Tichys Einblick
Glosse

Corona-Versagen: Dreht die Politik jetzt durch?

Immer lauter, immer schriller, immer dümmer: Wenn man der Politik zuhört, kann einem Angst und Bange werden. Nicht vor dem Virus, sondern angesichts der Unfähigkeit, eigene Fehler einzuräumen und zu korrigieren.

15-Kilometer-Regel: CSU-Politiker Uwe Brandl will Handydaten zur Überwachung auswerten

imago images / Sven Simon

Die Corona-Politik ist ein Schlag ins Wasser. Die Politik hat sich auf eine Maßzahl festgelegt, die „Inzidenz“, die höchst fragwürdig ist – aber mit ihren derzeit hohen Werten die Alarmglocken nicht läuten, sondern geradezu zerschellen lässt. Andere empirische Werte gemahnen zur Ruhe: Weder ist das Gesundheitssystem überlastet, noch die Anzahl der Atemwegserkrankten in der derzeitigen Hochsaison dafür sensationell. In den Altenheimen gibt es bei den Hochbetagten viele Todesfälle; aber diese Personengruppe ist sicherlich nicht durch einen generellen Lockdown oder durch Rodelverbote zu schützen.

Die Politik hat beim Schutz dieser Bevölkerungsgruppe versagt was sich auch darin zeigt, dass es neben hochbelasteten Häusern auch solche mit sehr niedriger Ansteckung gibt. Den Alten unserer Gesellschaft wäre mit gezielten Maßnahmen besser geholfen. Die Impferei wird zur Lachnummer; jeden Tag neue Siegesmeldungen von Jens Spahn von der Impffront. Den schmetternden Fanfaren aus dem Impfhauptquartier widersprechen leider die Zahlen, die sein eklatantes Versagen unwiderlegbar dokumentieren. Israel liegt ungeschlagen weit vorne, weil es angeblich kein Rechtsstaat ist, wie der weltkundige sachsen-anhaltinische Ministerpräsident Haseloff meint. Trump, der Bösewicht, lässt schneller impfen, hat genügen Dosen und, was die Todesopfer betrifft, hat die große Staatenlenkerin Angela Merkel ihn längst überholt. Deutschland steht schlecht da – schlecht verwaltet, schlecht organisiert, ohne Sinn und Verstand.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Das generelle Versagen übertönen Politiker mit einem Geschrei, das man ohne Übertreibung schlimmer als eine Kakophonie empfinden kann. Der bayrische Gemeindetagspräsident Uwe Brandl will schon über Handy-Daten kontrollieren, ob ihre Bürger sich zu weit von ihren Käfigen entfernen. Merke: Die Corona-App der Bundesregierung und seiner famosen Digital-Staatsministerin Dorothee Bär war ein Schlag ins Wasser, aber ein teurer. Jetzt kommen sie auf neue Ideen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder entpuppt sich als eine Variation des bekannten politischen Quartalsirren: Auf „böse Gedanken folgen böse Wörter folgen böse Taten“, und zwar bis hin zu Mordanschlägen wie der Roten Armee Fraktion. Meint er wirklich und sagt es so.

Die Bürger sind mittlerweile reduziert auf eine Schar Hühner, die von aktivistischen Politikern in die Käfige gescheucht werden. Der Corona-Habicht allerdings ist nicht in Sicht, nur der Fuchs wütet im Hühnerstall. Man muss zu solchen Bildern greifen, um das Durchdrehen der Politik zu verstehen. Irgendwie nehmen sich alle ein Vorbild an Karl Lauterbach, dem es mit dem Einsperren nicht schnell genug gehen kann. Sie befinden sich in einem Überbietungswettbewerb: Wem fällt noch ein Grundrecht ein, das man schnell einkassieren könnte? Kann Söder schriller schreien als Lauterbach? Kann er, jedenfalls bemüht er sich redlich. Ums Reden. Nicht ums Handeln. Wenn man der Politik zuhört, kann einem Angst und Bange werden: Nicht vor dem Virus, sondern angesichts der Unfähigkeit eigene Fehler einzuräumen und zu korrigieren.

Corona-Update 11.01.2021
Wann wird endlich gelockert? Die Politik in der Falle ihrer willkürlichen Richtwerte
Leider reagiert das Virus nicht auf das Geplärre aus den Talk-Shows. Das Kanzleramt wird zum Komödienstadl. Angela Merkel lässt allen Ernstes erklären, dass es uns besser geht, wenn wir gemeinsam kochen in den Einzel-Zellen und unsere Frustration annehmen.

Es ist aber nicht nur Corona. Am Freitag ist Deutschland nur haarscharf an einem Blackout vorbei geschrammt.  Davon war wenig zu lesen, warum auch? Wenn Sie das erführen, würde es Sie nur beunruhigen, möchte man mit dem früheren Innenminister Thomas de Maizière sagen. Ein Blackout würde unzählige Todesopfer und katastrophenartige Zustände fordern; damit geht man nicht leichtfertig um.

Wie reagiert die Bundesregierung darauf? Sie empfiehlt wieder den Rückzug in die Küche und verbreitet Tipps, wie man bei Stromausfall „köstliche Gerichte“ zaubern kann. Im Hintergrund allerdings leuchten elektrische Lampen, nur der Esstisch ist gemütlich mit Kerzen illuminiert. So wird die Bevölkerung auf Katastrophen eingestimmt, die die Politik durch ihre Zerstörung der Strominfrastruktur selbst herbeiführt. Sie zimmert gerade am „Steuerbare-Verbrauchseinrichtungen-Gesetz (SteuVerG)“.  Es ist ein Rationierungsgesetz, das totale Blackouts durch zeitweise und regionale Blackouts vermeiden soll. Man kannte das zuletzt aus der DDR.

Liebe Leser
Erzählen Sie Ihre Geschichten aus dem Lockdown
So torkelt Deutschland führungslos durch die Corona-Krise, die wir noch selbst verschärfen, wir schaffen das schon. Wie lange darf man darüber noch berichten? Ein Großteil der Medien hat sich längst aus der kritischen Berichterstattung verabschiedet. In den USA ist man da schon eine Runde weiter: Zwei, drei große Konzerne, Facebook, Google und Twitter bestimmen, wer noch öffentlich sprechen darf. Donald Trump ist der prominenteste Fall. In diesen Tagen allerdings werden Zehntausende stumm geschaltet, die den US-Giganten unbehaglich sind. Es ist eine Zensur ungeahnten Ausmaßes, die hier aktiv stattfindet. Man kann geradezu dankbar sein, dass am Fall des Noch-US-Präsidenten sichtbar wird, wie brutal man da gegen abweichende Meinung vorgeht.

Das geht sogar der Bundeskanzlerin zu weit, und das will was heißen. Sie will nicht dass Unternehmen diese Zensur ausüben, sondern nur die Politik, der Staat. Ein wunderbares Verständnis unserer Grundrechte, hier: Artikel 5 des Grundgesetzes. Meinungsfreiheit und das Recht, sich aus unabhängigen Quellen zu informieren wird ins Belieben des Staates gestellt. Vorarbeiten sind geleistet, das Netzdurchsetzungsgesetz als Zensurgesetz wirkt, eine europäische Knebelvariante desselben und wiederum ein deutsche Verschärfung stehen an. Wer bei seinen Aufgaben versagt, muss eben wenigstens sicherstellen, dass niemand die abendlichen Erfolgsmeldungen stört, die uns in den Hühnerkäfigen von ARD und ZDF verabreicht werden wie Schlummertropfen.

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