Tichys Einblick
Trittbrettfahrer der Krise

Corona: Schattengesetze

Das Virus beherrscht den öffentlichen Raum, dagegen kommt kein anderes Thema an. Nahezu alles lässt sich mit der Epidemie irgendwie begründen – oder auch dahinter verstecken. Im Schatten von Corona werden Dinge getan, die man in normalen Zeiten nicht für möglich halten würde.

Michele Tantussi/Getty Images

Der Bundessicherheitsrat hat gerade getagt. Dieser Kabinettsausschuss ist für besonders heikle Rüstungsgeschäfte zuständig – zum Beispiel, wenn es um Krisengebiete geht, oder wenn die beteiligten Ministerien (Wirtschaft, Außen, Verteidigung) sich nicht einigen können.

Denn die einen sind im Dunkeln,
und die anderen sind im Licht.
Und man sieht nur die im Lichte,
die im Dunkeln sieht man nicht.“

(Bertolt Brecht: Die Dreigroschenoper)

Diesmal war man sich aber einig und hat schnell und geräuschlos – und weitgehend völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit – den Verkauf genehmigt von:

Alle Länder liegen in Krisengebieten.

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Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und potentieller Kanzler im Wartestand, will sich – natürlich wegen der Corona-Krise – im bevölkerungsreichsten Bundesland eine Art Notstandsgesetz genehmigen lassen, das den Behörden weitreichende und bisher beispiellose Eingriffsmöglichkeiten gibt:

Die eigentlich eher regierungsnahe und sicher nicht für schrille Übertreibungen bekannte Neue Westfälische Zeitung schrieb dazu: „Laschet plant Demokratie-Pause“.

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Einen Rechtsanspruch auf den Einbau einer Ladestation für Elektro-Autos sichert ein Gesetzentwurf, den das Bundeskabinett am 23. März – also mitten in der Corona-Krise – beschlossen hat.

Mieter sollen eine solche Baumaßnahme künftig von ihren Vermietern verlangen dürfen.

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Die Luftverkehrssteuer wurde erhöht – zum 1. April und um rund 40 Prozent. Ein Ticket für Flüge im Inland und in der EU wird jetzt mit 13,03 € besteuert (ein Plus von 5,65 €).

Die Steuer auf Tickets für Flüge bis 6.000 Kilometer beträgt jetzt 33,01 € (plus 9,96 €). Bei Tickets für Langstreckenflügen über 6.000 Kilometern greift der Fiskus nunmehr 59,43 € ab (plus 17,25 €).

Die Fluggesellschaften dürfen die höhere Steuer an die Fluggäste weiterreichen.

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Berlin will eigenständig neue Flüchtlinge aus Griechenland einfliegen – ohne Absprache mit den anderen Bundesländern und ohne eine EU-weite Einigung. Justizsenator Dirk Behrendt (B‘90/Grüne) nannte „Zahlen zwischen 500 und 1.500 oder auch noch mehr“.

Es sei eine „europäische, menschenrechtliche Verpflichtung“ für Berlin, hier voranzugehen.

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Die hoch umstrittene Verschärfung der Düngeverordnung hat der Bundesrat bestätigt – in einer Sondersitzung zur Corona-Krise am 27. März.

Sie umfasst zusätzliche Auflagen für besonders zu schützende sogenannte „Rote Gebiete“, die künftig obendrein besonders abgegrenzt werden müssen. Ebenfalls enthalten ist eine fachlich heftig kritisierte pauschale Reduktion der Düngung in sensiblen Gebieten.

Die Verordnung wurde jetzt nicht nur gegen den Widerstand zahlloser Experten und Betroffenen, sondern auch im Schnellverfahren durchgesetzt: Obwohl die zwingend erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen „Strategischen Umweltprüfung“ (SUP) noch gar nicht abgeschlossen ist, zog der Bundesrat die Abstimmung um eine Woche vor – und entschied, ohne die Stellungnahmen abzuwarten.

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Das Medizinproduktrecht wurde trotz umfangreicher Kritik verschärft – auf derselben Sondersitzung des Bundesrats zur Corona-Krise am 27. März.

Bundesbehörden haben jetzt mehr Kompetenzen bei der Produktüberwachung. Paradoxerweise warnt die Ländervertretung selbst in einer Entschließung vor „negativen Auswirkungen auf Versicherte, Leistungserbringer, Krankenkassen und Aufsichtsbehörden“ durch die neuen Regelungen, die ebendiese Ländervertretung gerade beschlossen hat.

Kein Scherz.

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Besonders oft fliegt derzeit die Bundeswehr unter dem Radar, wenn man so will:

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Wegen Corona hat der Bundestag seine in der Geschäftsordnung vorgeschriebenen Verfahrensregeln bereits „vereinfacht“. Weitere Vereinfachungen seien nicht ausgeschlossen, heißt es aus dem Umfeld von Parlamentspräsident Wolfgang Schäuble (CDU).

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