Tichys Einblick
Zahl der Gemeldeten fast halbiert

Corona-Politik lässt Prostituierte offensichtlich in die Illegalität abwandern

Die Zahl der gemeldeten Prostituierten hat sich in der Pandemie nahezu halbiert. Offiziell. Die Indizien deuten darauf hin, dass viele in die Illegalität abwandern - was ihre Lage verschlimmert.

© shutterstock

„Ältestes Gewerbe der Welt“. Zugegeben. Die Formulierung ist ein wenig abgegriffen und klingt verniedlichend. Doch der Begriff offenbart viel über die Prostitution: nicht nur über ihr Alter, auch über ihre Zählebigkeit und über ihre Selbstverständlichkeit. Gegeben hat es sie immer, obwohl sie meist verboten war: im Kommunismus, in christlichen Militär-Diktaturen oder islamischen Gottesstaaten. Welche Regierung, welche Gesellschaft, was auch immer versuchen wird: Die Prostitution wird es trotzdem geben.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Vor diesem Hintergrund zu lesen sind die Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Demnach hat es zum Jahreswechsel rund 23.700 Prostituierte in Deutschland gegeben. Vor der Pandemie waren es noch 40.400. Von den noch gemeldeten Sexarbeiterinnen kamen 8.600 aus Rumänien und 4.500 aus Deutschland. Aus Afrika kamen gerade mal rund 200 Prostituierte nach Deutschland. Laut Statistik. Die enthält aber nur die Frauen, die sich nach dem Prostituierten-Schutzgesetz angemeldet haben. Die Zahl der Angemeldeten ist zurückgegangen. Dass das „älteste Gewerbe der Welt“ in Deutschland schwächer geworden sei, dürften nur Träumer vermuten.

Viele Prostituierte dürften in die Illegalität abgewandert sein: „Aufgrund der Corona-Pandemie waren die Ausübung der Prostitutionstätigkeit und der Betrieb eines Prostitutionsgewerbes in den Jahren 2020 und 2021 teilweise erschwert oder untersagt“, teilt das Statistische Bundesamt mit. Auch habe die Pandemie den Frauen die Anmeldung erschwert. Die Zahl der Betriebe ist mit 2.290 indes stabil geblieben in der Zeit. Bordelle und Co beschäftigen ohnehin den weitaus größten Teil der Prostituierten, die sich öffentlich anmelden. Nur 7 Prozent der Angemeldeten arbeiten laut Statistischem Bundesamt auf dem Straßenstrich oder bei Veranstaltungen.

Im alten Gewerbe
Prostituierte unter Corona-Arbeitsverbot: gestrandet, mittellos, untergetaucht, vergessen
Die Prostitutions-Verbote haben viele scheinbar in die Illegalität abwandern lassen. Die verschiedenen aktuellen Polizeibereichte bestätigten diese These: So beschweren sich in Köln Einwohner des Eigelsteinviertels, dass Prostituierte und ihre Hintermänner frei werdende Wohnungen anmieten, um sie für ihre Zwecke zu nutzen. In Bad Saulgau nutzte ein Trio eine Ferienwohnung für das Gewerbe. Gemeldet hatten das der Polizei die Vermieter. Das Trio hatte ihnen nicht mitgeteilt, zu welchem Zweck sie die Ferienwohnung wollten. Auch die Statistiken der Gerichte bestätigten die These der Abwanderung in die Illegalität. So kam die Staatsanwaltschaft München I laut eigenen Angaben in den Jahren 2020 und 2021 auf 209 beziehungsweise 264 Ermittlungsverfahren. Vor der Pandemie waren es 87 Verfahren in einem Jahr.

In den Städten blühten die Geschäfte in Bordellwohnungen, berichtet ein Mann, der zur Frankfurter Türsteher-Szene gehört. Die Wohnungen würden eigens für die Prostitution angemietet und nach nur wenigen Wochen oder Monaten wieder aufgegeben. Die Nähe zu Tschechien sorge dafür, dass vor allem in den angrenzenden Bundesländern Bayern und Sachsen das Problem weit verbreitet sei – das betreffe aber auch das Rhein-Main-Gebiet. Die Prostituierten hätten keine Wahl. Zum einen würden sie von ihren Hintermännern unter Druck gesetzt. Zum anderen fehlten ihnen die Einnahmen. Die Sozialversicherung greift bei ihnen nicht. Sich nicht anmelden zu können, erschwere ihre Lage aber enorm. Im ohnehin harten Umfeld der Prostitution sei es für sie noch schwerer geworden, sich Hilfe zu suchen.

Anzeige
Die mobile Version verlassen