhang zwischen Hamburg und Hannover her und unterstellen keineswegs, dass man bei der Dame ganz uneigennützig mittels Schweigegeld Erinnerungslücken fördern wollte.
Ansonsten können wir uns lebhaft vorstellen, was in Deutschlands Politik und Medien sowie in der EU-Kommission los wäre, wenn es Ähnliches in Ungarn und Polen gegeben hätte.