Tichys Einblick
Änderung der eigenen Vita

Die gestrichenen Wörter – heute: „Erfinde Geschichten“ verschwindet von Correctiv-Autor-Homepage

Auf seiner Webseite hatte Correctiv-Autor Jean Peters davon geschrieben, er "erfinde Geschichten", um in das politische Geschehen "einzugreifen". Beim ARD-Magazin "Kontraste" fungierte er als Kronzeuge für das Potsdamer Treffen. Nun hat er diesen Passus gestrichen.

Screenprint /ARD Kontraste

Die olympische Disziplin des Ruderns erfreut sich derzeit im Correctiv-Team größter Beliebtheit – vor allem das Zurückrudern ist goldmedaillenverdächtig. Die stellvertretende Correctiv-Chefredakteurin Anette Dowideit hatte im Presseclub vom 28. Januar bereits behauptet, das Wort „Deportationen“ sei lediglich von anderen Medien kolportiert, nicht aber von Correctiv verwendet worden. Kurz darauf hatte das Portal die eigene Buchbeschreibung zum Themenkomplex geändert, weil dort doch von Deportationen die Rede war.

Im Netz hagelte es deshalb wenig überraschend Kritik. Nicht nur wegen der vermeintlichen Nicht-Verwendung des Deportationsbegriffs, sondern auch der Behauptung wegen, Correctiv erhalte keine Gelder aus Regierungshand. Beides ließ sich auf der Seite von Correctiv mit wenigen Klicks nachweisen. Nachfragen, warum Dowideits Plattformen nicht gegen Falschmeldungen juristisch vorgehe, beantwortete die stellvertretende Chefredakteurin mit einem Block. Schließlich zog sie sich von X zurück. Weil es nicht möglich sei, dort sachlich zu debattieren. Später verstieg sich Dowideit sogar zu der Behauptung, es sei „irrelevant“, ob der Begriff „Deportation“ gefallen sei.

Man könnte den Streit um den Begriff zu einer Kleinigkeit stilisieren, hingen nicht mittlerweile drei Wochen öffentlich zelebrierter medialer wie politischer Ausnahmezustand daran, begleitet von Massendemonstrationen. Dass Correctiv mit der Änderung auch gleich den von der Plattform selbst in den Raum gestellten Vorwurf einsackte, es seien auch deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund Deportationsziele gewesen, ist dabei die zweite Beobachtung. Das, was der eigentliche Anlass für den Skandal war, wird mittlerweile verwischt.

Aber nicht nur die Plattform selbst, sondern auch einer der bekanntesten Köpfe des „Wannsee 2.0“-Beitrags will nunmehr die Vergangenheit anders erzählen. Jean Peters liegt ein solches Verhalten in der Ader. Peters, der bei Jan Böhmermanns „Neo Magazin Royale“ Autor war, weiß schließlich, was es bedeutet, die Öffentlichkeit maximal zu provozieren, und dann, wenn Ärger zurückkommt, laut „SATIRE“ zu rufen. Ähnlich wie der „Journalismus“ der bei den Massenmedien hoch im Kurs stehenden „investigativen Beiträge“ von Böhmermann verschwimmen hier Wirklichkeit, Suggestion und Fiktion. Das bekannteste Beispiel ist hierbei die Affäre um das sog. „Ibiza-Video“ – bei der auch Peters involviert war.

In der letzten Ausgabe von Kontraste baute die ARD Peters zu einem Kronzeugen des Potsdamer Treffens auf. Dort sei nicht nur beschlossen worden, millionenfach Deutsche mit Migrationshintergrund abzuschieben, sondern auch Personen, die sich in der Asylhilfe betätigt hätten. Unausgesprochen sagt Peters damit: einen wie ihn, der mit der „Seebrücke“ versucht, illegale Migration zu legalisieren. Dass die ARD mit keinem Wort diese Tätigkeit erwähnt, steht auf einem anderen Blatt. Für das Berliner Ensemble lieferte Peters den Text zum Correctiv-Bühnenstück, das ähnlich wie der Bericht mit Fiktion und Fakt frei umgeht, ohne dass der Zuschauer genau weiß, was wahr, was erfunden ist.

Doch auch dieser Correctiv-Journalist hat nunmehr seine Webseite geändert. Vielleicht, weil der Passus den Rechtsextremen im Netz, die Peters laut Kontraste verleumdeten, eine zu große Steilvorlage lieferten. Die Eigenvorstellung begann früher mit dem folgenden Satz:

„Ich entwickele Aktionen und erfinde Geschichten, mit denen ich in das politische und ökonomische Geschehen interveniere. Besonders wichtig dabei: Mit der passenden Medienstrategie Aufmerksamkeit erregen, den gesellschaftlichen Diskurs anregen und so zum Wandel beitragen.“ 

Noch bis zum Wochenende stand also der Aktivismus und der „Wandel“ im Vordergrund. „Aktionen“ und „Geschichten“ waren also Instrumente im polit-gesellschaftlichen Aktivismus des Correctiv-Journalisten. Nun beginnt dieselbe Vorstellung so:

„Ich arbeite mittlerweile als investigativer Journalist bei Correctiv, dem größten gemeinwohlorientierten Medienhaus in Deutschland. Früher habe ich Aktionen entwickelt, mit denen ich in das politische und ökonomische Geschehen intervenierte.“

Der alte Kämpfer hat sich also vordergründig zur Ruhe gesetzt. Aus der Gegenwart wird Vergangenheit. Vor allem aber die „erfundenen Geschichten“ verschwinden, optisch. Vielleicht, weil an der Erfindung in dem Fall doch mehr Wahrheit dran war als an den Geschichten, die daraus entstanden?

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