Die 7-Tages-Inzidenz fällt. Den Daten des Europäischen Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) erreichte die Inzidenz ihren bisherigen Höhepunkt von 159 Fällen am 15. November. Seitdem ist zum Sonntag auf 149 Fälle zurückgegangen. Das RKI meldete zum 15. November 143 Fälle pro hunderttausend und nun 139 Fälle. Gleichzeitig steigt die Zahl der täglich gemeldeten Todesfälle stark an. So starben in der vergangenen Woche täglich 300 Personen an bzw. mit Corona. Insgesamt wurden in der Woche zum 29. November 2.101 Todesfälle gemeldet.
Dass die Todesfälle steigen, während die Inzidenz stagniert, hat zwei Gründe. Zum einen gibt es eine deutliche zeitliche Verzögerung zwischen dem Anstecken einer Person mit Corona und dem Tod. Wenn ein COVID-19-Patient stirbt (was nur in den wenigsten Infektions-Fällen der Fall ist), so passiert das im Durchschnitt elf Tage nach dem Auftreten der ersten Symptome. Die Todeszahlen folgen den gemeldeten Corona-Fällen also mit einer guten Woche Verzögerung (unter der Annahme, dass es ein bis zwei Tage nach Symptom-Beginn dauert, dass ein Test durchgeführt wird und das Ergebnis erst zwei Tage nachher vorliegt).
Und unter gerade diesen Altersgruppen der 60-Jährigen und älteren steigt die 7-Tages-Inzidenz weiter an. So meldet das RKI für sie eine Inzidenz von 114 Fällen pro Hunderttausend. Diese Inzidenz, die für die Todeszahlen viel entscheidender ist, als die Inzidenz der Gesamtbevölkerung, steigt seit mehreren Wochen langsam, aber kontinuierlich an.
Mittlerweile werden aus diesen ähnlich viele Neuinfektionen gemeldet wie aus privaten Haushalten. Andererseits ist diese Grafik mit Vorsicht zu genießen: Die Zuordnung, wo eine Infektion geschieht, ist schwierig, ungenau und favorisiert Orte wie den privaten Haushalt (in dem die Leute viel Zeit verbringen) gegenüber Orten, an denen sie nur wenig Zeit verbringen, die aber ungleich gefährlicher sind (zum Beispiel ÖPNV) stark.
Wie ist die Situation in den Krankenhäusern?
Das DIVI-Intensivregister meldete zum Sonntag mehr als 4.900 freie Intensivbetten für Erwachsene (5.900 insgesamt). Damit setzt sich der Rückgang der freien Kapazitäten fort. Die Intensivstationen melden 3.901 COVID-19-Fälle in Behandlung, davon werden 2.300 invasiv beatmet.
Problematisch ist vor allem, dass die Zahl der Intensivbetten, die insgesamt verfügbar sind, seit mehreren Wochen sinkt. Da hilft auch das Verschieben von nicht unmittelbar notwendigen Operationen wenig. Der Rückgang der Intensivbetten-Kapazitäten ist möglicherweise dadurch verursacht, dass Pfleger, Ärzte und anderes medizinisches Personal in immer größerer Zahl selbst an Corona erkranken.
Das RKI meldete am Sonntag, dass circa 3.200 Personen, die in einem Krankenhaus, einer ärztlichen Praxis, Dialyseeinrichtung oder im Rettungsdienst arbeiten, als Corona-Positiv gemeldet sind. Diese Personen können folglich nicht in den jeweiligen Betrieben arbeiten. Dazu kommt eine nicht genannte Dunkelziffer an Personen, die sich in Quarantäne befinden. Beides wirkt sich negativ auf die Kapazitäten der Krankenhäuser aus. Doch es löst auch verheerende Folgeeffekte aus, denn die (noch) gesunden Kollegen der Corona-Infizierten müssen nun mehr arbeiten, um die gleiche Qualität der Pflege aufrecht zu erhalten. Das wiederum führt zu noch längeren Schichten, zu noch mehr gestrichenen freien Tagen: Und zu mehr medizinischem Personal, das unter der Belastung zusammenbricht oder erkrankt.
Berlin: Fokus der Medien
Am Samstag meldeten vier Krankenhäuser in Berlin, dass ihre Intensivstationen voll seien und keine neuen Patienten mehr aufgenommen werden können. Die gute Nachricht dabei ist, dass es in Berlin 96 Krankenhäuser gibt. Die Schlechte ist, dass viele davon klein und hoch spezialisiert sind. Wie viele Intensivbetten betreibt die Entgiftungsklinik Count Down mit zwölf Betten?
Auch zeigt sich in dieser Berichterstattung der Berlin-Fokus vieler Medien. Denn, dass 24,4 Prozent aller ITS-Betten in Berlin mit Covid-19 Patienten belegt sind, wurde überall gemeldet.
Dass der Landkreis Oberspreewald-Lausitz (Brandenburg) kein einziges freies Intensivbett hat und 50 Prozent dieser Betten mit Corona-Patienten belegt sind, scheint den meisten Medien hingegen nicht berichtenswert. Aber fairerweise sei dazu gesagt, dass Oberspreewald-Lausitz laut DIVI auch nur über acht ITS-Betten verfügt. Die Opfer einer möglichen Triage sind hier also ungleich kleiner — aber dadurch auch weniger berichtenswert? Insgesamt verfügt der ländliche Raum oft über vergleichsweise weniger Krankenhausbetten aller Art.
Ähnliches wird aus Landshut und dem Oberallgäu (beides Bayern) gemeldet und aus hessischen Städten: Offenbach und Darmstadt-Dieburg sind zu circa 50 Prozent mir Corona-Patienten belegt und haben keine freien ITS-Betten. Aber auch hier ist keine Panik angesagt, denn die Nachbar-Kreise, zum Beispiel Frankfurt am Main und Darmstadt-Wissenschaftsstadt, haben freie Kapazitäten.
Auch Bautzen hat eine höhere Belastung als Berlin: Hier sind fast 48 Prozent der ITS-Betten mit COVID-19-Patienten belegt, von 67 Betten sind 13 (19 Prozent) frei. Es sind also mehr Kapazitäten verfügbar (relativ), aber die Belastung durch Corona-Patienten ist höher als in Berlin. Insgesamt sind in Sachsen 23 Prozent aller ITS-Betten mit COVID-19-Patienten belegt, auch wenn andersals in Berlin noch fast 22% der ITS-Betten frei sind.