Tichys Einblick
Erfundene Wirklichkeit

Falsche Correctiv-Übertreibungen werden für Medien teuer

Jetzt drohen Medien teure Gerichtsverfahren: Der Anwalt Ulrich Vosgerau geht gegen Medien vor, die die Correctiv-Behauptungen noch weiter zugespitzt haben. Sein erster Erfolg könnte auch für weitere Medien teuer werden. Weitere Verfahren sind angekündigt.

IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Die ersten Correctiv-Veröffentlichungen über ein angebliches „Geheimtreffen“ zur „Deportation“ von Ausländern und sogar Deutschen mit Migrationshintergrund haben ein breites Medien-Echo hervorgerufen. Doch für viele Medien kommt nun ein teures Erwachen: Sie sind auf raffinierte Correctiv-Formulierungen hereingefallen oder haben sie inhaltlich weiter überdreht – jetzt drohen Klagen. Ein erster Fall ist sogar entschieden.

Die Raffinesse der Verleumdung

Die ursprünglichen Formulierungen im Correctiv-Bericht waren sorgsam ausgefeilt und juristisch wasserdicht verfasst. In einem entscheidenden Gerichtsverfahren wurde sogar festgehalten, dass es sich um „Wertungen“ handelt; und Meinung ist in Deutschland frei und nicht der gerichtlichen Überprüfung zugänglich. So hat Correctiv nur eher nebensächlich von „Deportation“ gesprochen. Diese Formulierung wurde nachträglich heimlich geändert.

Trotzdem übernahmen viele Medien diesen Begriff. Im ARD-Presseclub erklärte Correctiv-Chefredakteurin Anette Dowideit daraufhin einer staunenden Öffentlichkeit, ihr Medium habe den Bezug zwischen dem Treffen in Potsdam und der Wannsee-Konferenz, bei der Spitzen des NS-Staates 1942 den Mord an den europäischen Juden besprachen, gar nicht hergestellt. Das hätten nur andere Medien getan. Auch den Begriff „Deportation“ habe Correctiv nie verwendet.

Doch andere Medien waren in ihren Berichten weniger raffiniert als das weitgehend staatlich finanzierte Correctiv – die übrigens auch die Legende versuchen aufrechtzuerhalten, sie seien nicht staatlich finanziert, und doch am Tropf von Bund, Ländern und Behörden hängen.

Viele Medien dramatisierten die Correctiv-Geschichte weiter, imaginierten, was auf dem Potsdam-Treffen alles geplant worden sei, freihändig weiter und fügten falsche Tatsachenbehauptungen hinzu.

Ein Beispiel dafür ist der auf dem Portal T-Online veröffentlichte Artikel vom 14. Januar 2024, in dem die Falschbehauptung verbreitet wurde, der Rechtsanwalt und Staatsrechtler Dr. Ulrich Vosgerau (CDU) habe auf dem Potsdam-Treffen einem Vortrag gelauscht, in dem es um die Entziehung der deutschen Staatsbürgerschaft gegangen sei. T-Online behauptete zudem, Vosgerau habe dies in einem Interview auch noch „offen zugegeben“ und dies „nicht infrage gestellt“.

Erfindungen werden eingestanden – wen trifft es noch?

Alles falsch, alles frei erfunden. T-Online und die Redakteurin, die die Falschbehauptung in dem Artikel verbreitet hat, haben nach Abmahnung durch die Kanzlei Höcker eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben und sich verpflichtet, die Falschbehauptungen nicht weiter zu verbreiten. „Dieser Fall ist ein Beispiel dafür, wie sich die Berichterstattung nach dem Correctiv-Bericht verselbständigt hat. Zahlreiche Medien haben die Vorwürfe in der Anschlussberichterstattung immer weiter zugespitzt, überspitzt und – wie t-online.de – auch noch mit Falschbehauptungen gewürzt,“ so Vosgerau-Anwalt Carsten Brennecke aus der Kanzlei Höcker. 

Vosgerau erklärte TE, dass er auch gegen andere Medien vorgehen wolle und deren Berichterstattung derzeit überprüfe. Betroffen davon könnten nach Recherchen von TE beispielsweise sowohl der Deutschlandfunk sein, aber auch die Kölner Rundschau und der Kölner Stadtanzeiger. Dort war ziemlich freihändig formuliert worden: „So hätten die bei dem Geheimtreffen anwesenden Personen einen staatsgefährdenden Plan besprochen, der Menschen in Klassen unterteilen würde, je nachdem, ob sie in die passende Gesinnung der Rechtsextremen passen würde.“

Außer den Kölner Blättern findet sich aber keine glaubwürdige Quelle, die die Forderung nach einer derartigen Maßnahme belegt. Ähnliche „Tatsachenbehauptungen“ finden sich auch in anderen Medien.

Correctiv verliert eine Kette von Gerichtsverfahren

Bereits im Februar hatte Vosgerau eine Einstweilige Verfügung gegen Correctiv wegen anderer Behauptungen erwirkt. Dabei ging es weit über einzelne Feinheiten der Formulierung hinaus. Zu TE sagte Vosgerau, der größte Erfolg bestehe darin, dass Correctiv eingestehen musste, dass es sich bei allen zentralen Behauptungen des Textes vom 10. Januar 2024 über den angeblichen „Geheimplan“ zur Vertreibung von Migranten und der Ausweisung sogar von Deutschen um keine Tatsachen handelt, sondern lediglich um Meinungen und Deutungen von Correctiv selbst. „Das ist der eigentliche Punkt.“

Correctiv hat zudem die Formulierung, dass die Ausweisung von deutschen Staatsbürgern „aufgrund ihrer Ethnie“ auf dem Treffen gefordert worden sei, aus dem ursprünglichen Text schon kurz nach dessen Veröffentlichung wieder entfernt – allerdings ohne die Leser darauf aufmerksam zu machen. Der Satz stand also in der Textversion, die am 10. Januar von vielen Journalisten und Kollegen gelesen wurde, die daraufhin einen großen Erregungssturm entfachten. Anschließend entschärfte Correctiv den eigenen Text still und heimlich. 

Correctiv hat damit eine ganze Kette von juristischen Niederlagen einstecken müssen. Allerdings scheint das dem Unternehmen gleichgültig zu sein. Denn die Kernaussagen werden von Medien und Politikern bis hin zu Bundeskanzler Olaf Scholz immer wiederholt und erzeugen die gewollte Scheinwirklichkeit, die sich politisch instrumentalisieren lässt. So wurde von Correctiv erfolgreich ein Narrativ erfunden und medial so oft wiederholt, dass es im Bewusstsein der Öffentlichkeit breit verankert werden konnte und zu Massendemonstrationen gegen eine Schimäre führten.

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