War die Stille um Corona trügerisch? In den letzten Tagen mehren sich wieder Stimmen aus Medien und Politik, die die Gefahr einer Corona-Welle betonen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) warnte davor, in Herbst und Winter würden sich wieder viele Menschen mit Corona infizieren. „Trotz Impfung“, betonte Lauterbach. Die Impfung schütze zwar vor Long Covid, sie schütze aber „nicht perfekt“. Man werde „mehr Long-Covid-Fälle bekommen“. Das Thema werde „uns noch lange Zeit begleiten“, schloss der Gesundheitsminister. Lauterbach will 100 Millionen Euro in die Long-Covid-Forschung investieren.
Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) rät indes zur Covid-Impfung. Der wichtigste Schutz vor schweren Verläufen sei „nach wie vor“ die Impfung, so der Minister. „Derzeit ist die Entwicklung bei Corona nicht besorgniserregend, auch wenn ein Anstieg der Infektionszahlen im Herbst erwartet wird“, so Holetschek. „In der ‚Erkältungszeit‘ im Herbst und Winter werden die Infektionszahlen vermutlich steigen – wie das bei anderen Atemwegserkrankungen auch der Fall ist.“
Die Empfehlung gelte insbesondere für Menschen ab 60 Jahren, sowie Menschen, die einem erhöhten Infektionsrisiko – etwa im Krankenhaus und der Pflege – ausgesetzt seien. Voraussichtlich ab dem 18. September werde der angepasste Impfstoff geliefert. Der Minister setzt auf „Eigenverantwortung“, wozu ein ausreichender Impfschutz gehöre.
Der Bayerische Rundfunk lässt indes Fachleute zu Wort kommen, die ausschließen, dass es zu „Corona-Wiesn“ kommen könnte. „Die Wiesn wird nicht dazu führen, dass die Intensivstationen volllaufen“, sagt Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie des Schwabinger Klinikums. Wendtner rät dennoch – auch unabhängig vom Oktoberfest – zur Impfung. Unter dem Titel „Corona kommt zurück: Was ist jetzt zu beachten?“ hat der Sender einen Fragekatalog beantwortet.
Gegenüber der Zeit rät auch die Virologin Sandra Ciesek vom Universitätsklinikum Frankfurt dazu, dass Ältere und Risikopersonen sich gegen Corona impfen lassen sollten. „Allen anderen würde ich eine Impfung nicht ausreden, wenn sie länger keinen Kontakt mit dem Virus hatten, aber ich würde sie auch nicht dazu überreden wollen.“ Viele Personen seien dagegen bereits „ganz gut“ geschützt wegen vormaliger Impfung oder Infektion.
An eine gesetzliche Maskenpflicht im Winter glaubt Ciesek zwar nicht, hält aber deren Einsatz in besonderen Fällen für sinnvoll. „Mit einer Maske schützt man sich und andere. Und wer einen wichtigen Termin hat wie etwa eine Hochzeit, der kann sich gut vor einer Ansteckung schützen, wenn er an den Tagen davor eine Maske trägt.“ Die Situation dürfte jedoch entspannt bleiben, solange nur die Omikron-Variante zirkuliere.