Tichys Einblick
Pessimistische Aussichten für 2023

Creditreform erwartet mehr überschuldete Privathaushalte und Firmeninsolvenzen

Inflation, Zinserhöhung und Umbau der Energie führen laut Creditreform dazu, dass die Zahl der überschuldeten Haushalte erstmals seit vier Jahren wieder steigen wird. Auch Firmeninsolvenzen werden deutlich zunehmen.

IMAGO / Michael Gstettenbauer

Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform geht davon aus, dass sich die wirtschaftliche Lage für viele Privathaushalte in diesem Jahr erheblich verschlechtern wird. „Es ist die Kombination aus lang anhaltender Inflation, langfristigem Energieumbau und der Zins-Zäsur an den Märkten, die die finanziellen Lasten der Verbraucher mittelfristig vergrößern wird“, sagte der Leiter der Creditreform-Wirtschaftsforschung, Patrik-Ludwig Hantzsch, dem Handelsblatt. Als Konsequenz rechnet er damit, dass die Zahl der überschuldeten Menschen am Ende dieses Jahres erstmals seit vier Jahren wieder steigen wird.

Zum Energieumbau gehören die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, Öl- und Gasheizungen künftig quasi zu verbieten und die Pflicht, bestehende Heizungsanlagen gegen Wärmepumpen auszutauschen. Der Präsident des Eigentümerverbandes „Haus und Grund“, Kai Warnecke, hat davor gewarnt, die Vorschriften für den Austausch alter Heizungen weiter zu verschärfen. Er mahnte, für viele Eigentümer sei das finanziell nicht zu stemmen. Die Sanierungskosten für ein durchschnittliches Einfamilienhaus beziffert er auf mindestens 150.000 Euro (TE berichtete).

Auch auf europäischer Ebene bahnen sich hohe Kosten für Immobilienbesitzer an. Laut eines EU-Richtlinienentwurfs sollen bis 2033 alle Wohngebäude einen höheren Energiestandard erreichen. Nach Einschätzung des Parlamentarischen Geschäftsführers der CDU/CSU-Abgeordneten im EU-Parlament, Markus Pieper, müssten bis 2033 rund sechs Millionen Wohnhäuser saniert werden, wenn die EU-Richtlinie zur Energieeffizienz verabschiedet wird. Kritiker warnen vor dieser „Zwangssanierung“.

Die Überschuldungsquote, also der Anteil überschuldeter Personen im Verhältnis zu allen Erwachsenen in Deutschland, dürfte nach Hantzschs Einschätzung dann über neun Prozent betragen. Im vergangenen Jahr lag die Quote bei 8,48 Prozent. Hantzsch erklärt die zu erwartende Kehrtwende in diesem Jahr mit den veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Verbraucher. „Die hohen Guthaben, die während Corona auf den Konten der Verbraucher aufgebaut wurden, haben, gepaart mit einer historischen Konsumzurückhaltung, für einen Puffer gesorgt, der aber heute nahezu aufgebraucht ist“, sagte er.

Parallel dazu seien Unternehmen „massiv subventioniert“ worden, um einen Arbeitsplatzabbau zu verhindern. Doch nun werde die Unterstützung für die Wirtschaft wieder zurückgefahren. „Viele Durchwurschtler treffen jetzt auf ein hochvolatiles Wettbewerbsumfeld.“ Hantzsch erwartet daher, dass die Zahl der Firmeninsolvenzen 2023 deutlich zunehmen werde – mit den entsprechenden Folgen für Arbeitsplätze.

Hinzu kommt der Arbeitsplatzabbau durch Unternehmensschließungen und Verlagerungen der Produktion ins Ausland wegen der hohen Energiekosten hierzulande. Die Deindustrialisierung Deutschlands im Sinne grüner Politik hat damit längst begonnen. All das sind pessimistische Aussichten – und zwar über das Jahr 2023 hinaus.

(mit Material von dts)

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