Der Bundessicherheitsrat hat gerade getagt. Dieser Kabinettsausschuss ist für besonders heikle Rüstungsgeschäfte zuständig – zum Beispiel, wenn es um Krisengebiete geht, oder wenn die beteiligten Ministerien (Wirtschaft, Außen, Verteidigung) sich nicht einigen können.
„Denn die einen sind im Dunkeln,
und die anderen sind im Licht.
Und man sieht nur die im Lichte,
die im Dunkeln sieht man nicht.“
(Bertolt Brecht: Die Dreigroschenoper)
Diesmal war man sich aber einig und hat schnell und geräuschlos – und weitgehend völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit – den Verkauf genehmigt von:
- einem U-Boot an Ägypten
- vier Kriegsschiffen an Israel
- schwerer Munition an Katar
- einem Kampfflugzeug an Pakistan
- 72 Raketen an die Philippinen.
Alle Länder liegen in Krisengebieten.
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Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und potentieller Kanzler im Wartestand, will sich – natürlich wegen der Corona-Krise – im bevölkerungsreichsten Bundesland eine Art Notstandsgesetz genehmigen lassen, das den Behörden weitreichende und bisher beispiellose Eingriffsmöglichkeiten gibt:
- Die Hoheit über die Behandlung von Patienten in Krankenhäusern soll teilweise den Behörden übergeben werden.
- Ärzte, Krankenschwester und Pfleger sollen zu bestimmten Tätigkeiten gezwungen werden können (unabhängig davon, ob ausreichend geeignete Schutzkleidung vorhanden ist oder nicht).
- Die Behörden sollen medizinisches Material bei Firmen beschlagnahmen können.
- Demokratische Verfahren in Kreisen, Kommunen und Gemeinden sollen „vereinfacht“ werden.
- Das Notstandsgesetz selbst will Laschet im „beschleunigten Verfahren“ durchs Parlament bringen.
Die eigentlich eher regierungsnahe und sicher nicht für schrille Übertreibungen bekannte Neue Westfälische Zeitung schrieb dazu: „Laschet plant Demokratie-Pause“.
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Einen Rechtsanspruch auf den Einbau einer Ladestation für Elektro-Autos sichert ein Gesetzentwurf, den das Bundeskabinett am 23. März – also mitten in der Corona-Krise – beschlossen hat.
Mieter sollen eine solche Baumaßnahme künftig von ihren Vermietern verlangen dürfen.
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Die Luftverkehrssteuer wurde erhöht – zum 1. April und um rund 40 Prozent. Ein Ticket für Flüge im Inland und in der EU wird jetzt mit 13,03 € besteuert (ein Plus von 5,65 €).
Die Steuer auf Tickets für Flüge bis 6.000 Kilometer beträgt jetzt 33,01 € (plus 9,96 €). Bei Tickets für Langstreckenflügen über 6.000 Kilometern greift der Fiskus nunmehr 59,43 € ab (plus 17,25 €).
Die Fluggesellschaften dürfen die höhere Steuer an die Fluggäste weiterreichen.
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Berlin will eigenständig neue Flüchtlinge aus Griechenland einfliegen – ohne Absprache mit den anderen Bundesländern und ohne eine EU-weite Einigung. Justizsenator Dirk Behrendt (B‘90/Grüne) nannte „Zahlen zwischen 500 und 1.500 oder auch noch mehr“.
Es sei eine „europäische, menschenrechtliche Verpflichtung“ für Berlin, hier voranzugehen.
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Die hoch umstrittene Verschärfung der Düngeverordnung hat der Bundesrat bestätigt – in einer Sondersitzung zur Corona-Krise am 27. März.
Sie umfasst zusätzliche Auflagen für besonders zu schützende sogenannte „Rote Gebiete“, die künftig obendrein besonders abgegrenzt werden müssen. Ebenfalls enthalten ist eine fachlich heftig kritisierte pauschale Reduktion der Düngung in sensiblen Gebieten.
Die Verordnung wurde jetzt nicht nur gegen den Widerstand zahlloser Experten und Betroffenen, sondern auch im Schnellverfahren durchgesetzt: Obwohl die zwingend erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen „Strategischen Umweltprüfung“ (SUP) noch gar nicht abgeschlossen ist, zog der Bundesrat die Abstimmung um eine Woche vor – und entschied, ohne die Stellungnahmen abzuwarten.
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Das Medizinproduktrecht wurde trotz umfangreicher Kritik verschärft – auf derselben Sondersitzung des Bundesrats zur Corona-Krise am 27. März.
Bundesbehörden haben jetzt mehr Kompetenzen bei der Produktüberwachung. Paradoxerweise warnt die Ländervertretung selbst in einer Entschließung vor „negativen Auswirkungen auf Versicherte, Leistungserbringer, Krankenkassen und Aufsichtsbehörden“ durch die neuen Regelungen, die ebendiese Ländervertretung gerade beschlossen hat.
Kein Scherz.
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Besonders oft fliegt derzeit die Bundeswehr unter dem Radar, wenn man so will:
- Der Einsatz im Irak wurde verlängert und teilweise ausgeweitet. Das beschloss der Bundestag am 25. März. Damit wird weiter deutsches Militärgerät und -personal bei der Luftbetankung, beim Lufttransport und der bodengebundenen Luftüberwachung eingesetzt. Zusätzlich kann die Bundeswehr jetzt auch – im Rahmen der NATO-Mission im Irak – an der Ausbildung der irakischen Streitkräfte beteiligt werden.
- Der Einsatz in Afghanistan wurde verlängert. Das beschloss der Bundestag am 13. März. Damit bleiben weiterhin bis zu 1.300 deutsche Soldaten im Rahmen der NATO-Ausbildungs-, Beratungs- und Unterstützungsmission „Resolute Support“ am Hindukusch stationiert. Ausbildung, Beratung und Unterstützung durch die deutschen Kräfte finden in Kabul, Bagram, Masar-e Scharif und Kunduz sowie („in Einzelfällen und zeitlich begrenzt“) auch im übrigen Afghanistan statt.
- Der Einsatz im Mittelmeer wurde verlängert. Auch das beschloss der Bundestag am 13. März. Damit beteiligt sich Deutschland weiterhin an der NATO-geführten maritimenSicherheitsoperation „Sea Guardian“ mit zu 650 Soldaten, um auf und über See Lagebilder zu erstellen und den Seeraum zu überwachen.
- Der Einsatz in Darfur wurde verlängert. Das beschloss der Bundestag am 12. März. Deutschland beteiligt sich also weiter an der UNAMID-Mission der UNO – künftig mit bis zu 20 Soldaten, die „Verbindungs-, Beratungs- und Unterstützungsaufgaben“ übernehmen und bei der technischen Ausrüstung und Ausbildung truppenstellender Nationen helfen sollen.
- Der Einsatz im Südsudan wurde verlängert. Auch das beschloss der Bundestag am 12. März. Deutschland beteiligt sich also weiter an der UNMISS-Mission der UNO – künftig mit bis zu 50 Soldaten, die „Verbindungs-, Beratungs- und Unterstützungsaufgaben“ übernehmen und bei der technischen Ausrüstung und Ausbildung truppenstellender Nationen sowie der UN-Blauhelme helfen sollen.
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Wegen Corona hat der Bundestag seine in der Geschäftsordnung vorgeschriebenen Verfahrensregeln bereits „vereinfacht“. Weitere Vereinfachungen seien nicht ausgeschlossen, heißt es aus dem Umfeld von Parlamentspräsident Wolfgang Schäuble (CDU).