Tichys Einblick
PR-Desaster

CSU wirbt für sich mit SED-Logo

Die CSU liefert in Augsburg einen Parteitag ab, der kaum in Erinnerung bleiben wird. Dann passiert den Christsozialen ein PR-Desaster: Die Partei von Franz Josef Strauß wirbt für sich mit dem Logo der DDR-Einheitspartei SED.

IMAGO / Sammy Minkoff

Was bleibt vom CSU-Parteitag in Augsburg? Dass sich ihr Chef Markus Söder (CSU) vor allem an den Grünen abgearbeitet hat, vielleicht. Oder der zaghafte Umgang mit dem Thema wirtschaftliche Erfolge in Bayern. Für manche die Attacke, die Söder gegen Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) reitet. Doch dann passiert ein PR-Desaster, das den Parteitag zumindest bei den Jüngeren überschatten und für viel Häme sorgen wird.

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Söder und CDU-Chef Friedrich Merz halten einen Schal hoch. Darauf sind die Namen CDU und CSU zu lesen, in Rot und Blau. Die Behauptung, Nummer eins in Deutschland beziehungsweise Bayern zu sein, und in der Mitte der Stein des Anstoßes: zwei Hände, die einander schütteln. Genau solche zwei Hände, die auch die KPD in der DDR als Logo wählte, nachdem sie eine Zwangsvereinigung mit der SPD durchgezogen und das neue Konstrukt in Sozialistische Einheitspartei umbenannt hat. Die SED sollte fortan gut 40 Jahre lang die Menschen in der DDR unterdrücken.

Einer der größten Kommunistenfresser im Westen war Franz Josef Strauß, der vor 34 Jahren verstorbene Übervater der CSU. Der striktere Antikommunismus, die Positionierung rechts neben der CDU gehörten lange neben der regionalen Ausrichtung auf Bayern zu den wesentlichsten Merkmalen der Nummer eins in Bayern. Nun also dieser Fauxpas. Ein übereifriger PR-Zuarbeiter mit zu wenig historischem Bewusstsein, eine Parteitagsregie, die nicht aufgepasst hat – und schon halten die beiden Vorsitzenden der konservativen Schwesternparteien das SED-Logo in die Kamera.

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Kein großes Ding. Eigentlich. Wenn denn der Parteitag sonst mehr hergegeben hätte. Was er tatsächlich hätte tun können. Wenn es in der Union derzeit nicht so viele Aber geben würde. So schließt Markus Söder in Bayern eine Koalition mit den Grünen aus. In seiner Rede legt er den Schwerpunkt auf eine Abrechnung mit deren wirtschaftsfeindlichen Politik und den Folgen wie steigende Energiepreise und drohender Blackout. Das freut konservative Zuhörer. Aber: Der gleiche Söder hat noch vor anderthalb Jahren offensiv für eine Öffnung der Union hin zu den Grünen geworben. Hat selbst demonstrativ grüne Positionen übernommen.

Oder der kurze Seitenhieb, den Söder gegen Lauterbach austeilt. Er könne dessen Gemecker nicht mehr hören. An Corona-Maßnahmen festhalten zu wollen, aber gleichzeitig Haschisch zu legalisieren, das vertrage sich nicht. Treffer ins konservative Herz. Es folgt der größte Applaus, während Söders Rede. Aber: Der gleiche Markus Söder war auch „Team Vorsicht“. Ein Hardliner, der viele Grausamkeiten durchgesetzt hat. Er habe sich nicht geändert, sagt Söder in Augsburg, Corona habe sich geändert.

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Was auffällt. Unter früheren Ministerpräsidenten uferte der Teil „Bayerische Erfolge“ mitunter aus. Vor allem bei Edmund Stoiber. Der Punkt ist bei Söder kürzer als sein Grünen-Bashing. Auf die Raumfahrt geht er besonders ein. Das sei zwar nur ein kleiner Zweig, der aber dafürstehe, dass die CSU anders als die Grünen die Zukunft im Auge habe. Dass die CSU anders als die Grünen Wachstum wolle. Er nennt München das „‚Deutsche Houston“. Die kleinen Erfolge der PR-Abteilung sollen nicht unter den Tisch fallen.

Der Teil „Bayerische Erfolge“ fällt auch deswegen klein aus, weil die Krise auch das einstige Vorzeigeland Strauß‘ und Stoibers erreicht hat. Das Ende der Atomkraft trifft keinen anderen so hart wie Bayern. Söder weiß das. Deswegen bereitet er seine Partei auf schwere wirtschaftliche Zeiten vor. Aber: Als der Wind noch aus einer anderen Richtung kam, konnte derselbe Söder sich nicht genug damit brüsten, den Ausstieg aus der Atomkraft forciert zu haben.

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In einer kurzen Passage ist Söder bemerkenswert wehleidig. Warum es ausgerechnet seine Generation sei, die ein solches Erlebnis wie die Corona-Pandemie ertragen müsse, fragt er. Und jetzt die Wirtschaftskrise. Es erinnert einen unwillkürlich an das Bild von den drei Generationen, das Theodor Storm im Schimmelreiter malt. Von der, die aufbaue, und der, die ausbaue, und dann wiederum der, die den Niedergang herbeiführt. In seinem wehleidigen Moment und in seiner überschaubaren Erfolgsbilanz wirkt Söder wie ein Vertreter Storms dritter Generation.

Doch so düster ist die Zukunft nicht. Die Schwäche der anderen und die Wahl-Arithmetik in Bayern helfen Söder und der CSU. So ist die CSU in Umfragen doppelt so stark wie die Grünen und die wiederum doppelt so stark wie die nächsten kleineren Parteien wie AfD, Freie Wähler, SPD oder FDP. Sodass ein grün geführtes Bündnis kaum denkbar ist und sich Söder bei Bedarf einen Koalitionspartner unter den Kleinen aussuchen kann.

Seine Angriffe gegen die Grünen sind also keine Überzeugung oder gar das Vorhaben, künftig fester zu Grundüberzeugungen zu stehen. Es ist einfach nur die nächste taktische Volte. Die dritte Generation profitiert aber von dem, was die Alten geschaffen haben. Umso besser läuft es dann für Söder, desto weniger er macht – und vor allem wenn er seine PR-Abteilung an der Seitenlinie hält.

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