Am Dienstag stellte der bayerische Ministerpräsident einen Corona-Fahrplan vor. Dabei gefällt er sich in seiner Rolle als großzügiger Landesvater, der den Bürgern ein wenig mehr Freiheit gestattet. Wie ein Vater, der seinem Jugendlichen gestattet, Freitag abends erst um Zehn zuhause sein zu müssen, sagt er:
„Mehr Freiheit, aber auch mehr Verantwortung für den Einzelnen und wir bitten, dass jeder mit dieser, ein Stück weit stärker gewordenen Freiheit verantwortungsvoll umgeht. Der Staat bleibt wachsam.“
So als sei es eine Selbstverständlichkeit, dass der Staat in das private Leben seiner Bürger hineinregieren darf, und kein Privileg, dass ihm in der Ausnahmesituation vorübergehend übertragen wurde.
Mehrfach beton er, dass Bayern das am vorsichtigsten vorgehende Bundesland ist – nicht unbedingt unangebracht, bedenkt man, dass Bayern mit gut 43.600 Corona-Fällen das am stärksten betroffene Bundesland ist (NRW hat mit 33.800 den 2. Platz, Baden-Württemberg den dritten mit 32.500 Fällen). Aber Übervorsicht bei der Öffnung des Landes ist auch kein erstrebenswertes Ziel.
Ebenfalls sind unter Auflagen wieder Besuche in Pflegeeinrichtungen zu anderen Zwecken als zur Sterbebegleitung erlaubt. Auch hier gelten Abstandsregeln, Maskenpflicht und eingeschränkte Besuchsrechte.
Bis Pfingsten (31. Mai), will die Landesregierung erreichen, dass die Hälfte aller Kita-Kinder und Schüler wieder ihre jeweiligen Einrichtungen besuchen dürfen. Dabei gilt in den Schulen eine gelockerte Präsenzpflicht für Kinder deren Eltern (nach Selbsteinschätzung) zur Risikogruppe gehören. Der Unterricht an den Schulen soll im Blockunterricht – also eine Woche Schulbesuch, eine Woche Heimlernen – stattfinden. Die Ferienzeiten bleiben, ausgefallener Unterricht soll also nicht nachgeholt werden. Söder beruft sich auf den Kultusminister Bayerns, Michael Piazolo, und garantiert, dass die Abschlüsse weitgehend die gleiche Qualität haben werden wie in anderen Jahren. Es sei hierzu jedoch bemerkt: Der Wert politischer Garantien von Unionspolitikern – Altmaier: „Es wird kein Arbeitsplatz verloren gehen“, Spahn: „Wir sind gut vorbeireitet“ – ist in dieser Krise allerdings dürftig.
Ab 11. Mai kommt es noch zu anderen Änderungen: So fallen zum Beispiel die 800 Quadratmeter als Begrenzungen weg, alle Geschäfte dürfen komplett öffnen. Auch dürfen Nagelstudios und Kosmetikstudios öffnen – was in vielen anderen Bundesländern schon seit dem 4. der Fall ist. Auch werden Zoos, Botanische Gärten, Museen voraussichtlich ab diesem Zeitpunkt öffnen dürfen – in anderen Bundesländern ist dies schon seit Montag der Fall.
Für die Gastronomie stellte Söder auch einen Fahrplan vor. Niedersachsen hatte bereits am 5. Mai verkündet, dass gastronomische Betriebe ab dem 11. Mai wieder öffnen dürfen – bei verringerter Gästezahl und Reservierungspflicht. Eine Reservierungspflicht besteht in Bayern nicht, allerdings darf die Gastronomie im Freistaat erst später öffnen: ab 18. Mai die Außengastronomie, aber nur bis 20:00 Uhr und es gelten Kontaktbeschränkungen, Hygienemaßnahmen und eine Maskenpflicht für das komplette Personal.
Ab 25. Mai dürfen Speiselokale öffnen – bis 22:00. Ab 30. Mai dürfen auch Hotels und andere Fremdenverkehrsbetriebe öffnen – allerdings müssen Saunen, Wellnessbereiche und Schwimmbäder in Hotels geschlossen bleiben. Auch Campingplätze dürfen öffnen – die Gemeinschaftsduschen können aber auch dort nicht geöffnet werden.
Auch hier hinkt Bayern anderen Ländern hinterher: Am Dienstagabend vereinbarten die Wirtschaftsminister der Länder ein Öffnen der Gastronomie ab dem 9. Mai.
In Sachsen-Anhalt dürfen ab 22. Mai Restaurants öffnen, Freieinhäuser und -Wohnungen ab 15. Mai an Einheimische vermietet werden – Harzurlaub ist zu Pfingsten wohl ein Privileg weniger.
Nicht nur Bayern, sondern auch Hamburg brauchte einige Tage, bis die Volksvertreter dazu kamen, die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz von letzter Woche umzusetzen: Dort dürfen aber am Mittwoch schon Spielplätze, Zoos, Botanische Gärten öffnen und Gottesdienste stattfinden. Die Museen dürfen zwar schon öffnen, werden aber voraussichtlich bis Donnerstag brauchen, um die Hygieneregelungen des Senats in die Tat umzusetzen.
Da schon Hessen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holsten Besuch in Pflegeheimen (teils unter Auflagen) erlaubt haben, kommen nun auch andere Länder in Zugzwang: Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben die Besuchsverbote ab kommenden Sonntag und Donnerstag gelockert.