Wie die Pressekammer des Landgerichts Hamburgs am heutigen Dienstag entschied, muss Correctiv eine Behauptung über den Staatsrechtler Ulrich Vosgerau unterlassen, die die Medienplattform in ihrem Artikel „Geheimplan gegen Deutschland“ vom 10. Januar aufgestellt hatte.
Darin hatte sie unterstellt, Vosgerau hätte in seinem Vortrag zum Thema Briefwahl dazu aufgerufen, möglichst viele Wahlprüfungsbeschwerden einzureichen, je mehr, desto besser. Und das, obwohl Vosgerau auf Anfrage von Correctiv vor Erscheinen des Textes erklärt hatte, das Gegenteil sei der Fall gewesen: Er habe vielmehr gesagt, es komme gerade nicht auf die Zahl der Beschwerden an, sondern darauf, dass sie gut begründet seien.
Correctiv verdrehte seine Aussage also ins Gegenteil, um dem Juristen zu unterschieben, er wolle wohl generell Wahlergebnisse in Frage stellen. „Dies ist prozessual unwahr“, stellt das Landgericht Hamburg dazu fest. Correctiv habe die Behauptung im Prozess auch nicht belegen können: „Die Antragsgegnerin hat nicht konkret dazu vorgetragen, in welcher Weise sich der Antragsteller hierzu während der Veranstaltung geäußert habe und ist damit ihrer Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast nicht nachgekommen.“
Damit urteilte das Gericht allerdings nicht darüber, ob die entsprechenden Worte auf dem Treffen so gefallen seien. Das, was zu der Empörungswelle in Medien und Politik führte – die Behauptung von Correctiv, es sei bei dem Potsdamer Treffen um massenhafte „Deportation“ von Migranten und ebenfalls massenhafte Ausbürgerung von Deutschen mit Migrationshintergrund gegangen – konnte von den Teilnehmern des Treffens ohnehin juristisch nicht angegriffen werden, weil es sich dabei um reine Wertungen von Correctiv handelt, keine mit irgendeinem Zitat belegte Tatsachenbehauptung. Ohnehin behauptete Correctiv bereits – allerdings wahrheitswidrig –, der Begriff „Deportation“ sei in dem Text über das „Geheimtreffen“ gar nicht vorgekommen.
Gegenüber TE sagte Vosgerau, der größte Erfolg des Verfahrens bestehe nicht in der Unterlassungsverfügung, sondern darin, dass Correctiv eingestehen musste, dass es sich bei allen zentralen Behauptungen des Textes vom 10. Januar 2024 – also dem angeblichen „Geheimplan“ zur Vertreibung von Migranten und der Ausweisung sogar von Deutschen um keine Tatsachen handelt, für die Belege existieren, sondern lediglich um Meinungen und Deutungen von Correctiv selbst. „Das“, so der Kläger, „ist der eigentliche Punkt.“
Der Anwalt Carsten Brennecke, der Vosgerau vertritt, wies kürzlich auf X darauf hin, dass Correctiv die Formulierung, dass die Ausweisung von deutschen Staatsbürgern „aufgrund ihrer Ethnie“ auf dem Treffen gefordert worden sei, aus dem ursprünglichen Text schon kurz nach dessen Veröffentlichung ersatzlos wieder entfernte – allerdings ohne die Leser darauf aufmerksam zu machen. Der Satz stand also in der Textversion, die am 10. Januar von vielen Journalisten und Kollegen gelesen wurde, die daraufhin einen großen Erregungssturm entfachten. Anschließend entschärfte Correctiv den eigenen Text still und heimlich.
Correctiv-Gründer David Schraven hatte bereits angekündigt, durch alle Instanzen prozessieren zu wollen. Auf der anderen Seite steht ein weiteres Urteil zu einem Unterlassungsantrag aus, den eine andere im Correctiv-Text genannte Person gestellt hatte. Vosgerau kündigte an, wegen der beiden Punkte, die bisher vom Gericht als noch zulässige Darstellungen durch Correctiv gewertet wurden, in die nächste Instanz zu ziehen. Die juristische Auseinandersetzung dürfte also weitergehen.